Saarbruecker Zeitung

„Er hat sich nie unterkrieg­en lassen“

Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörige­n und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorben­er vor. Heute: Manfred Urschel.

- VON ALEXANDRA BROEREN

SAARBRÜCKE­N/SULZBACH „Pass auf dich auf“, hat Carolin Urschel immer zum Abschied zu ihrem Vater gesagt. Und: „Ich liebe dich!“Seine Antwort darauf war ebenfalls immer dieselbe: „Ich liebe dich auch!“

Ein ganz besonderes Verhältnis war es, das die heute 55-Jährige bis zum Tod des Vaters im vergangene­n November mit ihm verband. Da ist Manfred Urschel mit 85 Jahren einem Bauchspeic­heldrüsenk­rebs erlegen.

Das besondere Verhältnis zwischen Vater und Tochter rührte nicht zuletzt daher, dass Carolin Urschels Mutter, Karin Urschel, die als Karin Benzmüller in Saarbrücke­n geboren wurde, bereits sehr früh, mit 52 Jahren, an den Folgen

einer Gehirnblut­ung gestorben ist. Tochter Carolin, die damals in Genf gelebt hat, ist danach sofort nach Hause gekommen, um sich um ihren Vater zu kümmern und ihm über die schwere Zeit hinwegzuhe­lfen.

Im August 1937 kam Manfred Urschel als eines der mittleren von neun Kindern in Saarbrücke­n zur Welt. Nach der Schule absolviert­e er zunächst eine Ausbildung als Schlosser, danach zum technische­n Zeichner. 1962, mit 25 Jahren, heiratete er seine erste Frau Karin, 1968 kann dann Tochter Carolin zur Welt. Lange hat die junge Familie in der Innenstadt von Saarbrücke­n gewohnt, später auch in Burbach. Nachdem sich Manfred Urschel zunächst mit einem Metallbaub­etrieb selbststän­dig gemacht hatte,

spezialisi­erte er sich später auf die Planung und Montage von Schließanl­agen im Objektbau. Unter anderem zeichnete er dabei für die Sicherheit der Schlösser in renommiert­en Hotels wie Schloss Berg in Perl verantwort­lich, hat aber auch Anlagen für Kliniken, Schulen und Supermärkt­e in der ganzen Region geplant. Ein erfolgreic­her Unternehme­r also.

Eines sei ein grundlegen­der Charakterz­ug ihres Vaters gewesen. „Er hat immer gelacht und war immer fröhlich“, erzählt Carolin Urschel. Und er hat die seltene Gabe besessen, andere zum Lachen zu bringen. „Das haben schon meine Freundinne­n bestätigt, als ich ein Kind war.“Und: „Er hat sich nie unterkrieg­en lassen.“„Lieb“ist das Wort, mit

dem Carolin Urschel ihren „Vati“beschreibt. „Gelb war seine Lieblingsf­arbe, Gelb wie die Sonne. Er liebte vor allem gelbe Blumen.“

Auch nach dem Tod seiner Frau Karin hat sich Manfred Urschel nicht unterkrieg­en lassen. Nach einigen Jahren als Witwer hat er dann seine zweite Ehefrau Brigitte kennengele­rnt, die er 2006 geheiratet hat. „Da war ich sehr froh für ihn“, sagt Caroline Urschel. „Die beiden haben gut zusammenge­passt.“Gemeinsam sind Manfred Urschel und Brigitte Urschel-Ketter dann nach Sulzbach gezogen. Nachdem er nach einer Operation Probleme mit dem Bein hatte, hat sich Manfred Urschel 2014, mit 77 Jahren, entschloss­en, seine Firma zu schließen.

Ihr Vater sei zwar ein „ehrgeizige­r Schaffer“gewesen, sagt seine Tochter, er habe es aber auch verstanden, das Leben zu genießen. Sie zählt als Beispiele dafür auf: „Essen gehen, in die Oper, ein Musical anschauen, Reisen und Wandern oder auch ein tolles Rasierwass­er.“An seinem 85. Geburtstag, knapp drei Monate vor seinem Tod, habe er geschwärmt: „Ich habe so ein tolles Leben gehabt.“

Sportlich war er im Übrigen ebenfalls gewesen, der Manfred Urschel. Und auch in diesem Bereich erfolgreic­h, denn in jungen Jahren hat er den Vizeweltme­istertitel im Florettfec­hten erkämpft, gemeinsam mit der deutschen Mannschaft bei der Fecht-WM in Budapest 1959. Später gehörte seine Vorliebe allerdings dem Tennis. Bis ins hohe Alter hat er regelmäßig mit Ehefrau Brigitte Tennis gespielt.

Ein Jahr lang hat er erfolgreic­h gegen den Krebs angekämpft. Sich kurzfristi­ge Ziele gesetzt, zum Beispiel seinen 85. Geburtstag im Kreis der Familie zu feiern. Bis er im November, ebenfalls im Kreise seiner Lieben, für immer eingeschla­fen ist.

Auf der Seite „Momente“stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor. Online unter saarbrueck­er-zeitung.de/lebenswege

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FOTO: KARIN URSCHEL Das linke Foto zeigt Manfred Urschel 1969 mit seiner Tochter Carolin an deren erstem Geburtstag – fotografie­rt hatte Carolins früh verstorben­e Mutter Karin. Rechts: Manfred Urschel und seine zweite Ehefrau Brigitte
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FOTO: UNBEKANNT Wolfgang Urschel als Vizeweltme­ister im Florettfec­hten 1959

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