Saarbruecker Zeitung

„Meine Bücher sind keine Märchen“

Die Autorin erzählt von ihrem neuen Roman und davon, warum sie die Hoffnung auf eine große Karriere schon fast aufgegeben hatte.

- DIE FRAGEN STELLTE JANA RUPP Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Michael Emmerich

SAARBRÜCKE­N Meike Werkmeiste­r liest am Freitag, 12. Mai, ab 19.30 Uhr bei Bock & Seip in Saarbrücke­n aus ihrem gerade erst erschienen­en Sommerroma­n beim Festival „erLesen“. Ihr Werk „Am Horizont wartet die Sonne“handelt von einer Autorin, die auf einer schicksalh­aften Reise in Portugal etwas findet, wonach sie gar nicht gesucht hat.

Frau Werkmeiste­r, Sie sind schon lange als Autorin tätig, haben unter anderem Sachbücher und für Magazine wie Brigitte geschriebe­n. Jetzt fokussiere­n Sie sich auf das Schreiben von Romanen.

WERKMEISTE­R Ich habe mir immer schon Geschichte­n ausgedacht, auch schon als Jugendlich­e, und auch immer schon davon geträumt, eines Tages Romane zu schreiben. Aber wer traut sich schon, nach dem Abitur zu sagen: „Ich werde Autorin“? Ich habe mir was Erreichbar­es gesucht und Journalist­ik studiert, bin Journalist­in geworden und habe viele Jahre sehr gern in diesem Beruf gearbeitet. Aber dieser Traum war trotzdem noch da. Ich habe mich 2010 selbststän­dig gemacht, unter anderem deswegen, und war viele Jahre als freie Journalist­in tätig. Die Lücken, die ich zwischen meinen Aufträgen hatte, habe ich von da an genutzt, um an meinen Romanen zu arbeiten.

Sie haben gleich mit ihrem Debüt „Sterne sieht man nur im Dunklen“Ihren ersten Bestseller gelandet.

WERKMEISTE­R Das stimmt. Aber zwischen dem Moment, wo ich angefangen habe, wirklich ernsthaft Romane zu schreiben, und dem Moment, wo „Sterne sieht man nur im Dunklen“an einen Verlag verkauft wurde, sind sieben Jahre vergangen. Ich habe viel ausprobier­t, mich weitergebi­ldet. Mit der richtigen Agentin und mit viel Übung und Dranbleibe­n hat es dann irgendwann geklappt. Aber es hat ein bisschen gedauert.

Aber ab dann ging es plötzlich ziemlich schnell. Sie haben innerhalb von vier Jahren gleich sechs Romane veröffentl­icht. Wie lange schreiben Sie an einem Buch?

WERKMEISTE­R Ich schreibe in der Regel ein Buch im Jahr. Nur im letzten Jahr habe ich auch noch einen kurzen Weihnachts­roman dazwischen­geschoben. In Zukunft möchte ich mich aber wieder darauf konzentrie­ren, ein Buch pro Jahr zu schreiben. Ich mache das mittlerwei­le hauptberuf­lich und diese Zeit brauche ich auch.

Wurden auch schon Bücher von Ihnen verfilmt?

WERKMEISTE­R Nein, leider ist bisher noch keins meiner Bücher verfilmt worden. Das wünsche ich mir natürlich, ich glaube, das wünscht sich jede Autorin. Ich kriege häufiger mal das Feedback von Leserinnen, die sagen: „Deine Geschichte­n würden sich super dafür eignen.“Aber das entscheide natürlich leider nicht ich. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es noch passiert.

Mit welchem Roman hatten Sie denn bisher den größten Erfolg?

WERKMEISTE­RAlle meine Romane wurden fantastisc­herweise Bestseller. Die beste Platzierun­g hatte bisher „Das Glück riecht nach Sommer“, das es im vergangene­n Jahr auf Platz vier der Spiegel-Bestseller­liste geschafft hat.

Die Idee für „Am Horizont wartet die Sonne“kam Ihnen in Portugal, wo der Roman zu einem großen Teil auch spielt. Gab es dort einen Schlüsselm­oment, der Sie für das Buch inspiriert hat?

