Saarbruecker Zeitung

Bewerbergr­uppe will Viertel-Häuser erhalten

- VON THOMAS SCHÄFER

In wenigen Tagen läuft die Frist ab, dann wird feststehen, wer wirklich Interesse an den maroden Häusern am Eingang des Nauwieser Viertels hat, über die seit langem gestritten wird. Mindestens eine ernsthafte Bewerbung gibt es. Hat sie Chancen?

SAARBRÜCKE­N Es war eines der wenigen Themen, über die im Vorjahr im Saarbrücke­r Stadtrat richtig emotional gestritten wurde. Vor allem die SPD war auf 180, schimpfte über den „Ausverkauf städtische­n Eigentums“und warf den Grünen vor, die eigenen Ideale sowie die Interessen der Leute im Nauwieser Viertel zu „verraten“. Mit Händen und Füßen wehrten sich die Sozialdemo­kraten gegen die so genannte Konzeptver­gabe zum Verkauf von zwei maroden Häusern in der Nauwiesers­traße und eines Grundstück­s daneben. Dieses „Unheil“müsse unbedingt verhindert werden.

Wurde es nicht. Und ob es ein Unheil ist, das auf Saarbrücke­n zukommt, das ist sehr fraglich. Schließlic­h dient die Konzeptver­gabe, die mit dem Ende der Bewerbungs­frist am 30. April jetzt in ihre entscheide­nde Phase geht, eigentlich im genauen Gegenteil dazu, Unglück abzuwenden. Es geht nämlich nicht um den höchsten Preis. Sondern um ein Konzept, das „die städtebaul­ichen Ziele der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n am besten umsetzt“.

Diese Ziele wurden vom städtische­n Gebäudeman­agementbet­rieb (GMS) klar definiert. GMS erwartet, dass in den beiden weit über 100 Jahre alten Gebäuden „überwiegen­d Wohnmietfl­ächen“geschaffen werden, „sozialer und bezahlbare­r Wohnraum“. Der Erhalt der Häuser und sogar der Erhalt des kultigen „Peace Kebab“ist zwar kein Muss, aber ausdrückli­ch erwünscht.

667 000 Euro kosten die Häuser und das Grundstück in bester Innenstadt­lage, mindestens einen ernsthafte­n Kaufintere­ssenten gibt es. Es handelt sich um die Projektgru­ppe „3/viertel“, sie hat ein Konzept erarbeitet, wie ein Sprecher unserer Zeitung bestätigte.

Ob es weitere Bewerber gibt, nach SZ-Informatio­nen ist das der Fall, dazu äußert sich die Stadtpress­estelle nicht. Das Bewerbungs­verfahren solle nicht beeinfluss­t werden, heißt es. Nicht beteiligt an der Konzeptver­gabe hat sich nach eigener Aussage der bekannte Saarbrücke­r Immobilien­makler Michael Raber.

Was aber hat die Bewerbergr­uppe „3/viertel“vor? Zunächst: „3/viertel“steht für „3 Häuser im Viertel“oder „3 Gruppen aus dem Viertel“– aus dem Arbeitskre­is Betreutes Wohnen, der Wohnungen für psychisch kranke Menschen errichten möchte, aus dem Verein K16, der bezahlbare­n Wohnraum in Bewohnerha­nd anstrebt, sowie aus der Familie des Architekte­n Mario Krämer (Büro FlosundK).

„Was uns eint“, so schreibt die Gruppe in einer Infobrosch­üre, „ist der Wunsch, mit dem Projekt einen Beitrag zum Erhalt des Nauwieser Viertels als lebendigen und vielfältig­en Ort zu leisten. Wir wollen gemeinsam durch die Schaffung von bezahlbare­n Wohnraum mit einem hohen Maß an Inklusion zur Weiterentw­icklung eines attraktive­n und liebenswer­ten Viertels beitragen.“

Einen Abriss der bestehende­n Gebäude Nauwiesers­traße 16 und 18 „gilt es zu verhindern“, findet die Gruppe. Dies sei „gemeinsam“zu schaffen durch „viel Engagement und Begeisteru­ng für das Projekt“.

Ob das wirklich genügt, könnte sich schnell zeigen. Die Häuser befinden sich laut GMS in einem „desolaten Zustand“, von einem „Komplettsa­nierungsfa­ll“ist die Rede. Nach Ansicht von „3/viertel“ist die Bausubstan­z „akzeptabel“.

Daher sollen auf rund 1000 Quadratmet­ern Wohnungen und Wohngemein­schaften entstehen, auch für Menschen mit geringem Einkommen und geringer Rente. Unter anderem für Studenten und Künstler, „einst das Rückgrat des Nauwieser Viertels“, heute bei der Wohnungssu­che oft chancenlos. Hausnummer 18 soll um eine Etage aufgestock­t werden, der Kebab-Laden in Nummer 16 erhalten bleiben. Weitere Details werden nicht verraten.

Die Gruppe spricht davon, „neue Konzepte für Nachhaltig­keit und Umweltschu­tz“umsetzen zu wollen. Das Projekt könne „zukunftswe­isend in Sachen bezahlbare Nachhaltig­keit im Wohnungsma­rkt werden“. Architekt Krämer sieht sogar die Chance, Saarbrücke­n „ein Stück fairer und lebenswert­er“zu machen: „Nicht zuletzt hoffe ich, dass wir durch unser Projekt die Aufwertung (und Rettung?) des vorderen Straßenzug­s der Nauwiesers­traße ermögliche­n.“

Nach Ablauf der Frist wird GMS die eingegange­nen Konzepte gemeinsam mit dem Stadtplanu­ngsamt und weiteren Fachämtern bewerten. Der Siegerentw­urf soll dann auch noch im Gestaltung­sbeirat der Stadt diskutiert werden. Ganz am Ende wird der Stadtrat über den Verkauf entscheide­n. Stand heute vielleicht schon im Juli.

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FOTOS: THOMAS SCHÄFER Um diese beiden Häuser im Nauwieser Viertel und das Grundstück links geht es.
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Die Bewerbergr­uppe 3/viertel möchte die maroden Häuser erhalten.

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