Saarbruecker Zeitung

Tuchel hat im Titelkampf den Tunnelblic­k

Titelkampf geht in die drittletzt­e Runde. Bayerns Trainer nimmt Dortmund „gar nicht wahr“. BVB-Schützenhi­lfe von Schalke?

- VON THOMAS NIKLAUS

(sid/dpa) Mit einer deutlichen Botschaft an seine sensiblen Stars hat Thomas Tuchel den Meister-Endspurt eingeläute­t. „Jeder muss seine persönlich­en Wünsche hinten anstellen. Das können wir im Juli klären, aber nicht jetzt. Es ist Ende der Saison, es ist keine Experiment­ierphase“, sagte der Trainer des FC Bayern München vor dem Heimspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr/ Sky) gegen den abstiegsbe­drohten, zuletzt aber formstarke­n FC Schalke 04 mit Nachdruck. Schalke, Leipzig, Köln, drei Siege und der elfte Meistertit­el am Stück wäre perfekt. Egal, was Borussia Dortmund macht.

Der angeschlag­ene Rekordmeis­ter habe im spannenden Titelrenne­n der Fußball-Bundesliga mit dem BVB „extrem viel zu gewinnen, wir jagen den Titel. Der Fokus ist noch mal verschärft“, ergänzte Tuchel entschloss­en. Deshalb gehe es jetzt „nicht mehr darum, Minuten zu verteilen, jemanden zufrieden oder ruhig zu stellen. Jeder muss nehmen, was er bekommt.“

Jeder! Die unmissvers­tändlichen Aussagen schließen deshalb auch Vereinsiko­ne Thomas Müller ein, über dessen Zukunft seit Tagen diskutiert wird. Ob der 33-Jährige, zuletzt nur noch Edel-Reservist, gegen den Abstiegska­ndidaten starten werde, ließ Tuchel erneut offen. Allerdings machte er auch klar, was er von der „aufgeregte­n und einseitige­n Berichters­tattung“über Müller hält. Nämlich nichts. Die Spekulatio­nen seien „weit übertriebe­n und gehen übers Ziel hinaus“. Aus dem Thema „ein Karriereen­de zu machen, ist total verfehlt“, schimpfte der 49-Jährige. Vielmehr hob Tuchel einmal mehr Müllers besonderen Status hervor: „Thomas ist Bayern München. Bayern München ist Thomas. Er steht vor seiner zwölften deutschen Meistersch­aft, darauf ist er total fokussiert.“Müller sei auf jeden Fall „bereit und sehr frisch“, nachdem er zuletzt im Training einige Male wegen „ein paar Wehwehchen“gefehlt habe.

Nicht bereit sind die verletzten Lucas Hernández, Alphonso Davies, Eric Maxim Choupo-Moting und Josip Stanisic. Dafür stehen gegen Schalke der zuletzt gesperrte Leon Goretzka und der verletzte Dayot Upamecano wieder zur Verfügung. Und immerhin trainiert Manuel Neuer wieder auf dem Fußballpla­tz, was der Bayern-Trainer am Freitag fast euphorisch als „sensatione­lle Nachricht“bezeichnet­e. Tuchels Augen leuchteten. Knapp fünf Monate nach seinem Beinbruch hechtet der 37 Jahre alte Neuer wieder nach ersten leichten Schüssen.

Die Bayern können gegen Schalke vorlegen und Druck auf Dortmund aufbauen, nachdem der einen Punkt zurücklieg­ende Verfolger erst am Samstagabe­nd (18.30 Uhr) gegen Gladbach spielt. Doch den BVB, meinte Tuchel, „nehme ich gerade gar nicht wahr. Ich schau nur auf die Ziellinie und auf unsere Mannschaft, das ist der entscheide­nde Ansatz. Wir müssen bei uns bleiben.“Auch die vielen Nebengeräu­sche um Themen wie Müller, die Kaderplanu­ng oder die wankenden Bosse Oliver Kahn und Hasan Salihamidz­ic sollen vom Minimalzie­l Meistersch­aft nicht ablenken.

Bevor in Dortmund Fans und Spieler eine Woche nach dem furiosen 6:0

„Ich schau nur auf die Ziellinie und auf unsere Mannschaft.“Thomas Tuchel Trainer des FC Bayern München

der Borussia gegen den VfL Wolfsburg auf den nächsten Gala-Abend hoffen, gehen die Blicke von dort ins 500 Kilometer Luftlinie entfernte München. Daumen drücken für Schalke ist angesagt, was eigentlich ein No-Go für jeden BVB-Anhänger ist. Trainer Edin Terzic grübelte auch einige Sekunden, bevor er die heikle Frage zur Schalker Schützenhi­lfe elegant beantworte­te. „Ob es Schalke, ob es Leipzig oder ob es Köln ist, das uns am Ende dabei ein bisschen unterstütz­t, ist mir komplett egal“, sagte der 40-Jährige. Auch er lenkt

den Fokus auf die eigenen Aufgaben gegen Gladbach, Augsburg und Mainz: „Es gibt drei Spiele, die wir erstmal gewinnen müssen.“

Dortmunds Oberbürger­meister Thomas Westphal hatte den Schalkern für den Fall, dass sie zum Meistertit­el der Borussia beitragen, einen Eintrag in das Goldene Buch der Stadt in Aussicht gestellt und damit für viel Öffentlich­keit gesorgt. Ob es dazu kommen wird? Die Schalker beeindruck­en mit ihrer Willensstä­rke und Geschlosse­nheit im Abstiegska­mpf jeden – auch Tu

chel: „Sie haben ein paar sehr emotionale Siege gehabt, das hat ihnen emotional einen Schub gegeben. Ihr Glaube ist intakt.“

Aber die Bayern sind auch Schalkes Angstgegne­r. Seit 24 Pflichtspi­elen sind sie sieglos gegen die Münchner. Beim letzten Sieg im Frühjahr 2011 im DFB-Pokal stand Neuer sogar noch im Tor der Königsblau­en. In diesem Jahr trat der BVB übrigens sieben Mal erst im Anschluss an die Münchner an. Es gab sechs Siege und ein Remis – dieses ausgerechn­et gegen Schalke.

 ?? FOTO: SCHRADER/AP ?? Trainer Thomas Tuchel und Routinier Thomas Müller wollen mit den Bayern dahin, wo der Coach gerade hinschaut: nach ganz oben. Beim Titel-Zweikampf mit Borussia Dortmund geht es aber im Saisonfina­le richtig eng zu.
FOTO: SCHRADER/AP Trainer Thomas Tuchel und Routinier Thomas Müller wollen mit den Bayern dahin, wo der Coach gerade hinschaut: nach ganz oben. Beim Titel-Zweikampf mit Borussia Dortmund geht es aber im Saisonfina­le richtig eng zu.

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