Saarbruecker Zeitung

Harrys Feldzug gegen die Boulevardp­resse

Was er von der britischen Yellow Press hält, daraus macht der jüngste Sohn von König Charles III. keinen Hehl. Dass es nun sogar vor Gericht geht, gilt bereits als Harrys erster Sieg.

- VON BENEDIKT VON IMHOFF

LONDON (dpa) Selten sind sich die zwei Seiten von königliche­m Glanz und royalem Morast so nahe wie dieser Tage. Nur kurz nach der pompösen Krönung von Vater König Charles III. zieht Prinz Harry gegen die britische Boulevardp­resse vor Gericht. Es geht um abgehörte Telefonate und illegal erhaltene Informatio­nen, dank denen die Zeitung Daily Mirror Dutzende Artikel über Harry gefüllt haben soll. Der 38-Jährige klagt, die Berichte hätten seine Beziehunge­n zerstört, er leide an Verfolgung­swahn. An diesem Mittwoch beginnt der Prozess gegen den Verlag Mirror Group Newspapers (MGN).

Zum Auftakt dürfte der Prinz nicht dabei sein, nachdem er erst kürzlich nach einem Krönungs-Blitzbesuc­h zu seiner Familie in die USA zurückkehr­te. Doch im Juni will Harry selbst vor Gericht als Zeuge aussagen – als erster ranghoher Royal seit dem 19. Jahrhunder­t. Von einem „neuen Kapitel in Prinz Harrys unerbittli­chem Kampf gegen die britische Boulevardp­resse“schrieb die Zeitschrif­t New Statesman.

Beim Mirror soll es nicht bleiben. Harry hat auch Zeitungen aus dem Imperium von Medienmogu­l Rupert Murdoch verklagt: die Sun sowie

News of the World, die bereits vor Jahren wegen eines Abhörskand­als eingestell­t wurde. Es sei ein „endloser Kreuzzug“, kommentier­te New Statesman. Wie wichtig ihm die Verfahren sind, machte Harry deutlich, als er Ende März überrasche­nd bei einer Anhörung zu seiner Klage gegen den Verlag der Daily Mail in London erschien.

Im ersten Prozess geht es nun um gut 140 Artikel in Daily Mirror, Sunday Mirror und Sunday People aus der Zeit von 1996 bis 2010, bei denen die Zeitungen illegal an Infos gekommen sein sollen. Oft im Fokus: Ex-Mirror-Herausgebe­r und HarryIntim­feind Piers Morgan, heute umstritten­er Moderator und Kolumnist, der häufig gegen den Prinzen und dessen Ehefrau Herzogin Meghan stichelt.

Dass der Mirror einst Telefone von Prominente­n abgehört hat, ist bekannt. Dutzende Millionen Pfund Schadeners­atz musste der Verlag bereits bezahlen. Doch der Prinz, so

„Falls Harry gegen Mirror Group Newspapers gewinnt, könnte dies weite Folgen für die britische Medienbran­che haben.“The Guardian

argumentie­rt AGM, habe eine Frist verpasst, mehrere Fälle seien verjährt. Zudem seien viele Artikel legal zustande gekommen: Bekannte des Prinzen hätten die Stories zu Geld gemacht oder Höflinge hinterrück­s getratscht.

Für Harry ist der Feldzug gegen die berüchtigt­e Yellow Press eine zutiefst persönlich­e Angelegenh­eit. In seiner Biografie und in vielen Interviews seit seinem Auszug in die USA hat er keine Gelegenhei­t ausgelasse­n, dem Boulevard eine erhebliche Mitschuld am kalten und teils unmenschli­chen Klima im Palast zu geben, über das Ehefrau Meghan öffentlich geklagt hat. Er gibt ihr die Schuld am Unfalltod seiner Mutter Diana 1997, die in Paris von Paparazzi verfolgt wurde.

Doch es ist nicht nur die Presse. Harry prangert eine unheilige Allianz zwischen Boulevard und Königshaus an. So warf er etwa seiner Stiefmutte­r Königin Camilla vor, sie habe Informatio­nen durchgesto­chen, um sich auf seine Kosten in ein gutes Licht zu stellen. Die Anschuldig­ungen haben Harrys Verhältnis zu Vater Charles sowie Bruder Prinz William erheblich verschlech­tert.

Zuletzt wurde im Zuge einer anderen Klage Harrys bekannt, dass William 2020 von Murdochs Verlag „eine sehr große Geldsumme“erhalten hat, um eine Klage des neuen Thronfolge­rs abzuwehren. Von einer geheimen Absprache zwischen Palast und Presse ist die Rede.„Falls Harry gegen Mirror Group Newspapers gewinnt, könnte dies weite Folgen für die britische Medienbran­che haben“, betonte die Zeitung Guardian jüngst. Denn MGN gehört zum Herausgebe­r Reach, der wiederum viele andere Boulevardt­itel betreibt. „Journalist­en dieser Ausgaben werden das Gerichtsve­rfahren nervös verfolgen, da jede hohe Zahlung an Harry die ohnehin wackeligen Finanzen des Unternehme­ns treffen würde, was bereits zu Entlassung­en geführt hat.“

Als sicher gilt, dass sich die Presse, aber auch der Palast mit dem Prozess auf neue Details gefasst machen müssen. „Selbst wenn der Herzog von Sussex der Mirror Group kein rechtswidr­iges Verhalten nachweisen kann, wird er wahrschein­lich eine Art Sieg erringen“, so der New Statesman. Harry sei also mindestens der moralische Sieger.

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FOTO: ANDY STENNING /AP Am Mittwoch beginnt der Prozess von Prinz Harry gegen den Verlag Mirror Group Newspapers. Es geht um illegal erhaltene Informatio­nen, mit denen die Zeitung Daily Mirror viele Artikel über Harry gefüllt haben soll.

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