Stadt will Kirchenkonzerte nicht mehr fördern
Die Stadtverwaltung wird Orgelkonzerte der Evangelischen Kirchengemeinde St. Johann in der Johanneskirche nicht mehr unterstützen. Superintendent Weyer und der Förderverein bedauern das sehr.
SAARBRÜCKEN Was nützt die beste Orgel, wenn auf ihr nicht konzertiert wird? Seit 60 Jahren läuft in der Saarbrücker evangelischen Gemeinde St. Johann die Reihe Orgelabend mit fünf bis sieben anspruchsvollen Konzerten pro Jahr, in den ersten Jahren noch in der Alten Kirche, dann in der Johanneskirche. Seit knapp 40 Jahren gibt es daneben die „HörZu“-Konzerte: An jedem ersten Samstag des Monats um 16.30 Uhr spielt ein Organist auf der KleukerOrgel in der Johanneskirche 30 Minuten lang Orgelmusik.
„Da diese Konzerte schon so eine lange Tradition haben und zu Saarbrückens Konzertleben fest dazugehören, wurden sie auch immer gefördert“, sagt Tünde Nagy, Organistin und Vorsitzende des Fördervereins „Freunde der Orgel- und Kirchenmusik Evangelisch St. Johann e.V. (FrOK)“. Auch für dieses Jahr hatte der Verein, der die Konzerte mit Hausorganisten und Gastmusikern ehrenamtlich organisiert, wieder einen Antrag auf Förderung in Höhe von 1500 Euro bei der Landeshauptstadt gestellt. Erstmals aber bekam er nichts. „Das Schreiben mit der Ablehnung hat keine
Begründung geliefert“, sagt Nagy. „Meine Vermutung ist, dass gerade die traditionellen Veranstaltungen nicht mehr gerne gefördert werden“, fügt sie hinzu. Mit „traditionell“meint die Vorsitzende „schon länger existierend“, denn bei den Orgelabenden geht man durchaus „ästhetisch neue Wege“, wie es die Stadt in den Förderrichtlinien verlangt. Das belegen Programme wie Stummfilm mit Live-Improvisation auf der Orgel, Beatles auf der Orgel und Tobias Tobit Hagedorn, ein erst kürzlich in Dudelange wieder mit einem internationalen Kompositionspreis ausgezeichneter Musiker aus Frankfurt, der am 21. Mai mit „Orgel und Elektronik“kommt.
Offenbar waren andere Gründe für die Ablehnung entscheidend, wie das interne Juryprotokoll zeigt, das die Stadtverwaltung eine Zeit
Die Orgelkonzerte in der Johanneskirche bilden einen wesentlichen Beitrag zur Bewahrung und Pflege dieses Kulturguts.“Christian Weyer Superintendent der Evangelischen Kirche
lang aus Versehen in ihrem Ratsinformationssystem zugänglich gemacht hat. Darin heißt es: „Die Jury stellt sich die Frage, warum die Stadt regelmäßig Veranstaltungen der Ev. Kirche Deutschlands mitfinanzieren sollte, da diese doch sicherlich über mehr Gelder verfüge als die LHS. Sie steht auf dem Standpunkt, wenn man den Besuchern eine solche Orgelreihe anbieten möchte, die benötigten Kosten über andere Wege (Kollekten, Förderverein, Ev. Kirche) bereitgestellt werden sollten.“
Eine solche Co-Finanzierung gebe bei ihnen aber schon immer, sagt Tünde Nagy. Der Verein „Freunde der Orgel- und Kirchenmusik“unterstütze als Förderverein die Kirchengemeinde St. Johann bei der Organisation und Finanzierung der Kirchenkonzerte. „Der Hauptveranstalter ist immer die Kirchengemeinde, die die Räume (in unserem Fall Johanneskirche und Christuskirche) mit den Orgeln, die Arbeitskraft der Kirchenmusiker (künstlerisch und organisatorisch) und eine gewisse finanzielle Grundausrüstung zur Verfügung stellt“, schreibt Nagy auf Nachfrage der SZ.
Was bedeutet es für den Verein, wenn die erwartete Förderung ausbleibt? Da die Reihe „Orgelabende“immer bereits fest geplant sei, wenn der Verein den Förderantrag stellt, und die „HörZu“-Konzerte sowieso durchliefen, bleibe der Verein auf dem Fehlbetrag sitzen. Noch habe er Reserven angespart, auf die er zurückgreifen könne, die aber entsprechend schwinden. Und man müsse vorsichtiger planen, die Zahl der Orgelabende reduzieren, weniger besondere Konzerte anbieten. Das aber würde die Attraktivität der Reihe schmälern, was dann vermutlich einen Verlust an Besuchern zur Folge hätte, fürchtet Nagy. „So ist es ein schleichender Verfall, zumal die Spendenbereitschaft der sonstigen
Institutionen und Firmen auch eher abnimmt“.
Auch die Evangelische Kirche im Saarland bedauert es, dass die Stadt die Orgelkonzertreihe nicht mehr fördern will. Das zeuge von fehlender Anerkennung der musikalischen Arbeit, die durch die „Freunde der Orgelmusik“geleistet wird, teilt Superintendent Christian Weyer auf Nachfrage mit. „Orgelbau und Orgelmusik sind von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt worden. Die Orgelkonzerte in der Johanneskirche bilden einen wesentlichen Beitrag zur Bewahrung und Pflege dieses Kulturguts“, sagt Weyer. Die evangelische Kirchengemeinde St. Johann stelle seit Jahrzehnten ihre Räume unentgeltlich für Proben und Auftritte zur Verfügung und trage als Gemeinde die Kosten für Wartung und Erhalt der Instrumente. „Außerhalb der sakralen Räume findet sich in Saarbrücken kaum mehr eine Konzertorgel“, mahnt Weyer und erinnert daran, das die Kooperation zwischen Stadt und Kirchen immer in beider Interesse gewesen sei mit dem Ziel, „ein hochwertiges und umfangreiches kulturelles Angebot in der Landeshauptstadt zu erhalten“. Weyer betont außerdem, dass es sich bei den Konzerten doch um einen niedrigschwelligen Musikgenuss handele, der auch Saarbrückerinnen und Saarbrückern mit geringem Einkommen zugutekomme. Denn Eintrittsgeld hat der Verein vor rund sieben Jahren abgeschafft. „Wir haben jetzt etwas mehr Besucher bei gleichgebliebenen Einnahmen“, sagt Tünde Nagy. Denn wer es sich leisten kann, spendet beim Hinausgehen kräftiger. Das sei doch gelebte Solidarität.