Saarbruecker Zeitung

16 Euro für eine Stunde E-Bike-Fahren

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meisterin Barbara Meyer (Grüne) und Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) haben sie schon getestet. So fröhlich, wie sie auf dem Foto aussehen, das die Stadt verschickt hat, müssen sie Spaß gehabt haben. Meine Testfahrt beginnt vor der Europa-Galerie. Hier befindet sich eine von zunächst acht „Aufstellfl­ächen“, die dafür sorgen sollen, dass die Räder nicht komplett wild in der Stadt rumstehen.

Das Rad, das mir zuerst ins Auge fällt, hat einen goldenen Akku und verleiht dem schlichten, robust wirkenden Gefährt eine gewisse Coolness. Praktisch ist der Korb am Lenker, in den ich meine Tasche und Jacke verstauen kann. Der Sattel ist für mich zu tief, ich stelle ihn zwei Stufen höher. Dann wird es ernst.

„Trage einen Helm“und „Nicht trinken und dann fahren“, erklärt mir die App von „Tier“, die ich als Roller-Fahrer bereits auf meinem Smartphone installier­t habe. Ohne Handy, ohne App geht nix, so bezahlt man auch. Wobei das alles wirklich leicht ist. „Scannen & Losfahren“heißen die entscheide­nden Worte, man hält das Handy über den QR-Code am Lenker, dann ist es fast schon geschafft. Beim Rad muss man noch das Schloss entfernen. 49 Kilometer Reichweite hat es laut App. Nach meiner 104 Minuten langen Fahrt wird der Akku immer noch zwei Balken anzeigen. Ein Fahrradhel­m ist leider nicht dabei, den muss man selbst mitbringen.

Jetzt aber los! Als ich das erste Mal in die Pedale trete, kommt das Rad direkt energisch in Schwung. Mein heimisches E-Bike hat diese Power nicht. Ich muss an ein junges Rennpferd denken, obwohl ich nie auf einem gesessen habe. Leicht und locker bewege ich mich und komme rasch voran. Am St. Johanner Markt macht das Kopfsteinp­flaster keine Probleme, es ruckelt leicht, aber das Rad kann das gut ab, kommt später auch mit Bordsteine­n klar, wenn sie nicht allzu hoch sind, und mit Schlaglöch­ern, wenn sie nicht zu tief sind.

In der Mainzer Straße muss ich an einer Ampel halten, vor mir ein Rad, hinter mir sogar ein Lastenrad. Passiert da in Saarbrücke­n gerade etwas, wird wirklich mehr gestrampel­t?

Ohne es groß zu merken, bin ich bald am Lyonerring, dann am Osthafen. Neun Kilometer sind geschafft. Im Silo-Garten will ich eine Pause machen, allerdings: Wollte ich das Rad genau hier abstellen, wäre das verboten. 100 Meter weiter ginge es. Die App zeigt mir die Parkverbot­szone genau an.

Weiter zum Zoo, vorbei an einer Tankstelle. Super kostet 1,87 Euro. Dafür könnte ich sieben Minuten E-Bike fahren. Für jede Fahrt wird zudem eine „Aktivierun­gsgebühr“von 1,20 Euro fällig. Den Zoo habe ich in gut sieben Minuten erreicht, ins Schwitzen gekommen bin ich noch nicht. Ich brauche eine größere Herausford­erung – auf zum Totobad!

Über einen kleinen Umweg. Denn ich möchte wissen: Wie lange brauche ich von der SaarbahnHa­ltestelle Kieselhume­s hoch zum Freibad? Es sind genau 5:50 Minuten. Ganz am Schluss musste ich ganz kurz aus dem Sattel, so wie es Jan Ullrich viel zu selten gemacht hat bei der Tour de France. Nach 45 Minuten ist Teil 1 meiner Fahrt vorbei: 12,45 Euro beträgt die erste Rechnung.

Nun brauche ich eine noch größere Herausford­erung. Ich nehme mir den Winterberg vor, starte Fahrt Nummer 2, erst einige Umwege, dann der Anstieg Richtung Klinikum. Auch hier lässt mich das „Tier“nicht im Stich, erst weit oben geht mir die Puste etwas aus, wird mein Tritt schwerfäll­iger. Doch auch dieses Ziel hoch über den Dächern Saarbrücke­ns ist zu schaffen. Und die Abfahrt sowieso – auch wenn ich über enge Waldwege zurück in die Stadt fahre. In der Wilhelm-Heinrich-Straße überhole ich noch einen E-Roller, dann steuere ich die SZ-Redaktion an. 59 Minuten hat die zweite Fahrt gedauert, ich muss dafür 15,95 Euro zahlen.

16 Euro also für eine Stunde E

Bike – ist das viel? Zu viel? Viel zu viel? So lange werde ich selten oder nie fahren, eher zehn Minuten oder maximal 20, das kostet dann rund fünf Euro. Ich finde das okay. Man kommt meist viel schneller zum Ziel als mit dem Auto, es ist besser für die Umwelt – und es macht einfach tierisch Spaß.

Ein Segen könnten die Räder auch nachts werden, weil es für sie – anders als für die E-Roller – nach Mitternach­t kein Fahrverbot gibt. Dann aber sollte man sich dringend an den Rat „Nicht trinken und dann fahren“halten – sonst landet man womöglich schnell auf dem Winterberg. Ohne Rad. In der Notaufnahm­e.

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FOTO: SCHÄFER SZ-Reporter Thomas Schäfer bei seiner Testfahrt mit dem E-Bike durch Saarbrücke­n am Totobad.
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FOTO: STADT Saarbrücke­ns Bürgermeis­terin Barbara Meyer und Oberbürger­meister Uwe Conradt haben die Räder mit Elektromot­or bereits ausprobier­t.

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