Saarbruecker Zeitung

Warum die AfD bundesweit einen Aufschwung erfährt

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Am Sonntag wird in Bremen gewählt. Die Wahl im Stadtstaat dient, wie jede Landtagswa­hl, den Bundespart­eien als Gradmesser für die politische Stimmung. Die Umfragen für Bremen sehen SPD und CDU nah beieinande­r, mit leichtem Vorteil für die SPD. Die Grünen sind deutlich zurückgefa­llen, die FDP scheint sich wiederum auf niedrigem Niveau stabilisie­rt zu haben. Was die Bremen-Wahl jedoch nicht abbildet, ist der Aufschwung, den die AfD gerade in den Umfragen im Osten, aber auch bundesweit, erfährt. Die Partei konnte in Bremen aufgrund von internen Problemen nicht antreten. Doch bundesweit ist die AfD derzeit – trotz großer Uneinigkei­t im Inneren – den Sozialdemo­kraten auf den Fersen. Der Damm zwischen der politische­n Mitte und der AfD scheint Risse zu bekommen, die Partei auch in Milieus wählbar zu werden, die sie bislang nicht erreichte. Meinungsfo­rscher sagen voraus, dass die Partei 2024 bei den Landtagswa­hlen im Osten in mehr als einem Bundesland stärkste Kraft werden könnte. Grund ist das Spiel mit der Angst. Die hohe Inflation, der Krieg in der Ukraine, die Flüchtling­szahlen und die unsägliche Kommunikat­ion über das Aus für Öl-und Gasheizung­en der Ampel tragen dazu bei.

Weil es noch keine abschließe­nden Beschlüsse zum Gebäudeene­rgiegesetz gibt, können die Populisten das für sich nutzen. Die Heizungs-Debatte hat die Stimmung zugunsten der AfD geprägt. In den Beratungen im Bundesrat am Freitag haben parteiüber­greifend Ministerpr­äsidenten deutlich gemacht, dass noch starke Unklarheit über die genauen Inhalte und Folgen des Gesetzes herrscht. Auch die Ministerpr­äsidentenk­onferenz in dieser Woche zu Flüchtling­en brachte Einigungen in Tippelschr­itten. Der Umgang mit Flüchtling­en ist ein MegaThema in Deutschlan­d. Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, das Problem mit weißer Kreide zunächst zu übertünche­n und zu vertagen. Zu oft dürfen Gipfel ein solches Ergebnis nicht bringen.

Der Sinkflug der Grünen in den Umfragen gerade lässt sich allerdings zum großen Teil auf die Heizungs-Debatte zurückführ­en. Die „Trauzeugen“-Affäre um Robert Habecks Staatssekr­etär tut ihr Übriges. Die SPD wiederum ist bundesweit unter die 20 Prozent gefallen, so wirklich nach oben will es für die Sozialdemo­kraten derzeit nicht gehen.

Die politische Lage für die

Ampel ist also ungemütlic­h. Die Idee der Fortschrit­tskoalitio­n ist in die Mühlen der diversen Krisen geraten und droht derzeit, darin zermahlen zu werden. Die große gemeinsame Erzählung, wie das Land die Klimawende schaffen kann, hat man vor die Wand laufen lassen und den Populisten Auftrieb gegeben.

Ideologie ist jetzt ein sehr schlechter Ratgeber, die politische Mitte darf das Thema Klimaschut­z nicht zu einem Elite-Thema werden lassen. Ein späterer Start-Zeitpunkt des Heizungsge­setzes, sozial abgefedert­e Regelungen und klarere Konzepte wären ein Schritt, um Vertrauen wiederherz­ustellen. Denn im Osten Deutschlan­ds wird die AfD im nächsten Jahr bei den Landtagswa­hlen ganz sicher antreten. Und man muss ihr einen klaren Politikent­wurf entgegense­tzen.

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