„Er hat sich nie unterkriegen lassen“
Wie ist das, von einem geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen? Die SZ spricht mit Angehörigen und Freunden und stellt in einer Serie Lebenswege Verstorbener vor. Heute: Manfred Urschel.
SAARBRÜCKEN/SULZBACH „Pass auf dich auf“, hat Carolin Urschel immer zum Abschied zu ihrem Vater gesagt. Und: „Ich liebe dich!“Seine Antwort darauf war ebenfalls immer dieselbe: „Ich liebe dich auch!“
Ein ganz besonderes Verhältnis war es, das die heute 55-Jährige bis zum Tod des Vaters im vergangenen November mit ihm verband. Da ist Manfred Urschel mit 85 Jahren einem Bauchspeicheldrüsenkrebs erlegen.
Das besondere Verhältnis zwischen Vater und Tochter rührte nicht zuletzt daher, dass Carolin Urschels Mutter, Karin Urschel, die als Karin Benzmüller in Saarbrücken geboren wurde, bereits sehr früh, mit 52 Jahren, an den Folgen
einer Gehirnblutung gestorben ist. Tochter Carolin, die damals in Genf gelebt hat, ist danach sofort nach Hause gekommen, um sich um ihren Vater zu kümmern und ihm über die schwere Zeit hinwegzuhelfen.
Im August 1937 kam Manfred Urschel als eines der mittleren von neun Kindern in Saarbrücken zur Welt. Nach der Schule absolvierte er zunächst eine Ausbildung als Schlosser, danach zum technischen Zeichner. 1962, mit 25 Jahren, heiratete er seine erste Frau Karin, 1968 kann dann Tochter Carolin zur Welt. Lange hat die junge Familie in der Innenstadt von Saarbrücken gewohnt, später auch in Burbach. Nachdem sich Manfred Urschel zunächst mit einem Metallbaubetrieb selbstständig gemacht hatte,
spezialisierte er sich später auf die Planung und Montage von Schließanlagen im Objektbau. Unter anderem zeichnete er dabei für die Sicherheit der Schlösser in renommierten Hotels wie Schloss Berg in Perl verantwortlich, hat aber auch Anlagen für Kliniken, Schulen und Supermärkte in der ganzen Region geplant. Ein erfolgreicher Unternehmer also.
Eines sei ein grundlegender Charakterzug ihres Vaters gewesen. „Er hat immer gelacht und war immer fröhlich“, erzählt Carolin Urschel. Und er hat die seltene Gabe besessen, andere zum Lachen zu bringen. „Das haben schon meine Freundinnen bestätigt, als ich ein Kind war.“Und: „Er hat sich nie unterkriegen lassen.“„Lieb“ist das Wort, mit
dem Carolin Urschel ihren „Vati“beschreibt. „Gelb war seine Lieblingsfarbe, Gelb wie die Sonne. Er liebte vor allem gelbe Blumen.“
Auch nach dem Tod seiner Frau Karin hat sich Manfred Urschel nicht unterkriegen lassen. Nach einigen Jahren als Witwer hat er dann seine zweite Ehefrau Brigitte kennengelernt, die er 2006 geheiratet hat. „Da war ich sehr froh für ihn“, sagt Caroline Urschel. „Die beiden haben gut zusammengepasst.“Gemeinsam sind Manfred Urschel und Brigitte Urschel-Ketter dann nach Sulzbach gezogen. Nachdem er nach einer Operation Probleme mit dem Bein hatte, hat sich Manfred Urschel 2014, mit 77 Jahren, entschlossen, seine Firma zu schließen.
Ihr Vater sei zwar ein „ehrgeiziger Schaffer“gewesen, sagt seine Tochter, er habe es aber auch verstanden, das Leben zu genießen. Sie zählt als Beispiele dafür auf: „Essen gehen, in die Oper, ein Musical anschauen, Reisen und Wandern oder auch ein tolles Rasierwasser.“An seinem 85. Geburtstag, knapp drei Monate vor seinem Tod, habe er geschwärmt: „Ich habe so ein tolles Leben gehabt.“
Sportlich war er im Übrigen ebenfalls gewesen, der Manfred Urschel. Und auch in diesem Bereich erfolgreich, denn in jungen Jahren hat er den Vizeweltmeistertitel im Florettfechten erkämpft, gemeinsam mit der deutschen Mannschaft bei der Fecht-WM in Budapest 1959. Später gehörte seine Vorliebe allerdings dem Tennis. Bis ins hohe Alter hat er regelmäßig mit Ehefrau Brigitte Tennis gespielt.
Ein Jahr lang hat er erfolgreich gegen den Krebs angekämpft. Sich kurzfristige Ziele gesetzt, zum Beispiel seinen 85. Geburtstag im Kreis der Familie zu feiern. Bis er im November, ebenfalls im Kreise seiner Lieben, für immer eingeschlafen ist.
Auf der Seite „Momente“stellt die SZ im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Online unter saarbruecker-zeitung.de/lebenswege