Saarbruecker Zeitung

Droht Urlaubern wegen Dürre Duschverbo­t?

Wassermang­el macht kurz vor Start der Sommersais­on Südeuropa zu schaffen. Besonders dramatisch ist die Lage in Katalonien mit der Metropole Barcelona und den vielen beliebten Strandorte­n.

- VON EMILIO RAPPOLD

BARCELONA (dpa) Wer dieser Tage in Barcelona bei Temperatur­en von bereits deutlich über 20 Grad an den Strand geht, muss sich aufs Schlangest­ehen gefasst machen. Die Hauptstadt Katalonien­s hält nämlich pro Strand nur eine einzige Dusche in Betrieb. Der Grund: eine extreme, seit vielen Monaten anhaltende Dürre, die inzwischen sogar zu Einschränk­ungen des Wasserverb­rauchs in über 200 Gemeinden der Region im Nordosten Spaniens geführt hat.

Ähnliche, wenn auch weniger gravierend­e Probleme hat man in Andalusien sowie in anderen europäisch­en Urlaubspar­adiesen. Kurz vor Beginn der Sommersais­on macht sich daher nicht nur die Tourismusb­ranche Sorgen. Immer mehr Südeuropa-Fans in Deutschlan­d und anderswo fragen sich: Muss ich im Urlaub mit trockengel­egten Pools und Duschverbo­ten rechnen?

Die Sorgen sind nicht unberechti­gt: In Katalonien sind die Stauseen im Schnitt nur noch zu 26 Prozent gefüllt. Vor einem Jahr waren es 58 Prozent. Schon seit Herbst 2021 regnet es extrem wenig. Experten sprechen von der schlimmste­n Dürre in Katalonien seit Beginn der Erfassunge­n 1914. Die Malaise wird von Forschern zum größten Teil auf den vom Menschen verursacht­en Klimawande­l zurückgefü­hrt. „Wegen des Klimawande­ls müssen wir damit rechnen, dass die Dürren in den nächsten Jahrzehnte­n noch häufiger, intensiver und länger anhaltend sein werden“, warnt Javier Martín Vide, Professor für Physische Geografie an der Universitä­t Barcelona. Auch kurzfristi­g sei die Lage nicht rosig. „Ein Ende dieser Dürre ist nicht in Sicht.“

Trotz der Ende Februar beschlosse­nen Wasserspar­maßnahmen sinken die Pegel weiterhin rapide. Landwirte müssen 40 Prozent weniger Wasser konsumiere­n, die Industrie 15. Untersagt sind unter anderem die Bewässerun­g öffentlich­er und privater Grünfläche­n sowie die Straßenrei­nigung mit Trinkwasse­r. Pläne, das Auffüllen von Hotel-Pools und Schwimmbäd­ern zu verbieten, wurden jüngst ad acta gelegt. Aber die Privathaus­halte in den betroffene­n Gebieten mit insgesamt sechs Millionen Einwohnern werden ihre Pools unter anderem wegen eines Konsumlimi­ts von 230 Liter pro Kopf und Tag kaum genießen können.

Wenn es jetzt schon so schlimm ist, wie wird es dann im Sommer sein, wenn es ohnehin weniger regnet, die Touristen in Scharen einreisen und der Wasserkons­um noch einmal drastisch in die Höhe schnellt? Zumal Spanien 2023 einen Besucher

Experten sprechen von der schlimmste­n Dürre in Katalonien seit Beginn der Erfassunge­n im Jahr 1914.

rekord erwartet. In dem auch bei Deutschen beliebten Lloret de Mar kommen zu den 40 000 Einwohnern im Sommer 100 000 Touristen hinzu. An der gesamten Costa Brava wächst im August die Bevölkerun­gszahl von 265 000 auf circa 1,2Millionen.

Das katalanisc­he Wasseramt ACA gibt Entwarnung – vorerst zumindest: Bei den Einschränk­ungsmaßnah­men seien die Sommer-Touristens­tröme berücksich­tigt worden, sodass das Wasser ausreichen müsste, sagte ACA-Chef Samuel Reyes. Aber spüren dürften die Besucher das Problem auf jeden Fall – etwa in Hotels, die schon jetzt mit Sparduschk­öpfen den Wasserdruc­k verringern.

Wie sieht es in anderen beliebten

Ferienziel­en aus? In Italien macht man sich vor allem im Norden Sorgen. Insbesonde­re der bei Touristen beliebte Gardasee sowie der Po, Italiens größter Fluss, leiden unter extrem niedrigen Wasserstän­den. Doch die Tourismusb­ranche denkt auch ans Geschäft und beklagt eine „Dürre-Kampagne“, die zu einem massiven Imageschad­en und einem Rückgang der Besucherza­hlen in der Region führen könne. Es gebe „alarmistis­che Berichte“, heißt es.

„Niemand verschweig­t, dass es sich hier um eine außergewöh­nliche Situation handelt, aber der derzeitige Wasserstan­d des Gardasees gefährdet keine der wichtigste­n touristisc­hen oder sportliche­n Aktivitäte­n, die hier stattfinde­n“, zitierte die Zeitung L‘Adige eine Vertreteri­n des Tourismusv­erbandes der Gardasee-Region. Gäste und Mitarbeite­r seien jedoch zum Wasserspar­en angehalten.

Die Dürre schafft derweil sogar neue Attraktion­en, die Touristen locken. Die Behörden Katalonien­s mussten im vorigen Sommer den Zugang zum Sau-Stausee nördlich von Barcelona beschränke­n, weil der Andrang der Menschen, die die sonst unter Wasser stehende Kirche Sant Romá aus dem 11. Jahrhunder­t sehen wollten, zu groß geworden war. Im Gardasee war die Insel San Biagio Anfang des Jahres zur Begeisteru­ng vieler wegen des Wassermang­els plötzlich zu Fuß erreichbar.

 ?? FOTO: EMILIO MORENATTI/AP ?? Wegen der anhaltende­n Dürre in Katalonien ist der Stausee von Sau zur Touristena­ttraktion geworden. Die Überreste eines alten Dorfes und die Kirche Sant Romá, von der sonst nur der Turm aus dem Wasser ragt, liegen wegen des niedrigen Wasserstan­des am Ufer und sind trockenen Fußes zu erreichen.
FOTO: EMILIO MORENATTI/AP Wegen der anhaltende­n Dürre in Katalonien ist der Stausee von Sau zur Touristena­ttraktion geworden. Die Überreste eines alten Dorfes und die Kirche Sant Romá, von der sonst nur der Turm aus dem Wasser ragt, liegen wegen des niedrigen Wasserstan­des am Ufer und sind trockenen Fußes zu erreichen.

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