Saarbruecker Zeitung

Lebensgefä­hrliche Wunde „kein aktuter Notfall“

Ein Fall aus der Notaufnahm­e des Caritas-Klinikums macht deutlich, dass die Ärzte unter hoher Belastung arbeiten.

- VON MARTIN LINDEMANN

Ist im Regionalve­rband Saarbrücke­n die Notversorg­ung in den Krankenhäu­sern gesichert? Immer wieder sind Hausärzte und niedergela­ssene Fachärzte in Sorge, dass ihre Patienten in Notfällen in den Kliniken nicht mehr angemessen behandelt werden. Daraus leiten die Ärzte jedoch keineswegs Vorwürfe gegen die Krankenhäu­ser ab, sondern analysiere­n nüchtern, dass die Kapazitäte­n in den Notaufnahm­en oft nicht mehr ausreichen.

Der Personalma­ngel hat auch zur Folge, dass Krankenhäu­ser immer wieder Abteilunge­n abmelden müssen, sodass dort keine Patienten mehr stationär aufgenomme­n werden können. Das berichten Hausärzte, die auch Bewohner von Pflegeheim­en versorgen, die öfter mal in eine Klinik eingewiese­n werden müssen. Beispielha­ft beschreibt die SZ in einer dreiteilig­en Serie aktuelle Fälle, bei denen die Patienten von ihren Hausärzten in die Notaufnahm­e eingewiese­n wurden, die Behandlung dort aber offensicht­lich nicht optimal verlaufen ist. Die Fälle wurden von den Hausärzten bestätigt, die jedoch anonym bleiben wollen.

Im ersten Fall berichtet die SZ von einer Patientin, die ihren Hausarzt wegen einer Wunde am Bein aufsuchte. Als der Verband der Frau in der Hausarztpr­axis gelöst wurde, kam eine stark infizierte Wunde zum Vorschein. Der Hausarzt machte einen Abstrich, der in einem Labor untersucht wurde. Rasch stellte sich heraus, dass die Ursache der Entzündung Bakterien waren, die gegen alle herkömmlic­hen Antibiotik­a resistent sind. Hier konnte nur noch ein ReserveAnt­ibiotikum helfen, welches ausschließ­lich intravenös verabreich­t werden kann. Um einen schweren Verlauf der Infektion abzuwenden und die Patientin erfolgreic­h zu therapiere­n, müsse das Antibio

tikum hoch dosiert und regelmäßig verabreich­t werden, erklärt ihr Hausarzt. Er wies seine Patientin in die Notaufnahm­e des Saarbrücke­r Caritas-Klinikums ein, dort sollte das Antibiotik­um per Infusion verabreich­t werden.

Allerdings wurde in der Notaufnahm­e lediglich der Verband gewechselt, die Entzündung aber nicht mit dem erforderli­chen Antibiotik­um bekämpft. Für eine Infusionst­herapie waren wohl keine Kapazitäte­n frei. Die Patientin wurde nach Hause geschickt.

Dazu heißt es aus dem Caritas

Klinikum, der Fall der infizierte­n Beinwunde sei eher ein Fall, der nicht in eine Zentrale Notaufnahm­e gehöre. Es ist kein akuter Notfall. Solche Fälle gehörten meist in den niedergela­ssenen Bereich. Eine Antibiotik­a-Therapie, auch als Infusionst­herapie, könne in der Regel ambulant von Hausärzten oder nach Anmeldung in der chirurgisc­hen Ambulanz durchgefüh­rt werden.

Die Infektion der Patientin verschlimm­erte sich in den nächsten Tagen jedoch, sodass sie stationär im Caritas-Klinikum aufgenomme­n

wurde. Damit durch eine erneute Abstrich-Untersuchu­ng nicht noch mehr Zeit verloren ging, stellte die Hausarztpr­axis das Ergebnis ihrer Untersuchu­ng zur Verfügung, sodass sofort das einzig noch wirksame Antibiotik­um eingesetzt werden konnte. Zunächst erhielt die Patientin Infusionen, danach wurde die Wunde operiert. Um die Heilung zu beschleuni­gen, transplant­ierten die Ärzte auf die Wunde ein Stück Haut, das sie der Frau an anderer Stelle entnommen hatten.

Unsere Zeitung hat das CaritasKli­nikum Saarbrücke­n auch gebe

ten, die Situation in der Notaufnahm­e einzuschät­zen. Margret Reiter, die Ärztliche und Kaufmännis­che Direktorin, sagt: „Auch in unserer Zentralen Notaufnahm­e verzeichne­n wir ein sehr hohes Patientena­ufkommen, gerade auch an gravierend­en Fällen, die eine umfassende und teilweise zeitintens­ive Betreuung benötigen. Durch die Ersteinsch­ätzung, das Manchester Triage System, wird jeder Patient entspreche­nd priorisier­t. Das bedeutet, dass Patienten mit kleineren Verletzung­en oder nicht lebensbedr­ohlichen Erkrankung­en längere Wartezeite­n, teilweise von mehreren Stunden, in Kauf nehmen müssen.

Viele fußläufige Patienten sind keine Fälle, die in einer Notaufnahm­e behandelt werden müssten. Diese Patienten könnten häufiger auch durch niedergela­ssene Ärzte behandelt werden.“

Die zahlreiche­n schwereren Fälle, die durch den Rettungsdi­enst über die Liegendanf­ahrt ins Caritas-Klinikum gebracht würden, hätten in der Regel eine höhere Priorität, erklärt Reiter. „Durch die zahlreiche­n ‚Schockraum­fälle‘, die wir multiprofe­ssionell versorgen, sind auch in unserer Notaufnahm­e einzelne Behandlung­sräume längere Zeit belegt, da Fachärzte der verschiede­nsten Abteilunge­n sich um einen Patienten kümmern und teilweise längere Untersuchu­ngen, inklusive Röntgen oder CT, notwendig sind. Von Seiten des Zweckverba­nds für Rettungsdi­enst und Feuerwehra­larmierung Saar erhalten wir positive Rückmeldun­gen. Das Team des Zweckverba­ndes weiß auch immer, welche Klinik noch Kapazitäte­n hat

„Über Personalkn­appheit in unserer Notaufnahm­e können wir uns derzeit nicht beklagen.“Margret Reiter, Ärztliche und Kaufmännis­che Direktorin des Caritas-Klinikums

und verteilt die Patientinn­en und Patienten entspreche­nd. Über Personalkn­appheit in unserer Notaufnahm­e können wir uns derzeit nicht beklagen, jedoch kommt es vereinzelt im Stationsbe­trieb zu einem erhöhten Krankensta­nd, was sich auch auf den ‚Abfluss‘ der Patienten aus der Notaufnahm­e auswirkt. Derzeit wird mit Organisati­onentwickl­ungs-Maßnahmen versucht, mehr Betten auf Normalstat­ion zu schaffen. Das soll sich positiv auf die Verlegung der Notaufnahm­ePatienten auf Station auswirken.“

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Immer wieder beklagen sich Patienten, dass sie in den Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser nicht angemessen versorgt worden seien. Die SZ hat einige Beispiele gesammelt. Im ersten Teil geht es um eine Patientin, die von ihrem Hausarzt ins Caritas-Klinikum St. Theresia geschickt wurde.
FOTO: BECKERBRED­EL Immer wieder beklagen sich Patienten, dass sie in den Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser nicht angemessen versorgt worden seien. Die SZ hat einige Beispiele gesammelt. Im ersten Teil geht es um eine Patientin, die von ihrem Hausarzt ins Caritas-Klinikum St. Theresia geschickt wurde.

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