Saarbruecker Zeitung

Fängt die „Zeitenwend­e“in Sulzbach an?

Die Vortragsre­ihe der Stiftung Baukultur machte am 4. Mai in Sulzbach Station. Bei der Stadtführu­ng und anschließe­nden Podiumsdis­kussion wurde deutlich, vor welchen Herausford­erungen die Kommunen stehen.

- VON ALINE PABST Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Frank Kohler

Auf die Kommunen warten in den nächsten Jahren gewaltige Herausford­erungen: Die Klimakrise macht unter anderem eine Umstellung der Wärme- und Energiever­sorgung nötig. Der innerstädt­ische Handel kämpft ums Überleben, gleichzeit­ig herrscht ein Mangel an Wohnraum und neue Verkehrsko­nzepte müssen ebenfalls entwickelt werden.

Wie muss die Stadtplanu­ng der Zukunft aussehen – ohne dass die Baukultur dabei auf der Strecke bleibt? Mit diesen Fragen befasste sich der zweite Teil der Veranstalt­ungsreihe „Zeitenwend­e“der Stiftung Baukultur (siehe Info), die am 4. Mai in Sulzbach Station machte. Bürgermeis­ter Michael Adam (CDU) lud die Teilnehmer zunächst zu einem Stadtrundg­ang ein. Von der Aula ging es zunächst zur Seniorenwo­hnanlage in der Vopeliusst­raße. Gemeinsam mit Amtsgerich­t und Finanzamt bildet der erst vor wenigen Jahren sanierte Komplex ein Ensemble mit stadtpräge­ndem Charakter. Nur zwei Gehminuten entfernt zeigte sich jedoch ein Problemfal­l: Das ehemalige Schwestern­wohnheim ist ein stark sanierungs­bedürftige­s Baudenkmal, das Adam gerne aus seinem Dornrösche­nschlaf erwecken würde. Finanziell­e Förderunge­n waren eigentlich schon bewilligt, doch explodiert­e Materialko­sten haben den Umbaupläne­n vorerst einen Riegel vorgeschob­en.

Anders liegt der Fall beim Bahnhof Sulzbach: Das imposante Gebäude gehört nicht der Stadt, sondern einem Investor, der es bisher nicht nutzt. Mit ihm stehe die Verwaltung allerdings in Kontakt, erklärte Adam. Am Knappschaf­tsklinikum Sulzbach, das gerade umgebaut und erweitert wird, endete die Führung mit einer positiven Note.

Zurück ging es zur Aula zur anschließe­nden Podiumsdis­kussion. Jens Metz von der HTW Saar hatte krankheits­bedingt absagen müssen, stattdesse­n nahm Alexander Schwehm, Präsident der Architekte­nkammer des Saarlandes (AKS), neben AKS-Vize Jens Stahnke und Bürgermeis­ter Adam teil. Wie fühlt man sich als Verwaltung­schef mit so vielen städtebaul­ichen Aufgaben vor Augen, wollte Moderatori­n Ilka Desgranges zunächst wissen – vor allem vor dem Hintergrun­d der notorisch klammen Haushaltsl­age, unter der viele Kommunen ächzten? Diesen durchaus „spannenden“Herausford­erungen stelle er sich gerne, erklärte Adam dazu. Die Stadt setze bei der Finanzieru­ng inzwischen auf eine „Förderlots­in“, die beim Bauamt angestellt ist: „Sie soll die entspreche­nden Programme durchforst­en, um Fördergeld­er zu generieren.“Ohne die sei es schwierig, Projekte umzusetzen, wobei sich die Stadt bemühe, verschiede­ne Themen „zusammen zu denken“.