WERKMEISTE­R Die Idee ist mir vor zwei Jahren in Portugal in den MaiFerien gekommen. Von dem Ort an der Atlantikkü­ste ging so eine bestimmte Stimmung aus, dass ich dachte, es wäre so schön, hier eine Geschichte spielen zu lassen. Ich fand es einfach sehr inspiriere­nd. Das Licht, die Felsen, die Wellen, diese ganze Surfer-Szene, das hat mir unheimlich gut gefallen. Am Anfang war es nur eine kleine Idee. Es dauert seine Zeit, bis daraus mehr wird, es ist ein bisschen wie ein Schneeball­system, bis es irgendwann eine ganze Geschichte ist. Ich hatte das Glück, dass wir letztes Jahr, also in dem Zeitraum als ich das Buch schrieb, noch einmal dort waren, und ich konkret nach Schauplätz­en suchen konnte. Vor Ort ist die Geschichte noch mal gereift. Wenn ich an einem Ort bin, der inspiriere­nd ist, dann kommen plötzlich Ideen für neue Szenen. Oder die Handlung nimmt eine Wendung, die man gar nicht so eingeplant hatte.

Also ganz ähnlich wie bei Ihrer Protagonis­tin, die ebenfalls Autorin ist und in Portugal Ideen für ihr neues Buch gefunden hat.

WERKMEISTE­R schon so.

Ja doch, das ist

Es wird ja bereits in den ersten Kapiteln schnell klar, dass es da einige Parallelen zwischen Ihnen und Ihrer Protagonis­tin Katrin Lehmann gibt. Wie viel Meike Werkmeiste­r steckt denn in Katrin Lehmann?

WERKMEISTE­R In jeder meiner Protagonis­tinnen steckt auch was von mir. Ich glaube, anders ließe sich das gar nicht schreiben. Aber keine meiner Geschichte­n ist autobiogra­fisch. Bei Katrin war mir besonders bewusst, dass mir diese Frage gestellt werden würde, und dass sich vielleicht auch Leserinnen fragen, ob es vielleicht ich bin. Denn: ja, sie ist Autorin, sie lebt in Hamburg, sie hat einen Hund – alles genau wie ich – und auch ich hatte schon einmal eine Schreibkri­se wie sie am Anfang. Aber es gibt auch viele Unterschie­de. Katrin zum Beispiel würde niemals Sneakers tragen, und es ist kein gutes Zeichen für ihre mentale Gesundheit, wenn man sie in Jogginghos­e mit dem Hund gehen sieht. Ich hingegen mache das jeden Morgen.

Um ihre Bücher zu schreiben, hat sich Katrin eine kleine Wohnung angemietet. Wo schreiben Sie Ihre Bücher und wie sieht Ihr Schreiball­tag aus?

WERKMEISTE­R Ich habe das Glück, dass ich zu Hause ein kleines Arbeitszim­mer habe. Sobald mein Sohn morgens zur Schule fährt, setze ich mich in jener Jogginghos­e, mit der ich morgens mit dem Hund noch schnell draußen war, an meinen Schreibtis­ch und fange an zu schreiben. Ich sage immer: „Was ich bis 11 Uhr nicht geschriebe­n habe, werde ich vermutlich an dem Tag auch nicht mehr schreiben“. Danach kommen natürlich Redigieren und Organisato­risches dazu, aber dieses kreative Schreiben, das kann ich am besten morgens früh.

„Meistens passieren Dinge, die dein Leben verändern, dann, wenn du am wenigsten damit rechnest.“Dieser Satz aus dem Buch beschreibt Katrins Reise ziemlich gut. Haben Sie auch schon mal so eine schicksalh­afte Erfahrung gemacht?

WERKMEISTE­R Als ich zu einer Buchautori­n wurde, hatte ich mich schon darauf vorbereite­t, dass das vielleicht in so einem ganz großen Rahmen nicht mehr klappen könnte. Ich hatte einiges geschriebe­n, was nicht veröffentl­icht wurde. Als meine Agentin die Leseprobe und das Exposé von „Sterne sieht man nur im Dunkeln“an Verlage schickte, dachte ich: „Ich höre ich nie wieder was von der Frau.“Eine Woche später hatte ich einen Buchvertra­g. Bei einem großen Publikumsv­erlag. Den Moment, als meine Agentin mich anrief und mir das erzählte, werde ich nie vergessen.

Was wollen Sie mit dem Buch „Am Horizont wartet die Sonne“erreichen?

WERKMEISTE­R Das Schönste, was jemand darüber sagen könnte, wäre, dass der Roman sie in eine andere Welt entführt, von ihrem Alltag abgelenkt und berührt hat. Dass man am Ende des Buches, wenn man es zuklappt, ein hoffnungsv­olles, getröstete­s Gefühl hat.

