Das Saarbrücker KuBa steht vor einer Zäsur
Die Gründerin und Geschäftsführerin des Saarbrücker Kulturzentrums am Eurobahnhof (KuBa), Michaela Kilper-Beer (71), zieht sich zurück, und noch viel mehr ist im Umbruch.
Als Ministerpräsidentin Anke Rehlinger Michaela Kilper-Beer im Sommer 2022 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verlieh, sparte sie nicht mit Lob. Die Chefin des Kulturzentrums am Eurobahnhof Kilper-Beer habe, als sie sich 2006 zur Gründung des „Vereins KuBa – Kulturzentrum am Eurobahnhof e.V.“entschloss, um ein leer stehendes ehemaliges Schulungsgebäude der Bundesbahn einer neuen Nutzung zuzuführen, die „Keimzelle eines neuen Stadtviertels“gelegt. Und heute sei das KuBa ein „kulturelles Kleinod“mit Charme. Wohl wahr. Womöglich handelt es sich beim KuBA um die erstaunlichste KulturErfolgsgeschichte der vergangenen Jahrzehnte: Es entstand das erste und einzige Atelierhaus für Künstler im Saarland, es wuchs zusätzlich zu einer Galerie und zu einem Veranstaltungsort für Lesungen, Konzerte und Workshops – zu einem vitalen, vielseitigen, qualitätvoll bespielten Zentrum.
So ist denn das KuBa mittlerweile ein Riesending, das gemanagt werden will. Jedes Jahr gibt es rund ein halbes Dutzend Ausstellungen mit Galeriegesprächen zur Kunstvermittlung, hinzu kommen Einzelveranstaltungen in der experimentellen Reihe „HörBar“. Bisher hat Kilper-Beer, die zunächst eh
renamtlich agierte, die Mammutaufgabe irgendwie „im Nebenher“bewältigt: Die Verwaltung der 1700 Quadratmeter großen Immobilie und der Gelder – vom Land kommen 200 000 Euro institutionelle Förderung –, die Kommunikation mit Medien und Kooperationspartnern (Evimus, Kinder- und Jugendbuchmesse, Freie Szene), die Entwicklung neuer Formate, die Akquise von Künstlern und Sponsoren und.. und.
Ab August/September wird sich das ändern: Es kommt ein neuer Vollzeit-Geschäftsführer oder eine neue Geschäftsführerin. Die Bewerbungsgespräche sind gelaufen, am Freitag (12. Mai) soll der Vereins-Vorstand einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin bestimmen. Im Rennen sind dem Vernehmen nach drei Bewerber/innen. „Im KuBa macht man keinen Job, sondern man hat eine Aufgabe. Dafür braucht man Herzblut“, so bringt Kilper-Beer ihre hohen Erwartungen auf den Punkt. Soll der oder die Neue möglichst alles so lassen, wie es ist? Kilper-Beer zitiert einen bekannten Satz: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“. Dafür sei jetzt der richtige Zeitpunkt, meint sie mit Hinweis auf ihr Alter.
Doch nicht nur auf der Geschäftsführerinnen-Ebene steht ein Einschnitt bevor. Auch die künstlerische Leitung muss neu aufgestellt werden. Bisher waren für das Programm Andreas Bayer (Institut für aktuelle Kunst Saarlouis) und Armin Schmitt (Literatur) im Zusammenwirken mit Kilper-Beer zuständig. 16 Jahre lang. Beide sind auch im Vorstand und hätten dort bereits vor Monaten das „Ausschleichen“ihrer Programm-Tätigkeit bekannt gegeben, das berichtet Kilper-Beer. Deshalb sei das diesjährige Ausstellungsprogramm bereits großteils von ihr und Dirk Rausch konzipiert worden. Rausch ist Maler und Grafiker und Atelier-Mieter im KuBa, zudem Vorsitzender des Saarländischen Künstlerbundes.
Bayer begründet die Reduzierung seines Engagements im KuBa mit der Beanspruchung durch die Übernahme der Leitung beim Institut für aktuelle Kunst 2021. Als KuBa-Ausstellungsmacher gab Bayer regionaler Kunst die Priorität und bezog auch historische Positionen mit ein. Daraus entwickelte sich ein Alleinstellungsmerkmal in der Saarbrücker Galerien-Szene, denn Stadtgalerie und Künstlerhaus konzentrieren sich weitgehend auf Gegenwartskunst, und die Moderne Galerie richtet sich international aus.
„Wir haben uns qualitativ einen guten Status erarbeitet“, meint Bayer, und wer wollte dem widersprechen? Bayer hofft deshalb auf
Kontinuität. Auch Kilper-Beer sieht keinen Grund, warum die Nachfolger, die demnächst den KuBaKurs bestimmen werden, das Ruder herumreißen sollten. Sowieso möchte sie den Übergang und den Einarbeitungsprozess der neuen Geschäftsführung noch bis Februar 2024 begleiten. Auch bleibt sie im Vereins-Vorstand. Ihr Versprechen: „Ich mache es so lange, bis der Laden läuft.“In den alten Bahnen? Selbst wenn sich am Zuschnitt des KuBa nichts gravierend ändern wird – wenn sich eine durchsetzungsstarke, leidenschaftliche Leitfigur wie Kilper-Beer zurückzieht, verändert das die Gesamt-Temperatur einer Kulturinstitution.