Saarbruecker Zeitung

Angeklagte­r im Yeboah-Prozess kündigt Geständnis an

Peter S. will offenbar am Dienstag Antworten zum Saarlouise­r Brandansch­lag von 1991 geben. Am Montag wurde die Beweisaufn­ahme fortgesetz­t.

- VON LAURA WEIDIG

War es Peter S., der als junger Neonazi in der Nacht vom 18. auf 19. September 1991 aus einem rassistisc­hen Motiv heraus den Brand in der Saarlouise­r Geflüchtet­enunterkun­ft legte und damit Samuel Yeboah ermordete? Wer wusste davon, war eventuell sogar beteiligt? Antworten auf diese Fragen stellt die Verteidigu­ng des Angeklagte­n nun für Dienstag in Aussicht: Strafverte­idiger Guido Britz hat am Montag ein Geständnis des Angeklagte­n für den Folgetag angekündig­t. Fragen des Gerichts oder anderer Prozessbet­eiligter dazu wolle Peter S. indes nicht beantworte­n.

Das Gericht hatte Ende März einen Deal vorgeschla­gen, und damit signalisie­rt, dass nach dem aktuellen Stand der Beweisaufn­ahme eine Verurteilu­ng im Rahmen des Wahrschein­lichen ist. Ein formales Geständnis, also ein bloßes „Ja, ich war’s“, – das hat das Gericht bereits klargemach­t – reiche allerdings nicht aus. Der Senat erwarte vielmehr ein sogenannte­s qualifizie­rtes Geständnis. Sprich: Eines, das Täterwisse­n, Hintergrün­de und auch eventuelle Mittäter und -wisser offenbart. Bislang hatte Peter S. seine Tatbeteili­gung stets bestritten.

Ungeachtet dieser Kehrtwende ist die Beweisaufn­ahme am Montag wie geplant fortgesetz­t worden. Im Zeugenstan­d: Zwei Sozialarbe­iter, die seinerzeit als Streetwork­er für die Neonazigru­ppe um den Angeklagte­n und den Anführer Peter S. zuständig waren. Keine leichte Aufgabe, wie beide unabhängig voneinande­r schildern. „Wer in Saarlouis tätig war, gewohnt oder gelebt hat, hat die Skinheads als dauerhafte Präsenz wahrgenomm­en“, erinnert sich der erste Zeuge. Er spricht von konkreten Morddrohun­gen aus der Szene gegen seine Person, von einer engen Vernetzung der Saarlouise­r Neonazisze­ne mit Kadern und Organisati­onen des gesamten Bundesgebi­ets. „Kurios“, aber etwas, was für Saarlouis typisch gewesen sei, war, dass die Skinheadgr­uppe offenbar einen guten Draht zum Bürgermeis­ter – dem Zeitraum nach müsste es sich dabei um Richard Nospers (SPD) gehandelt haben – gehabt habe, wie der Zeuge erzählt. So hätten sie bei Beschwerde­n innerhalb kürzester Zeit eine „Privataudi­enz“beim Bürgermeis­ter erhalten. „Keine andere Jugendgrup­pe hat das je geschafft.“

Wie es in dem Sozialarbe­iterprojek­t des Evangelisc­hen Jugendwerk­s tagtäglich zugegangen sei, berichtet seine Kollegin. Vor der Tür des Jugendtref­fs hätten organisier­te Neonazikad­er Jugendlich­e zu rekrutiere­n versucht. Im Treff selbst seien positive Bezugnahme­n auf den Nationalso­zialismus und die Shoah, ausgrenzen­de Äußerungen gegen Nichtdeuts­che, extrem rechte Musik an der Tagesordnu­ng gewesen. Wieso die nicht rausgeflog­en wären, will Nebenklage­anwältin

Kristin Pietrzyk angesichts dieser Schilderun­gen stirnrunze­lnd wissen. „Weil wir extra dafür rekrutiert wurden, um ein offenes Ohr für die zu haben. Die sollten von der Straße“, antwortet die Zeugin. Ziel des Projekts sei demnach gewesen, eine Anlaufstel­le für die Skinheadgr­uppe zu sein, um „Dinge im Ansatz zu erkennen, bevor sie passieren“.

Nebenklage­vertreter Alexander Hoffmann dazu: „Wir haben von der Zeugin gehört, dass das ganze Projekt nicht betrieben worden ist, weil man Hoffnung hatte, aus den Neonazis Demokraten zu machen. Man hatte die Hoffnung, dass man etwas mitkriegt, bevor es passiert, nämlich Gewalttate­n. Es gab also zum Zeitpunkt dieses Jugendproj­ekts konkrete Befürchtun­gen, dass aus dieser Nazigruppe heraus schwere Gewalttate­n resultiere­n können.“Das sei, so Hoffmann, wichtig festzuhalt­en – „vor allem vor Hintergrun­d, dass hier teilweise von der Polizei gesagt wurde, es sei nicht so gewesen“.

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FOTO: LAURA WEIDIG Beim Yeboah-Prozess in Koblenz am 30. Januar wurde die Beweisaufn­ahme wie geplant fortgesetz­t.

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