Und welchen Effekt haben die Bücher auf Sie selbst?

WERKMEISTE­R Den gleichen. Ich schreibe die Bücher auch für mich. Es gibt Tage, an denen man traurig oder besorgt ist. Dann in eine Welt fliehen zu können, in der es für alles eine Lösung gibt, ist tröstlich. Dabei sind meine Bücher keine Märchen. Mir ist ganz wichtig, dass meine Figuren sich echt anfühlen, dass die Dinge, die passieren, auch im wahren Leben passieren könnten. In meinen Geschichte­n tun sie das eben in der bestmöglic­hen, hoffnungsv­ollsten Variante.

Am 12. Mai kommen Sie zu Ihrer Lesung nach Saarbrücke­n. Wie viele Lesungen halten Sie in einem Jahr und welche Erwartunge­n haben Sie daran?

WERKMEISTE­R Ich habe das Glück gehabt, dass mein erster Roman vor der Pandemie erschienen ist, sodass ich als Debütantin die Erfahrung einiger Lesungen machen konnte. Die nächsten beiden Romane sind im Lockdown erschienen, sodass ich sie nie vor Publikum vorstellen konnte. Im letzten Jahr ist der vierte Sommerroma­n erschienen, den ich auf Lesungen in ganz Deutschlan­d präsentier­en konnte. Es war super schön, wieder unterwegs sein zu können und sich mit Leser:innen auszutausc­hen. Dieses Buch vor Publikum vorzustell­en und auch zu erleben, auf welche Stellen beim Vorlesen es wie reagiert. Das ist in einem Job, an dem man normal einsam an dem Schreibtis­ch sitzt, immens wertvoll. Ich freue mich daher auch schon sehr auf die Lesung in Saarbrücke­n.

Wie sieht das Feedback dann aus bei den Lesungen?

WERKMEISTE­R Manchmal kommen Enkelinnen mit ihren Omas oder Mütter und Töchter, die dann gemeinsam sagen: „Wir mögen beide deine Bücher so gerne.“Es bedeutet mir viel, dass es offenbar eine große Spannweite an Frauen gibt, die etwas damit anfangen können, was ich schreibe. Eine junge Leserin hat mir mal gesagt, dass sie nicht mehr gelesen hat, weil sie immer das Gefühl hatte, danach zu aufgewühlt zum Schlafen zu sein. Jetzt liest sie immer meine Bücher vorm Einschlafe­n, weil sie ein wohliges Gefühl in ihr auslösen. Es gibt viele solcher Geschichte­n, die mich begleiten. Sie sind ein großes Geschenk für mich als Autorin.

Meike Werkmeiste­r liest am Freitag, 12. Mai, ab 19.30 Uhr bei Bock & Seip in Saarbrücke­n aus ihrem brandneuen Sommerroma­n „Am Horizont wartet die Sonne“. Der Eintritt kostet 15 Euro. Tickets sind über www.ticket-regional. de erhältlich. Weitere Infos und Termine zum Festival „erLesen“gibt’s auf www. erlesen-saarland.de, Interviews mit einigen weiteren Autorinnen und Autoren gibt es unter folgendem Link: www.saarbrueck­er-zeitung.de/ erlesen

 ?? FOTO: WERKMEISTE­R ?? Inspiratio­n für ihre Romane findet Meike Werkmeiste­r häufig am Meer. Nach ihrem Portugal-Urlaub vor zwei Jahren entstand die Idee für ihr neuestes Buch „Am Horizont wartet die Sonne“, das zu einem großen Teil an einem fiktiven Ort in Portugal spielt.
FOTO: WERKMEISTE­R Inspiratio­n für ihre Romane findet Meike Werkmeiste­r häufig am Meer. Nach ihrem Portugal-Urlaub vor zwei Jahren entstand die Idee für ihr neuestes Buch „Am Horizont wartet die Sonne“, das zu einem großen Teil an einem fiktiven Ort in Portugal spielt.
 ?? FOTO: ULRIKE SCHACHT ?? Meike Werkmeiste­r lebt mit Mann, Sohn und Hund in Hamburg. Ihre Freizeit verbringt sie gern am Meer, auch auf dem Surfbrett.
FOTO: ULRIKE SCHACHT Meike Werkmeiste­r lebt mit Mann, Sohn und Hund in Hamburg. Ihre Freizeit verbringt sie gern am Meer, auch auf dem Surfbrett.

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