„Land sollte Investitionskosten übernehmen“
Die Krankenkasse Barmer kritisiert die steigenden Eigenanteile, die pflegebedürftige Saarländer in den Heimen bezahlen müssen, und fordert Hilfe von der Landesregierung.
SAARBRÜCKEN Die Geschäftsführerin der Krankenkasse Barmer im Saarland, Dunja Kleis, fordert das Land auf, die Investitionskosten für die Pflegeheime zu übernehmen. Dazu wären im Jahr 84 Millionen Euro erforderlich. „Angesichts des saarländischen Haushaltsetats von 5,4 Milliarden Euro in diesem Jahr halte ich das für machbar“, sagt Kleis. Nachdem die neue SPD-Landesregierung jetzt ein Jahr im Amt ist, hat die Barmer die Situation im zahlbaren Pflege zähle, sagt Kleis. Die Übernahme der Investitionskosten durch das Land sei also gut zu begründen.
Neben den Investitionskosten müssen Pflegebedürftige auch für Unterbringung und Verpflegung bezahlen. Im Saarland sind das durchschnittlich 1037 Euro. Weiterhin werden die Pflegebedürftigen mit 168 Euro im Monat an der Ausbildungsumlage beteiligt. Mit diesem Geld wird die Ausbildung neuer Pflegekräfte finanziert.
Was die finanziellen Möglichkeiten vieler pflegebedürftiger Heimbewohner deutlich übersteigt, ist der Eigenanteil, den sie monatlich für ihre Pflege entrichten müssen. Da diese Kosten in den vergangenen Jahren unaufhaltsam gestiegen sind, gibt es seit dem Jahr 2022 Zuschüsse von der Pflegekasse. Deren
Höhe hängt davon ab, wie viele Jahre ein Pflegebedürftiger bereits im Heim wohnt. Im ersten Jahr des Heimaufenthalts schießt die Pflegekasse fünf Prozent des pflegebedingten Eigenanteils zu, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und danach 70 Prozent.
Diese Zuschüsse sollen ab Januar 2024 steigen. Ein entsprechender Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums sieht vor, dass die Pflegekasse dann im ersten Jahr 15 Prozent, im zweiten Jahr 30 Prozent, im dritten Jahr 50 Prozent und ab dem vierten Jahr 75 Prozent dazu gibt.
Trotz der Zuschüsse der Pflegekassen müssen derzeit Pflegeheimbewohner im Saarland im ersten Jahr allein für die Pflege einen Eigenanteil von 1228 Euro aufbringen, im zweiten Jahr 970 Euro, im dritten Jahr 711 Euro und ab dem vierten Jahr 388 Euro.
Betrachtet man die gesamte Eigenbeteiligung – Investitionskosten, Unterbringung und Verpflegung, Ausbildungsumlage sowie Pflege – die Pflegeheimbewohner im Saarland im Schnitt übernehmen müssen, so kommt man auf Summen, die weit über der durchschnittlichen Netto-Rente liegen. Diese beträgt derzeit für Männer rund 1200 Euro und für Frauen rund 850 Euro. Die Gesamt-Eigenanteile im Pflegeheim belaufen sich indes auf 2950 Euro im ersten Jahr, 2692 Euro im zweiten, 2433 Euro im dritten und 2110 Euro ab dem vierten Jahr.
„Pflegeheimbewohner im Saarland müssen für ihren Platz im Heim rund jeden vierten bis sechsten Euro für die Investitionskosten ausgeben“, sagt Kleis. „Von einer sehr viel deutlicheren Bezuschussung durch das Land würden im Saarland 13 600 Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner profitieren.“
Um die Beiträge zur Pflegeversicherung zu stabilisieren, zahlt der Bund seit vergangenem Jahr einen jährlichen Zuschuss von einer Milliarde Euro. „Dennoch werden die Kosten weiter steigen“, sagt Kleis. Mehrere Entwicklungen seien dafür ausschlaggebend: die hohe Inflation, die im vergangenen Jahr deutlich gestiegenen Personalkosten durch bessere Personalschlüssel und Gehaltserhöhungen, der Umstieg von drei Pflegegraden auf fünf Pflegestufen, wodurch mehr Menschen Anspruch auf Pflege haben, und der demografische Wandel, der zu mehr Pflegebedürftigen führt.
Um weitere Bundeszuschüsse zu vermeiden, wird der allgemeine Beitragssatz zur Pflegeversicherung zum 1. Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte angehoben. Der Spitzensatz liegt dann bei vier Prozent des Bruttoeinkommens für Kinderlose, für Beitragszahler mit Kindern sinkt der Anteil mit jedem weiteren Kind stärker. Bei fünf Kindern sind es noch 2,4 Prozent. Insgesamt erhofft sich die Bundesregierung Mehreinnahmen in Höhe von 6,6 Milliarden Euro im Jahr.
Ein weiteres Problem sei der anhaltende Mangel an Fachkräften in den Pflegeheimen, sagt Kleis. Neue Mitarbeiter seien immer schwerer zu finden. „Die Arbeit in einem Pflegeheim belastet Körper und Seele. Die Barmer versucht daher wie andere Krankenkassen auch, das betriebliche Gesundheitsmanagement in den Häusern zu stärken“.
Das reicht von der Förderung regelmäßiger Bewegung und gesunder Ernährung über Stressbewältigung durch Entspannung, einen gesundheitsgerechten Führungsstil sowie altersgerechte Arbeitsbedingungen bis hin zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, beispielsweise durch verlässliche Dienstpläne.