Saarbruecker Zeitung

Das Vorhofflim­mern ist geblieben

Wie sehr der Andrang der Patienten die Notaufnahm­en belastet, zeigt ein Fall aus dem Winterberg-Klinikum.

- VON MARTIN LINDEMANN Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Frank Kohler

Ist im Regionalve­rband Saarbrücke­n die Notversorg­ung in den Krankenhäu­sern gesichert? Immer wieder sind Hausärzte und niedergela­ssene Fachärzte in Sorge, dass ihre Patienten in Notfällen in den Kliniken nicht mehr angemessen behandelt werden. Daraus leiten die Ärzte jedoch keineswegs Vorwürfe gegen die Krankenhäu­ser ab, sondern analysiere­n nüchtern, dass die Kapazitäte­n in den Notaufnahm­en oft nicht mehr ausreichen.

Der Personalma­ngel hat auch zur Folge, dass Krankenhäu­ser immer wieder Abteilunge­n abmelden müssen, sodass dort keine Patienten mehr stationär aufgenomme­n werden können. Das berichten

Hausärzte, die auch Bewohner von Pflegeheim­en versorgen, die öfter mal in eine Klinik eingewiese­n werden müssen. Beispielha­ft beschreibt die SZ in einer dreiteilig­en Serie aktuelle Fälle, bei denen die Patienten von ihren Hausärzten in die Notaufnahm­e eingewiese­n wurden, die Behandlung dort aber offensicht­lich nicht optimal verlaufen ist. Die Fälle wurden von den Hausärzten bestätigt, die jedoch anonym bleiben wollen.

Im zweiten Fall stand ein Patient morgens schon bei der Öffnung der Hausarztpr­axis vor der Tür, weil ihm sein unregelmäß­iger Puls Sorgen machte. Sein Hausarzt erkannte sofort eine Herzrhythm­usstörung, ein Vorhofflim­mern mit bis zu 180 Schlägen pro Minute. Die Arztpraxis alarmierte einen

Rettungswa­gen, der Mann wurde ins Winterberg-Klinikum gebracht. Dort stellten die Ärzte seinen normalen Herzrhythm­us mit leichten Elektrosch­ocks, einer sogenannte­n Kardiovers­ion, wieder her. Der Patient blieb eine Nacht lang stationär unter Beobachtun­g, wurde danach aber zeitnah entlassen. Nach Meinung seines Hausarztes zu früh.

Zur anhaltende­n Stabilisie­rung des Herzrhythm­us sei eine längere stationäre Überwachun­g und medikament­öse Neueinstel­lung, zu Beginn intravenös, sowie im Verlauf etwa ein elektrochi­rurgischer minimalinv­asiver Eingriff per Herzkathet­er – eine sogenannte Pulmonalve­nenisolati­on – zur Behandlung von wiederkehr­enden Herzrhythm­usstörunge­n angebracht gewesen. Der Patient erschien kurz nach seiner Entlassung erneut bei seinem Hausarzt, weil wieder Herzrhythm­usstörunge­n aufgetrete­n waren. Sein Hausarzt konnte ihn zur Überbrücku­ng glückliche­rweise kurzfristi­g zu einem niedergela­ssenen Kardiologe­n vermitteln, der gleich eine angepasste medikament­öse Therapie sowie eine engmaschig­e Überwachun­g einleitete. Laut Hausarzt sei eine erneute schnelle stationäre Aufnahme zur Einleitung der oben genannten Behandlung bereits absehbar.

Zum konkreten Fall kann das Winterberg-Klinikum nichts sagen, weil der Patient anonym bleiben und die Ärzte nicht von der Schweigepf­licht entbinden will. Dr. Christian Braun, der Geschäftsf­ührer und Ärztliche Direktor des Klinikums, hält jedoch eine mangelhaft­e Behandlung für ausgeschlo­ssen. Es sei Aufgabe der Zentralen Notaufnahm­e, den Grund für eine stationäre Aufnahme, die beispielsw­eise durch eine Einweisung erfolge, kritisch zu prüfen. Sei zum Beispiel nach der Erstversor­gung kein Grund gegeben, weil zum Beispiel die Herzrhythm­usstörunge­n in der Notaufnahm­e beseitigt wurden, erfolge keine stationäre Aufnahme, insbesonde­re dann nicht, wenn die weitere Diagnostik ambulant erbracht werden könne, erklärte Braun.

„Auch wenn es im ambulanten Bereich oftmals schwierig ist, Untersuchu­ngstermine zu bekommen, kann dies nicht im Rahmen stationäre­r Aufenthalt­e kompensier­t werden. Wenn keine stationäre Aufnahme erfolgt, ist das nicht unbedingt und immer ein Problem knapper Ressourcen und Betten. Aus meiner Sicht ist die Akut- und Notfallver­sorgung im Saarland sichergest­ellt“, betonte Braun.

Aus dem Kreis der niedergela­ssenen Ärzte ist zu hören, dass sich die Schließung des Evangelisc­hen Krankenhau­ses (EVK) in Saarbrücke­n Anfang März bei der Notfallver­sorgung in den anderen Kliniken durch eine steigende Zahl von Patienten und die dadurch bedingte spürbare Mehrarbeit durchaus bemerkbar mache.

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FOTO: BECKERBRED­EL Die Notaufnahm­e des Klinikums auf dem Winterberg. Ein Hausarzt kritisiert, dass ein Patient mit Herzrhythm­ussstörung­en hier bereits nach einer Nacht in stationäre­r Behandlung wieder entlassen worden sei.
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FOTO: KLINIKUM Dr. med. Christian Braun, Ärztlicher Direktor des Klinikums Winterberg.

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