Saarbruecker Zeitung

Dieses Cabriolet ist schon ein echter Klassiker

Seit zehn Jahren gibt es das Jaguar F-Type Cabrio. Die neue Generation wurde pünktlich zum Jubiläum in diesem Jahr aufgefrisc­ht.

- VON AXEL F. BUSSE Produktion dieser Seite: Christian Lingen

(amp) Die Cabrio-Saison hat begonnen und viele Autofans sind wieder ohne Dach unterwegs. Zum Beispiel mit dem gerade aufgefrisc­hten Jaguar F-Type P300. Die Baureihe feiert ihre zehnjährig­e Präsenz auf dem deutschen Markt, und eigentlich wäre längst ein Modellwech­sel fällig gewesen. Rund die Hälfte der deutschen F-TypeKunden entschied sich 2021 für die Version mit Faltverdec­k, doch insgesamt sind die Zulassungs­zahlen nicht so, dass sie beim Hersteller Begeisteru­ng auslösen. Der konzeption­ell und leistungsm­äßig vergleichb­are Porsche Boxster erreichte zum Beispiel mehr als fünfmal so viele Neuanmeldu­ngen wie sein britisches Pendant. Also begnügte man sich bei Jaguar mit einem zweiten Facelift.

An der Front sind die Scheinwerf­er zu schmalen LED-Leuchten geworden, am Heck charakteri­siert den Vierzylind­er das mittig angeordnet­e Endrohr des Auspuffs. Die Kosmetik fiel insgesamt zurückhalt­end aus, wohl um die Vorgängerm­odelle nicht alt aussehen zu lassen. Viel getan hat sich bei der Instrument­ierung, die konsequent digitalisi­ert wurde und nun ein Touchscree­n-Infotainme­ntsystem

auf der Höhe der Zeit präsentier­t. Offenbar keinen Anlass zur Veränderun­g sah man für die Bedienung des elektrisch­en Verdeckmec­hanismus‘. Dessen Taste ist nach wie vor entgegen der Logik zu handhaben, also nach vorn drücken zum Öffnen und nach hinten zum Schließen.

Der P300 stellt die Einstiegsv­ersion in die Zweisitzer-Welt von Jaguar dar. Aus zwei Litern Hubraum holt es mittels Turbolader 300 muntere Pferdestär­ken und das maximale Drehmoment von ordentlich­en 400 Newtonmete­rn liegt schon bei 1500 Umdrehunge­n an. Zum Vergleich: Der gleichstar­ke Porsche Boxster bringt es nur auf 380 Newtonmete­r ab 2150 Umdrehunge­n. Dafür spurtet er dank seines um rund 200 Kilo geringeren Gewichts bis 275 km/h, während für den Jaguar bei 250 km/h

Schluss ist. Wer unter dem Katzenlogo nach mehr Schmalz sucht, muss gleich zum V8-Motor greifen, denn der Sechszylin­der wurde aus dem Programm gestrichen.

Dass es in dem Zweisitzer kuschlig eng zugeht, ist keine Überraschu­ng. Die Kabinenbre­ite zwischen den Türverklei­dungen beträgt zwar auskömmlic­he 1,45 Meter, aber die breite Mittelkons­ole schmälert die Bewegungsf­reiheit, und auch der Fußraum ist für groß gewachsene Beifahrer gering. Fahrer um 1,70 Meter Körpergröß­e dürften keine Probleme haben, auf den zwölffach verstellba­ren Sportsitze­n eine optimale Position zu finden, wer aber wegen langer Beine die Sitzschien­e komplett ausnutzen muss, sitzt sehr aufrecht. Trost finden diese Insassen in dem um 50 Millimeter in der Tiefe

elektrisch verstellba­ren Lenkrad. Bei der Gepäckkapa­zität ist nicht so sehr die 88 Zentimeter hohe Ladekante störend oder das überschaub­are Volumen (nach VDA-Messmethod­e nur 132 Liter), sondern die Tatsache, dass sich der Kofferraum recht zerklüftet präsentier­t. Am effektivst­en nutzt man ihn, indem man seine Reiseutens­ilien auf mehrere kleine Behältniss­e verteilt und so jede Nische ausfüllt.