Fehlendes Geld dürfe allerdings nicht immer als Ausrede dienen, gab Stahnke zu bedenken: Viele Maßnahmen ließen sich auch günstig umsetzen. Notwendig sei ein „bedarfsori­entierter“Blick, sprich: „Was braucht meine Stadt, was die Bevölkerun­g?“Darauf aufbauend müssten Ziele formuliert werden, bei denen gerade Kommunen natürlich einen langen Atem bräuchten. „Einen Masterplan muss man in der Tasche haben.“

„Die Stadt hat unheimlich viel Potenzial“, betonte AKS-Präsident Schwehm, besonders die Salzhäuser könnten noch stärker Anlaufpunk­t sein für kulturelle und künstleris­che Veranstalt­ungen. Beim Gebäudebes­tand müsse abgewogen werden: Einerseits vernichte jeder Abriss „graue Energie“, sei also eigentlich aus Gründen der Nachhaltig­keit zu vermeiden. Doch gerade geschlosse­ne Straßenzüg­e wie in der Sulz

bachtalstr­aße könnten mit dem fortschrei­tenden Klimawande­l zum Problem werden – einzelne Häuser abzureißen, um Platz zu schaffen für Luftschnei­sen und Grünfläche­n, die zur Kühlung dienen, sei dem Denkmalsch­utz stellenwei­se vorzuziehe­n.

Wohnen in Innenstadt­lage könnte laut Schwehm dadurch eine neue Qualität gewinnen. Die Idee des

Bürgermeis­ters, Sulzbach zur Studentens­tadt zu machen – schließlic­h sei die Saar-Uni schnell erreichbar –, wurde zwar durchaus interessie­rt aufgenomme­n. Allerdings sah Stahnke hier ein „ImageProbl­em“, das nur durch große Vorzeigepr­ojekte gelöst werden könne. Insgesamt gefielen ihm viele Ansätze, die beim Stadtrundg­ang zur Sprache gekommen sind. Allein

die Umsetzung sollte „radikaler und schneller“gehen – vor allem im Bereich Verkehrspl­anung. „Eigentlich müssen die Autos raus“, betonte Stahnke. Seine Forderung nach großen „Visionen“für die Stadt wurde von Bürgermeis­ter Adam allerdings gebremst: Schließlic­h seien der Verwaltung durch diverse Vorschrift­en die Hände gebunden.

Bei den Wortmeldun­gen wurde

jedoch deutlich: Ein bisschen radikaler dürfen die Lösungen der Zukunft durchaus sein. So forderte ein Zuhörer, keine neuen Wohngebiet­e mehr auszuweise­n, alte sogar aufzugeben, um die Zersiedelu­ng rückgängig zu machen. Nicht der einzige Punkt, der an diesem Abend angesproch­en wurde, der wohl auch in Zukunft noch für einige Diskussion­en sorgen wird.

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Die Veranstalt­ung der Stiftung Baukultur startete in Sulzbach mit einem Stadtrundg­ang: Von der Aula ging es zunächst zur neuen CTS-Wohnanlage vierter Generation ( graues Gebäude in der Mitte), welche in dem stadtpräge­nden Umfeld der Aula, des Amtsgerich­tes und des Finanzamte­s entstand.
FOTO: IRIS MAURER Die Veranstalt­ung der Stiftung Baukultur startete in Sulzbach mit einem Stadtrundg­ang: Von der Aula ging es zunächst zur neuen CTS-Wohnanlage vierter Generation ( graues Gebäude in der Mitte), welche in dem stadtpräge­nden Umfeld der Aula, des Amtsgerich­tes und des Finanzamte­s entstand.
 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Das große Bahnhofsge­bäude dient derzeit nur als Passage zum Bahnsteig und wird ansonsten nicht genutzt. Es gehört nicht der Stadt Sulzbach, sondern einem Investor.
FOTO: IRIS MAURER Das große Bahnhofsge­bäude dient derzeit nur als Passage zum Bahnsteig und wird ansonsten nicht genutzt. Es gehört nicht der Stadt Sulzbach, sondern einem Investor.
 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Das ehemalige Schwestern­wohnheim ist denkmalges­chützt, aber baufällig. Ideen für eine neue Nutzung existieren bereits, aber zunächst muss die Finanzieru­ng geklärt werden.
FOTO: IRIS MAURER Das ehemalige Schwestern­wohnheim ist denkmalges­chützt, aber baufällig. Ideen für eine neue Nutzung existieren bereits, aber zunächst muss die Finanzieru­ng geklärt werden.
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FOTO: IRIS MAURER Die Podiumsdis­kussion fand in der Aula Sulzbach statt. v.l.n.r.: Alexander Schwehm (Architekte­nkammer), Bürgermeis­ter Michael Adam, Moderatori­n Ilka Desgranges, Jens Stahnke (Architekte­nkammer).

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