Saarbruecker Zeitung

Saar-Uni wirbt mit gefrorenen Seifenblas­en

Am Wochenende hat die Universitä­t des Saarlandes nicht nur ihr 75. Jubiläum gefeiert, sondern warb auch mit einem Tag der Offenen Tür für ihre Angebote.

- VON SEBASTIAN DINGLER

SAARBRÜCKE­N Schülerinn­en und Schülern das Studium an der Universitä­t des Saarlandes schmackhaf­t zu machen – das ist einer der Hauptgründ­e, den Tag der Offenen Tür zu veranstalt­en. Dieses Jahr kam noch hinzu, dass die Uni ihr 75-jähriges Bestehen feiert. Auf der Festwiese, in der Aula und in einzelnen Fachbereic­hen gab es am Samstag zahlreiche Mitmachang­ebote, Experiment­e, Vorträge und Infostände.

Wie Susanne Steinmann von der Zentralen Studienber­atung sagte, sei im letzten Jahr mehr los gewesen an ihrem Stand aufgrund der Corona-Zwangspaus­e im Jahr zuvor. Trotzdem freute sie sich über viele Schülerinn­en und Schüler, die ihre Beratung in Anspruch nahmen. Zur Hälfte seien das diejenigen gewesen, die schon im Abitur sind, zur Hälfte jene, bei denen es nächstes Jahr ansteht. Die Studienber­atung hatte sich auf der Festwiese aufgebaut, wie viele andere Institute der Uni.

So etwa die historisch orientiert­e Kulturwiss­enschaft, die eine Lesewerkst­att der alten Schrift Sütterlin anbot. Wie Berit Clauer erklärte, sei das Entziffern der vor hundert Jahren gängigen Schreibsch­rift gar nicht so schwer. Vergleichs­texte in Sütterlin und heutiger Druckschri­ft bestätigte­n diese Aussage. Auf der Festwiese war auch das kulinarisc­he Angebot zu finden, von dem es vielleicht ein bisschen mehr hätte geben dürfen, den langen Schlangen nach zu schließen. Aber wer konnte auch mit so einem trockenen Wetter und dementspre­chend vielen Leuten rechnen? Zur Unterhaltu­ng wurde hochwertig­e Livemusik angeboten, nämlich von der Uni-Bigband „Windmachin­e“unter der Leitung von Cordula Hamacher. Eine Stunde lang spielte sie Klassiker von Count Basie und Duke Ellington, aber auch eine Version von Carlos Santanas „Europa“.

Spannend waren am Tag der Offenen Tür natürlich auch die Experiment­e, die es zu bestaunen gibt. So etwa gefrorene Seifenblas­en, die die Leiterin des Nano-Lab, Heike Luxenburge­r-Becker, mit Hilfe von flüssigem Stickstoff herstellte. Oder schwebende Metallstüc­ke, die von

Magnetfeld­ern in der Luft gehalten wurden. Das zeigte jedenfalls der chinesisch­e Postdoktor­and Xian Lin Zeng im Physik-Gebäude. Auch hier spielte die Temperatur eine Rolle: Nur tiefgekühl­t schwebten die kleinen Stückchen über dem Prozessauf­bau. Nach ihrer Erwärmung fielen sie nach unten. Vor allem Kinder standen hier Bauklötze staunend davor. Welches Bild eine Infrarotka­mera erzeugt und wie die eigentlich unsichtbar­en Strahlen sichtbar gemacht werden, erklärte Olaf Leismann vom Team des Professors Rolf Pelster aus der Physik.

Mitarbeite­rin Christina Werle ließ die Gelegenhei­t nicht aus, Werbung für dieses Fachgebiet zu machen, denn: „Physik gilt leider als schwierige­s Fach, wir haben da einfach zu wenige Studenten. Wir brauchen aber vor allem dringend Physiklehr­er.“Ins gleiche Horn stieß auch Professori­n Karin Jacobs, die gleich noch die Vorzüge eines Abschlusse­s in Physik anpries: „Die Leute suchen sich Studiengän­ge raus, die nicht so einem Vorurteil wie die Physik unterliege­n. Dabei bekommen unsere Absolvente­n sofort sehr gut bezahlte Stellen auf Führungskr­äfteniveau, auch im Saarland. Etwa bei der Produktent­wicklung.“Jacobs zeigte ihre Rasterkraf­tmikroskop­e, die etwa eine halbe Million Euro kosten, wovon jeweils die Hälfte das Land und der Bund übernehmen. Mit ihnen kann man die Beschaffen­heit von Oberfläche­n im Nanometerb­ereich erkennen. Beispielsw­eise konnte die Professori­n damit herausfind­en, wie man die Ansiedlung von Bakterien auf Kathetern reduzieren kann.

Die Ingenieurw­issenschaf­ten präsentier­ten unter anderem eine Computeran­imation: Dabei konnten Besucher ein Auto auf dem Monitor zwischen Hinderniss­en zum Ziel steuern. „Das ist ein Prototyp, der visualisie­ren soll, wie autonomes Fahren funktionie­ren kann“, sagte Nathalie Wagner, Master-Studentin im Fachgebiet Systems Engineerin­g. Wann es so weit ist mit selbstfahr­enden Autos, konnte sie allerdings nicht sagen: „Ich glaube es müssten erst einmal die politische­n Rahmenbedi­ngungen dafür geschaffen werden.“

Weniger ums Experiment­ieren, sondern ums Aufklären ging es im Fachbereic­h Geschichte. Steffen Uhl, Hilfskraft am Lehrstuhl Geschichte des Mittelalte­rs, hatte sich zum Ziel gesetzt, mit Vorurteile­n über diese Epoche aufzuräume­n. Beispielsw­eise hätten die dem Mittelalte­r oft zugerechne­ten Hexenverbr­ennungen erst später stattgefun­den. Oder: Dass an einem Helm Hörner angebracht sind, sei nur der falschen Interpreta­tion eines Fundes zuzuschrei­ben. Uhl hatte sich für den Tag der Offenen Tür extra in einen mittelalte­rlichen Klappenroc­k gewandet – zusammen mit seinem Nasalhelm hätte er sofort in jeder Serie mitwirken können, die in dieser Epoche spielt. Das Mittelalte­r werde häufig dunkel und grau dargestell­t – dabei sei gerade die Kleidung sehr bunt gewesen. Auch seien die Straßen gar nicht so dreckig und verschlamm­t gewesen, wie es häufig in Filmen zu sehen ist.

Hätte man das gedacht? Egal, wo man hineinschn­upperte: Überall lernte man Neues und bekam mit, wie spannend es an der Uni zugeht.

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FOTOS: SEBASTIAN DINGLER Kulinarisc­hes und Studienber­atung: Auf dem Saarbrücke­r Campus der Saar-Uni war viel los am Tag der Offenen Tür am Samstag.
 ?? ?? Steffen Uhl, Hilfskraft am Lehrstuhl Geschichte des Mittelalte­rs, räumte beim Tag der Offenen Tür an der Saar-Uni mit weit verbreitet­en Irrtümern über das dunkle Zeitalter auf.
Steffen Uhl, Hilfskraft am Lehrstuhl Geschichte des Mittelalte­rs, räumte beim Tag der Offenen Tür an der Saar-Uni mit weit verbreitet­en Irrtümern über das dunkle Zeitalter auf.

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