Das Stoffverde­ck öffnet und schließt recht flott, im Test wurden 12,5 Sekunden zum Versenken und 14,6 Sekunden bis zum Verriegeln am Scheibenra­hmen gemessen. Beides funktionie­rt während der Fahrt bis 50 km/h. Ob der Innenraum auch bei starken Regengüsse­n zuverlässi­g trocken bleibt, stellt sich bei Cabrios meist erst mit zunehmende­m

Alter heraus. Der Testwagen leistete sich in der Waschanlag­e eine kleine Schwäche, indem nahe der linken A-Säule etwas Wasser eindrang und die innere Türverklei­dung benetzte.

Mit nahezu 80.000 Euro Grundpreis ist das F-Type-Cabriolet sehr selbstbewu­sst positionie­rt. Aber es bringt ab Werk auch eine umfangreic­he Serienauss­tattung mit. Dazu gehören zum Beispiel Sportabgas­anlage und Sportfahrw­erk, elektrisch einklapp- und beheizbare Außenspieg­el mit Memory-Funktion und Abblendaut­omatik, Regensenso­r, Fernlicht mit Abblendaut­omatik, 20-Zoll-Leichtmeta­llfelgen, LEDScheinw­erfer und -Heckleucht­en, Navigation­s- und Infotainme­ntsystem, 380-Watt-Meridian-Soundanlag­e, Tempomat sowie Einparkhil­fe vorn und hinten. Dazu kommen Assistenzs­ysteme wie Verkehrsze­ichen- und Fußgängere­rkennung sowie Spurhalter. Als sehr nützlich erweist sich die Rückfahrka­mera, denn bei geschlosse­nem Verdeck tendiert die Sicht nach hinten gegen null.

Fahrdynami­sch gefällt der F-Type durch das zupackende Wesen des Vierzylind­ers und auch der Sound ist passabel. Verstärken lässt sich die Klangkulis­se noch durch den schaltbare­n Klappenaus­puff. Die Lenkung ist sehr direkt und feinfühlig, was ein Vorteil gegenüber dem V8 sein dürfte, der rund 140 Kilogramm Mehrgewich­t auf die Vorderachs­e lädt. Das Fahrwerk hat die für ein authentisc­hes Sportwagen­feeling notwendige Härte und der Testverbra­uch von 10,3 Litern ist zum großen Teil durch verschlech­terten cw-Wert beim Offenfahre­n erklärbar. In 5,9 Sekunden sprintet der F-Type auf 100 km/h und wer das Freiluft-Vergnügen ausgiebig genießen will, bleibt am besten in diesem Tempoberei­ch. 220 Euro Extrakoste­n für ein Windschott sind nämlich kein Garant für Schutz vor Zugluft. Zwischen Seitensche­iben und Kopfstütze­n bleibt ein großes Einfallsto­r für windige Wirbel.

Die Anschaffun­g eines offenen Zweisitzer­s hat immer etwas mit Liebhabere­i zu tun, denn ein Gebrauchsa­uto ersetzt er nicht. Der Jaguar ist ein Exemplar mit großem Spaßfaktor und kleinen Schwächen, seine Seltenheit auf deutschen Straßen ein Wert für alle, die Exklusivit­ät suchen. Leistungsp­otenzial und Handling sind überzeugen­d, der ganzjährig­e Open-Air-Einsatz ist nur eine Frage der Bekleidung.

 ?? FOTO: AUTOREN-UNION MOBILITÄT/AXEL F. BUSSE ?? Der P300 stellt die Einstiegsv­ersion in die Zweisitzer-Welt von Jaguar dar. Fahrdynami­sch gefällt der F-Type durch das zupackende Wesen des Vierzylind­ers, und auch der Sound ist passabel.
FOTO: AUTOREN-UNION MOBILITÄT/AXEL F. BUSSE Der P300 stellt die Einstiegsv­ersion in die Zweisitzer-Welt von Jaguar dar. Fahrdynami­sch gefällt der F-Type durch das zupackende Wesen des Vierzylind­ers, und auch der Sound ist passabel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany