IHK kämpft mit Kampagne gegen Azubi-Mangel
Im Saarland werden auch in diesem Jahr viele Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben. Die Unternehmen suchen händeringend Nachwuchs. Eine neue IHK-Kampagne, an der sich die Kammer, die Unternehmen und die Azubis beteiligen sollen, soll den Azubi-Mangel entsc
Was wir mal werden wollen? Stolz auf uns“, das steht in angeschnittenen Buchstaben auf einem großen Plakat, daneben das Gesicht einer stolz lächelnden jungen Frau. So oder ähnlich will die neue Kampagne „Jetzt #könnenlernen“der Industrie- und Handelskammern in Deutschland junge Menschen dazu bewegen, sich nach der Schule für eine Ausbildung zu entscheiden. Gesichter der bundesweiten Kampagne sind acht Azubis.
Die Offensive soll drei Jahre laufen, kostet rund sieben Millionen Euro und wird von den 79 Kammern samt Dachverband DIHK finanziert. Auch die saarländische IHK macht mit und hat ihre Pläne am Montag in Saarbrücken vorgestellt. Sie setzt unter anderem auf eigene Ausbildungsbotschafter.
Dass viele Unternehmen händeringend nach Azubis suchen, zeigt die Berufsbildungs-Statistik der IHK: Im Saarland haben im vergangenen Ausbildungsjahr 3354 junge Menschen eine berufliche Ausbildung im IHK-Bereich begonnen. Vor zehn Jahren waren es noch 5031 – rund ein Drittel weniger. In der Corona-Pandemie war der Einbruch demnach besonders gravierend: So lag die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverträgen 2019 noch bei 4188, seit 2020 Jahr um Jahr bei rund 3400.
„Es ist klar, dass auch in diesem
Jahr viele Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben werden“, sagt IHKHauptgeschäftsführer Frank Thomé am Montag. Zwar seien viele Branchen wie Handel, Transport, Verkehr und die Touristik betroffen, sagt Thomé. Am schlimmsten sei die Situation allerdings in der Gastronomie. Hier habe sich die Zahl der neuen Ausbildungsverhältnisse auf 189 mehr als halbiert.
Gründe dafür sieht der IHK-Vertreter neben dem demografischen Wandel im Trend zum Studium. Die neue Kampagne ist deshalb vor allem eine Image-Kampagne, die die gesellschaftliche Wertschätzung der Ausbildung steigern soll. Sie soll „Emotionen ansprechen“und das „Lebensgefühl Ausbildung“vermitteln, wie IHK-Geschäftsführer Matthias Hafner bei der Vorstellung betont. An den Universitäten gebe es Studenten-Feten, die Mensa, „es gibt Studenten-Futter, aber kein Ausbildungs-Futter“, sagt Hafner.
Neben Großplakaten findet die Kampagne vor allem auf der Sozialen-Plattform TikTok statt. „Man muss die Jugendlichen dort abholen, wo sie sind“, sagt Hafner. Im Netz zeigen sich die Botschafter in kurzen Videos, die die Vorteile der Ausbildung hervorheben. Die Kampagne ist allerdings als MitmachKampagne angelegt. Heißt, auch andere Auszubildende sollen dazu animiert werden, ähnliche Videos zu produzieren. Dazu gibt es ein „Playbook“, also eine Anleitung. Damit die Ausbildungszahlen in Zukunft besser ausfallen, hat die Saar-IHK in diesem Jahr einige Aktionen geplant, wie der Leiter des Geschäftsbereichs Beruf und Bildung, Peter Nagel, vorstellt.
So soll es wie bereits in den vergangenen Jahren vor den Sommerferien eine Praktikumswoche geben. Fünf Tage lange können dann Jugendliche, die im kommenden Jahr die Schule abschließen, jeden
Tag in einen anderen Betrieb reinschnuppern und so verschiedene Ausbildungsmöglichkeiten kennenlernen. Außerdem sollen Studienabbrecher angesprochen werden, sich umzuorientieren.
Das Saarland setzt zudem auf seine eigenen Ausbildungsbotschafter. Eine von ihnen ist Doreen Markstein. Die 20-Jährige aus Ohmbach absolviert aktuell eine Ausbildung zur Kauffrau für Versicherungen und Finanzen im zweiten Lehrjahr bei der Cosmos Versicherung in Saarbrücken. Markstein stand selbst vor der Entscheidung, entweder ein Studium oder eine Ausbildung zu beginnen, wie sie sagt. Nach 13 Jahren Schule – und damit lernen – fiel die Entscheidung dann auf Ausbildung, die mehr Praxisbezug bietet und bei der sie obendrein Geld verdient. Rückblickend bereut Markstein die Entscheidung nicht und will – im Gegenteil – als Ausbildungsbotschafterin an Schulen
oder auf Messen auch andere von diesem Weg überzeugen.
Neben den Azubis und der Kammer sollen sich auch die Unternehmen an der Kampagne beteiligen. Ihnen stellt die Kampagne beispielsweise Werbemittel zur Verfügung – Module für die Internetseite, Poster, E-Mail-Signaturen – um sich als Ausbildungsbetrieb sichtbarer zu machen, wie Hafner sagt. Wie das aussehen kann, zeigt die JuchemGruppe in Eppelborn.
Vor 30 Jahren sei es ihr schwer gefallen, aus der Fülle der Bewerber auszuwählen, „aktuell sind wir nicht in der Lage, eine ausgeschriebene Ausbildungsstelle zum Industrie-Kaufmann zu besetzen“, sagt IHK-Vizepräsidentin Susanne Juchem, die zugleich geschäftsführende Gesellschafterin der JuchemGruppe ist. Das saarländische Familienunternehmen für Getreide- und Fettverarbeitung beschäftigt insgesamt 210 Mitarbeiter. Viele Jugendliche wanderten inzwischen an die Universitäten ab, dabei sei das ihrer Meinung nach nicht immer der richtige Weg. Im Betrieb sei etwa die Betreuung viel intensiver als an der Universität. „Man muss nicht an die Universität gehen, um erfolgreicher Geschäftsmann zu werden“, sagt sie. Zwei der sechs Geschäftsführer der Juchem-Gruppe seien hauseigene Azubis. Und nach der Ausbildung stünden auch noch alle Wege offen, ergänzt Thomé.