Bahn-Warnstreik beginnt Sonntagabend
Bis Freitagmorgen wurde gerungen – doch die Deutsche Bahn konnte den angekündigten Warnstreik auf der Schiene nicht verhindern.
(dpa) Auch die jüngsten Verhandlungen konnten nichts mehr ändern: Die Bahn wird ab Sonntagabend mit großen Auswirkungen für Reisende und Pendler 50 Stunden lang bestreikt. Nach Gesprächen bis in die Nacht und einem Ultimatum bis Freitagmittag entschied die Gewerkschaft EVG, am geplanten Ausstand festzuhalten. Weil alle Berufsgruppen bei der Bahn zum Warnstreik aufgerufen sind, wird der DB-Fernverkehr von Sonntagabend, 22 Uhr, bis Dienstagabend, 24 Uhr, eingestellt. Auch davor wird es Einschränkungen geben: Die Bahn hat einige Verbindungen am Sonntagnachmittag gestrichen. Im Regionalverkehr wird ebenfalls kaum ein Zug fahren.
„Wir waren zu Kompromissen
bereit, um den angekündigten Warnstreik auszusetzen und in die Verhandlungen einzutreten. Die DB AG setzt stattdessen lieber auf Spaltung und nimmt dafür die Fahrgäste in Geiselhaft“, kritisierte die EVG. Die Bahn beteuerte, dass sie „bis zur letzten Minute alles versucht“habe, um den Warnstreik abzuwenden. Die EVG fordert für die Beschäftigten
mindestens 650 Euro mehr im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen bei einem Jahr Laufzeit. Die Deutsche Bahn hat zuletzt einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich von insgesamt 2850 Euro und ab März 2024 stufenweise ein Lohnplus von insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie acht Prozent für die oberen
Lohngruppen angeboten – bei einer Laufzeit von 27 Monaten. Die EVG hält das für nicht verhandlungsfähig.
Größter Diskussionspunkt ist derzeit der Mindestlohn, den etwa 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Bahn nur über Zulagen erhalten. Beide Seiten streiten darüber, ob dieser vor den weiteren Verhandlungen in die Tariftabellen aufgenommen wird und inwieweit dann die weiteren Verhandlungsergebnisse bei den unteren Lohngruppen berücksichtigt werden. Die Dauer des nun dritten Warnstreiks in diesem Jahr ist ein klares Zeichen der Gewerkschaft – die angekündigten Ausfälle zeigen zudem den Einfluss, den sie im Tarifpoker hat. Die Entscheidung der Bahn, den Verkehr auf der Schiene quasi komplett einzustellen, sorgte am Freitag für teils scharfe Kritik. „Die EVG ist bei der Netztochter DB Netz nicht so stark organisiert, dass die Deutsche Bahn gezwungen wäre, den Schienenverkehr einzustellen“, sagte Claus Weselsky, Vorsitzender der Lokführergewerkschaft GDL, dem Nachrichtenportal The Pioneer. Ein Bahnsprecher bezeichnete diese Kritik als „absurd“. Ein Ersatzfahrplan sei nicht möglich.
Bei mehr als zwei Tagen Ausstand dürfte es auch für viele Pendler und Reisende nicht mehr so leicht sein, ihre Fahrten zu verschieben. Hinzu kommt: Der Warnstreik endet direkt vor dem Himmelfahrtswochenende – und damit einer der reisestärksten Zeiten des Jahres. Die Bahn versuchte entsprechend, die Fahrgäste zur Vorverlegung ihrer Reisen zu bewe
Der DB-Fernverkehr wird von Sonntagabend, 22 Uhr, bis Dienstagabend, 24 Uhr, eingestellt.
gen. Die Fahrgastrechte machen eine Nutzung der Tickets auch nach dem Ende des Warnstreiks ausdrücklich möglich, wie ein Bahnsprecher sagte. Sowohl am Sonntag als auch nach dem Warnstreik wird es teils sehr voll in den Zügen. Die EVG will mit dem Warnstreik auch den Güter- und Warenverkehr auf der Schiene treffen. „Im Bereich des Güterverkehrs werden Staus entstehen, die dann tatsächlich dazu führen, dass es auch einen wirtschaftlichen Druck gibt, den wir offensichtlich brauchen“, sagte Tarifvorständin Cosima Ingenschay.