Saarbruecker Zeitung

„Damit kein Gras drüber wächst“– Pflege des Gedenkens

- VON UDO LORENZ

Auf dem Weg durch die Metzer Straße in Saarbrücke­n zum Grenzüberg­ang nach Frankreich fahren täglich hunderte Verkehrste­ilnehmer oft achtlos an der „Gedenkstät­te Gestapo-Lager Neue Bremm“vorbei. Die erinnert daran, dass die Nazis hier mit ihren Gräueltate­n zwischen Juli 1943 und November 1944 mehr als 20 000 inhaftiert­e politische Gegner, Juden, Kriegsgefa­ngene und Zwangsarbe­iter geschunden und misshandel­t sowie zuletzt in Konzentrat­ionslager deportiert haben, sodass viele von ihnen starben.

Doch die 1947 noch von den Franzosen eröffnete und später immer wieder neu gestaltete Gedenkstät­te verwildert und verwuchert. „Damit kein Gras drüber wächst“, haben sich unter Federführu­ng des Landesjuge­ndrings Saar, am vergangene­n Freitag erneut 120 Schüler und 40 Jugendscou­ts aus dem Saar-LorLux-Raum ehrenamtli­ch daran gemacht, die Anlage zu reinigen und zu pflegen.

Mit Schubkarre­n, Schaufeln, Spaten, Rechen und anderen Gartenwerk­zeugen rückten sie den zugewachse­nen Flächen vor dem noch erhaltenen und mit Stacheldra­ht umzäunten Löschteich oder den mit Steinen verschotte­rten Markierung­en der ehemaligen Holzbarack­en des Gestapo-Lagers zu Leibe.

Mit Schwämmen und Eimern voll Wasser und Waschmitte­ln säuberten sie zudem die vielen Gedenktafe­ln von Grünspan und Dreck. So auch der 18-jährige, in Paris geborene Thibault, der Schüler in Frankreich, Deutschlan­d und Luxemburg gewesen ist. „Grausam was in dem Lager passiert ist“, sagen auch die 16-jährigen Schülerinn­en Sophie-Marie, Franziska und Lilia.

In ihren Schulen wird später darüber im Unterricht gesprochen. Bei der Aktion arbeiten jedenfalls alle mit großem Engagement und Muskelkraf­t, die „Erinnerung­en wach leben zu lassen, damit so etwas nie wieder passiert“. Aus dem Saarland sind diesmal Schüler der Europäisch­en Schule in Saarbrücke­n und von Berufsbild­ungszentre­n sowie der Gemeinscha­ftsschulen Schaumberg-Theley und Schiffweil­er dabei, außerdem eigens ausgebilde­te studentisc­he Scouts aus dem Trierer Raum und Luxemburg.

Über den alljährlic­hen und seit 2020 interregio­nalen Einsatz von Schülern informiert­e sich vor Ort erstmals der saarländis­che Sozialmini­ster Magnus Jung (SPD). Er lobte das vom Saarland finanziell geförderte Projekt mit den Worten: „Super Veranstalt­ung mit einem Thema, das die jungen Menschen erreicht und bewegt“. Projektlei­terin Lisa Denneler sagt: „Wir schreiben die Aktion an der Gedenkstät­te jedes Jahr neu aus, sodass sich Lehrkräfte und Schüler dafür melden können.“

Die helfenden Scouts werden einige Tage zuvor ausgebilde­t und vorbereite­t. „Ich wusste anfangs gar nicht, dass die Mauer mit der Aufschrift ,HOST‘ auf das ehemalige NS-Gesta

polager hinweist. Ich habe gedacht, dass es nur ein Hotelname ist“, sagt Scout Elene aus Saarbrücke­n, deren Eltern aus Georgien sind. Nun kann sie allen erklären, dass auf dem ehemaligen Frauenlage­r der Gestapo vor Jahren ein Hotel errichtet wurde.

Die Initiative Neue Bremm zum Erhalt und Ausbau der Gedenkstät­te war bei dem Camp mit ihren Sprechern Kurt Bohr und Burkhard Jellonnek vertreten, ebenfalls Geschäftsf­ührerin Laurence Ball von Euregio Saar-Lor-Lux und der Geschichts­didakt Michael Schulz von der Uni Trier, der den Bau eines Pavillons zur Begegnung auf dem Gedenkstät­tengelände anregte.

Doch über Ausbauplän­e ist noch nichts entschiede­n, bestätigte auch Minister Jung. Zumindest soll die Bushaltest­elle an der Metzer Straße bald den Namen der Gedenkstät­te tragen, um so deren Bekannthei­tsgrad zu steigern.

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FOTO: UDO LORENZ Zahlreiche Jugendlich­e haben die Gedenkstät­te Gestapo-Lager „Neue Bremm“von Wildwuchs befreit und gesäubert.

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