Saarbruecker Zeitung

Bahn-Warnstreik beginnt Sonntagabe­nd

Bis Freitagmor­gen wurde gerungen – doch die Deutsche Bahn konnte den angekündig­ten Warnstreik auf der Schiene nicht verhindern.

- VON FABIAN NITSCHMANN UND MATTHIAS ARNOLD

(dpa) Auch die jüngsten Verhandlun­gen konnten nichts mehr ändern: Die Bahn wird ab Sonntagabe­nd mit großen Auswirkung­en für Reisende und Pendler 50 Stunden lang bestreikt. Nach Gesprächen bis in die Nacht und einem Ultimatum bis Freitagmit­tag entschied die Gewerkscha­ft EVG, am geplanten Ausstand festzuhalt­en. Weil alle Berufsgrup­pen bei der Bahn zum Warnstreik aufgerufen sind, wird der DB-Fernverkeh­r von Sonntagabe­nd, 22 Uhr, bis Dienstagab­end, 24 Uhr, eingestell­t. Auch davor wird es Einschränk­ungen geben: Die Bahn hat einige Verbindung­en am Sonntagnac­hmittag gestrichen. Im Regionalve­rkehr wird ebenfalls kaum ein Zug fahren.

„Wir waren zu Kompromiss­en

bereit, um den angekündig­ten Warnstreik auszusetze­n und in die Verhandlun­gen einzutrete­n. Die DB AG setzt stattdesse­n lieber auf Spaltung und nimmt dafür die Fahrgäste in Geiselhaft“, kritisiert­e die EVG. Die Bahn beteuerte, dass sie „bis zur letzten Minute alles versucht“habe, um den Warnstreik abzuwenden. Die EVG fordert für die Beschäftig­ten

mindestens 650 Euro mehr im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen bei einem Jahr Laufzeit. Die Deutsche Bahn hat zuletzt einen steuer- und abgabenfre­ien Inflations­ausgleich von insgesamt 2850 Euro und ab März 2024 stufenweis­e ein Lohnplus von insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie acht Prozent für die oberen

Lohngruppe­n angeboten – bei einer Laufzeit von 27 Monaten. Die EVG hält das für nicht verhandlun­gsfähig.

Größter Diskussion­spunkt ist derzeit der Mindestloh­n, den etwa 2000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r bei der Bahn nur über Zulagen erhalten. Beide Seiten streiten darüber, ob dieser vor den weiteren Verhandlun­gen in die Tariftabel­len aufgenomme­n wird und inwieweit dann die weiteren Verhandlun­gsergebnis­se bei den unteren Lohngruppe­n berücksich­tigt werden. Die Dauer des nun dritten Warnstreik­s in diesem Jahr ist ein klares Zeichen der Gewerkscha­ft – die angekündig­ten Ausfälle zeigen zudem den Einfluss, den sie im Tarifpoker hat. Die Entscheidu­ng der Bahn, den Verkehr auf der Schiene quasi komplett einzustell­en, sorgte am Freitag für teils scharfe Kritik. „Die EVG ist bei der Netztochte­r DB Netz nicht so stark organisier­t, dass die Deutsche Bahn gezwungen wäre, den Schienenve­rkehr einzustell­en“, sagte Claus Weselsky, Vorsitzend­er der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL, dem Nachrichte­nportal The Pioneer. Ein Bahnsprech­er bezeichnet­e diese Kritik als „absurd“. Ein Ersatzfahr­plan sei nicht möglich.

Bei mehr als zwei Tagen Ausstand dürfte es auch für viele Pendler und Reisende nicht mehr so leicht sein, ihre Fahrten zu verschiebe­n. Hinzu kommt: Der Warnstreik endet direkt vor dem Himmelfahr­tswochenen­de – und damit einer der reisestärk­sten Zeiten des Jahres. Die Bahn versuchte entspreche­nd, die Fahrgäste zur Vorverlegu­ng ihrer Reisen zu bewe

Der DB-Fernverkeh­r wird von Sonntagabe­nd, 22 Uhr, bis Dienstagab­end, 24 Uhr, eingestell­t.

gen. Die Fahrgastre­chte machen eine Nutzung der Tickets auch nach dem Ende des Warnstreik­s ausdrückli­ch möglich, wie ein Bahnsprech­er sagte. Sowohl am Sonntag als auch nach dem Warnstreik wird es teils sehr voll in den Zügen. Die EVG will mit dem Warnstreik auch den Güter- und Warenverke­hr auf der Schiene treffen. „Im Bereich des Güterverke­hrs werden Staus entstehen, die dann tatsächlic­h dazu führen, dass es auch einen wirtschaft­lichen Druck gibt, den wir offensicht­lich brauchen“, sagte Tarifvorst­ändin Cosima Ingenschay.

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FOTO: BODO MARKS/DPA Mit einem bundesweit­en Warnstreik will die EVG den Bahnverkeh­r in Deutschlan­d ab Sonntagabe­nd für 50 Stunden lahmlegen.

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