Bewerbergruppe will Viertel-Häuser erhalten
In wenigen Tagen läuft die Frist ab, dann wird feststehen, wer wirklich Interesse an den maroden Häusern am Eingang des Nauwieser Viertels hat, über die seit langem gestritten wird. Mindestens eine ernsthafte Bewerbung gibt es. Hat sie Chancen?
SAARBRÜCKEN Es war eines der wenigen Themen, über die im Vorjahr im Saarbrücker Stadtrat richtig emotional gestritten wurde. Vor allem die SPD war auf 180, schimpfte über den „Ausverkauf städtischen Eigentums“und warf den Grünen vor, die eigenen Ideale sowie die Interessen der Leute im Nauwieser Viertel zu „verraten“. Mit Händen und Füßen wehrten sich die Sozialdemokraten gegen die so genannte Konzeptvergabe zum Verkauf von zwei maroden Häusern in der Nauwieserstraße und eines Grundstücks daneben. Dieses „Unheil“müsse unbedingt verhindert werden.
Wurde es nicht. Und ob es ein Unheil ist, das auf Saarbrücken zukommt, das ist sehr fraglich. Schließlich dient die Konzeptvergabe, die mit dem Ende der Bewerbungsfrist am 30. April jetzt in ihre entscheidende Phase geht, eigentlich im genauen Gegenteil dazu, Unglück abzuwenden. Es geht nämlich nicht um den höchsten Preis. Sondern um ein Konzept, das „die städtebaulichen Ziele der Landeshauptstadt Saarbrücken am besten umsetzt“.
Diese Ziele wurden vom städtischen Gebäudemanagementbetrieb (GMS) klar definiert. GMS erwartet, dass in den beiden weit über 100 Jahre alten Gebäuden „überwiegend Wohnmietflächen“geschaffen werden, „sozialer und bezahlbarer Wohnraum“. Der Erhalt der Häuser und sogar der Erhalt des kultigen „Peace Kebab“ist zwar kein Muss, aber ausdrücklich erwünscht.
667 000 Euro kosten die Häuser und das Grundstück in bester Innenstadtlage, mindestens einen ernsthaften Kaufinteressenten gibt es. Es handelt sich um die Projektgruppe „3/viertel“, sie hat ein Konzept erarbeitet, wie ein Sprecher unserer Zeitung bestätigte.
Ob es weitere Bewerber gibt, nach SZ-Informationen ist das der Fall, dazu äußert sich die Stadtpressestelle nicht. Das Bewerbungsverfahren solle nicht beeinflusst werden, heißt es. Nicht beteiligt an der Konzeptvergabe hat sich nach eigener Aussage der bekannte Saarbrücker Immobilienmakler Michael Raber.
Was aber hat die Bewerbergruppe „3/viertel“vor? Zunächst: „3/viertel“steht für „3 Häuser im Viertel“oder „3 Gruppen aus dem Viertel“– aus dem Arbeitskreis Betreutes Wohnen, der Wohnungen für psychisch kranke Menschen errichten möchte, aus dem Verein K16, der bezahlbaren Wohnraum in Bewohnerhand anstrebt, sowie aus der Familie des Architekten Mario Krämer (Büro FlosundK).
„Was uns eint“, so schreibt die Gruppe in einer Infobroschüre, „ist der Wunsch, mit dem Projekt einen Beitrag zum Erhalt des Nauwieser Viertels als lebendigen und vielfältigen Ort zu leisten. Wir wollen gemeinsam durch die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum mit einem hohen Maß an Inklusion zur Weiterentwicklung eines attraktiven und liebenswerten Viertels beitragen.“
Einen Abriss der bestehenden Gebäude Nauwieserstraße 16 und 18 „gilt es zu verhindern“, findet die Gruppe. Dies sei „gemeinsam“zu schaffen durch „viel Engagement und Begeisterung für das Projekt“.
Ob das wirklich genügt, könnte sich schnell zeigen. Die Häuser befinden sich laut GMS in einem „desolaten Zustand“, von einem „Komplettsanierungsfall“ist die Rede. Nach Ansicht von „3/viertel“ist die Bausubstanz „akzeptabel“.
Daher sollen auf rund 1000 Quadratmetern Wohnungen und Wohngemeinschaften entstehen, auch für Menschen mit geringem Einkommen und geringer Rente. Unter anderem für Studenten und Künstler, „einst das Rückgrat des Nauwieser Viertels“, heute bei der Wohnungssuche oft chancenlos. Hausnummer 18 soll um eine Etage aufgestockt werden, der Kebab-Laden in Nummer 16 erhalten bleiben. Weitere Details werden nicht verraten.
Die Gruppe spricht davon, „neue Konzepte für Nachhaltigkeit und Umweltschutz“umsetzen zu wollen. Das Projekt könne „zukunftsweisend in Sachen bezahlbare Nachhaltigkeit im Wohnungsmarkt werden“. Architekt Krämer sieht sogar die Chance, Saarbrücken „ein Stück fairer und lebenswerter“zu machen: „Nicht zuletzt hoffe ich, dass wir durch unser Projekt die Aufwertung (und Rettung?) des vorderen Straßenzugs der Nauwieserstraße ermöglichen.“
Nach Ablauf der Frist wird GMS die eingegangenen Konzepte gemeinsam mit dem Stadtplanungsamt und weiteren Fachämtern bewerten. Der Siegerentwurf soll dann auch noch im Gestaltungsbeirat der Stadt diskutiert werden. Ganz am Ende wird der Stadtrat über den Verkauf entscheiden. Stand heute vielleicht schon im Juli.