Streit um Flüchtlingskosten geht weiter
In der Flüchtlingspolitik zeigen sich die Kommunen und die Bundesländer einig. Vor dem geplanten Flüchtlingsgipfel richten sie ihre Forderungen an den Bund.
(dpa) Im Streit um die Finanzierung der Aufnahme von Flüchtlingen zeichnet sich keine Annäherung von Ländern und Kommunen auf der einen und dem Bund auf der anderen Seite ab. Die Länder dringen auf mehr Geld vom Bund. Am Mittwoch soll darüber in Berlin beim Flüchtlingsgipfel beraten werden. Auch innerhalb der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP werden Zweifel am Regierungskurs laut: Grünen-Chefin Ricarda Lang forderte mehr Geld vom Bund für die Unterbringung von Flüchtlingen.
Der Bund trage bereits einen erheblichen Teil der Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. „Richtig ist, dass die Kom
munen vor finanziellen Herausforderungen stehen“, sagte Hebestreit. Für deren Finanzsituation trügen aber die Länder die Verantwortung, direkte Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen seien rechtlich nicht vorgesehen.
Lang sagte, sie gehe davon aus, dass die Regierung einen Blick für die Probleme vor Ort habe und niemanden hängen lassen wolle. Viele Kommunen gingen an ihre Belastungsgrenze. „Am Ende wird es da wahrscheinlich auch um eine finanzielle Beteiligung des Bundes
gehen.“Von der Bundesregierung war die Forderung nach mehr finanzieller Unterstützung bisher abgelehnt worden.
FDP-Generalsekretär Bijan DjirSarai erklärte, seine Partei erwarte, dass das Treffen am Mittwoch „eine Zeitenwende in der Migrationspolitik“einleite. „Hier geht es nicht um das Thema Geld. Geld wird nur kurzfristig helfen. Was wir brauchen, sind politische Lösungen.“Es gehe um Steuerung und Kontrolle in der Migrationspolitik. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz
(MPK), Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil, betonte, Länder und Kommunen stünden in dieser Frage Seite an Seite.
„Die finanziellen Mittel des Bundes müssen sich an der tatsächlichen Zahl der zu uns geflüchteten Menschen ausrichten, mit einmaligen Pauschalzahlungen ist es nicht getan“, sagte der SPD-Politiker. Die Kommunen forderten zudem, dass der Bund die Kosten der Unterbringung wieder zu 100 Prozent trage. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst warf der Bun
desregierung als Co-Vorsitzender der MPK vor, die Lage vor Ort weitgehend zu ignorieren. „Die Hilferufe aus Städten und Gemeinden werden aus Berlin abgetan“, sagte der CDUPolitiker.
Die Regierungschefs und -chefinnen der Länder hatten sich zuvor mit den Bundesspitzen der Kommunalen Spitzenverbände ausgetauscht. „Am Mittwoch müssen Ergebnisse erzielt werden“, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager. Die Kommunen forderten nichts Unmögliches, sondern die vollständige Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge. Hier klaffe bei den Kommunen ein jährliches Loch von mehr als zwei Milliarden Euro.
Auf einem Bund-Länder-Gipfel mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) soll am Mittwoch erneut über die Flüchtlingskosten beraten werden. Für 2023 hatte der Bund im vergangenen Jahr 1,5 Milliarden Euro für die Geflüchteten aus der Ukraine zugesagt, außerdem eine allgemeine flüchtlingsbezogene Pauschale von 1,25 Milliarden Euro. Darüber hinaus zahlt der Bund Sozialleistungen. Die Kosten zur Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden sind Zankapfel zwischen Bund und Ländern. Dass der Bund die Länder dabei finanziell unzureichend unterstütze, geht aus einem Papier der Länderfinanzminister hervor. Darin beklagen die Länder Kürzungen bei Kostenübernahmen durch den Bund und infolgedessen eine unzureichende Finanzausstattung.
Die Landesfinanzminister machen diese Rechnung auf: „Ein Großteil der Leistungen des Bundes sind befristet und fallen ab 2024 weg“, bilanzieren sie. Geregelt sei derzeit lediglich die jährliche Flüchtlingspauschale über 1,25 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu hätten die Länder vom Bund in den Jahren 2022 und 2023 dafür 4,5 Milliarden beziehungsweise 2,8 Milliarden Euro erhalten. Der Bund argumentiert, dass dieser angesichts der großen Zahl an Geflüchteten aus der Ukraine die Unterstützung der Länder und Kommunen ab 2022 wieder massiv ausgeweitet habe.
„Geld wird nur kurzfristig helfen. Was wir brauchen, sind politische Lösungen.“Bijan Djir-Sarai FDP-Generalsekretär