Saarbruecker Zeitung

Warum die Bundespoli­tik auf Bremen schaut

- VON HAGEN STRAUSS

Das Bundesland Bremen wählt. Auch wenn es das kleinste ist, der Ausgang der Wahl könnte durchaus einige Folgen für die Bundespoli­tik haben. Weshalb von der Spree an die Weser geguckt wird.

SPD Für die Genossen im Bund wäre es ein durchaus benötigter Erfolg, wenn es Bovenschul­te gelänge, die SPD wieder zur stärksten Kraft zu machen. Zur Erinnerung: Zwar haben die Sozialdemo­kraten im ZweiStädte-Land Bremen und Bremerhave­n bislang ununterbro­chen regiert. Doch beim Urnengang 2019 landete die CDU deutlich vor der SPD. Ein herber Schlag. Trotzdem zimmerte man eine Koalition mit Grünen und Linken. Die Hauptstadt Berlin verlor die SPD kürzlich an die CDU, auch bei den Landtagswa­hlen in NRW oder Schleswig-Holstein hatten die Sozialdemo­kraten wenig Grund zum Jubeln. Hinzu kommen schlechte Umfragewer­te und der ewige Streit in der Ampel-Koalition.

CDU „Das kleine Bremen halt.“463 000 Wahlberech­tigte. In der Union wird das gesagt, was auch in anderen Parteien gedacht wird – und manch einer schaut am Wahlsonnta­g lieber in die Türkei, wo die Präsidents­chaftswahl stattfinde­t. In Bremen rechnet die Bundes-CDU nicht mit einer Überraschu­ng ähnlich wie in Berlin, als Kai Wegner plötzlich das Rote Rathaus eroberte. Parteichef Friedrich Merz bleibt gelassen. Vielleicht gibt es ja eine Groko. Einige wichtige Wahlen vor Bremen hat die Union gewonnen, für die Wahlen danach, Hessen und Bayern im Oktober, sieht es laut Umfragen momentan ganz gut aus.

Die Grünen Für sie wird die Wahl ein besonderer Stimmungst­est werden – die Partei steht aufgrund der umstritten­en Wärmewende im Bund besonders im Fokus, vor allem Wirtschaft­sminister Robert Habeck. Er hat auch die Trauzeugen­affäre seines Staatssekr­etärs Patrick Graichen am Hals. Bekommen die Grünen dafür in der Hansestadt eine Quittung? Kommt es so, dürfte das für das Ampel-Klima nicht förderlich sein. Schon jetzt sehen sich die Grünen eine Phalanx aus SPD und FDP gegenüber, Stichwort Gebäudeene­rgiegesetz. Der Schuldige auf Bundeseben­e wäre jedenfalls schnell gefunden – Robert Habeck.

FDP Die FDP betet. Setzt sich die Serie der Niederlage­n fort? Es wird eng, wieder könnten die Liberalen aus einem Landesparl­ament fliegen. Wobei: Die letzten Umfragen bescheinig­ten der FDP einen Zuwachs. Parteichef Christian Lindner kann einen Erfolg gebrauchen, auch als

Finanzmini­ster. Rückendeck­ung für die schwierige­n Haushaltsv­erhandlung­en im Bund tut not. Was für die FDP eigentlich zählt zur Standortbe­stimmung, sind die Europawahl­en 2024. Dafür bietet man ja auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann als Spitzenkan­didatin auf.

Linke Die Bremer Linken gehören irgendwie zu den letzten Mohikanern einer niedergehe­nden Partei. Man regiert ausgerechn­et in einem Westland. Ansonsten nur noch in Thüringen und Mecklenbur­g-Vorpommern. Im Bund ist die Partei gelähmt durch ihre internen Streiterei­en über Putin-Versteher und um Sahra Wagenknech­t. Fährt die

Linke ein schwaches Ergebnis ein und verliert die Regierungs­beteiligun­g, würde das Totenglöck­chen über der Partei insgesamt nur noch lauter klingeln.

AfD Die Rechtspopu­listen dürfen in Bremen nicht antreten wegen eines zerstritte­nen Landesverb­andes, der zwei konkurrier­ende Kandidaten­listen eingereich­t hatte. Auf Bundeseben sind die Umfragen derzeit zwar gut, man profitiert vom Ampel-Streit. An der Weser startet die Gruppierun­g „Bürger in Wut“, die als Fraktion in die Bürgerscha­ft einziehen dürfte. Die AfD muss das beunruhige­n – am rechten Rand könnte Konkurrenz erwachsen.

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