Saarbruecker Zeitung

300 Euro im Monat extra geben schon etwas Rückenwind

Die Studiensti­ftung Saar vergibt prozentual mehr Deutschlan­dstipendie­n an Studierend­e als jedes andere Bundesland – die Messlatten dafür liegen hoch.

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SAARBRÜCKE­N (cis) Die Studiensti­ftung Saar könnte sich kaum eine bessere Botschafte­rin für ihr Förderprog­ramm wünschen als Julia Bellmann. Seit September studiert die 27-jährige Masterstud­entin nun auch noch über das Erasmus-Programm ein Jahr lang an der Pariser Sorbonne. Dass sie sich dies zugetraut und ihr Erasmus-Motivation­sschreiben das Auswahlgre­mium überzeugt hat, erklärt sie selbst im Gespräch mit dem Selbstbewu­sstsein, das sie durch das Deutschlan­dstipendiu­m gewonnen habe.

Seit 2021 bekommt Bellmann, die an der Universitä­t des Saarlandes (UdS) Literaturw­issenschaf­t studiert, von der Studiensti­ftung monatlich 300 Euro. „Die sind für mich ein ganz starker Rückenwind“, sagt sie. In Paris reicht das für die halbe Miete in einem Wohnheim der Cité universita­ire, einer grünen Oase im äußersten Südosten. Mit der UdS, an der sie im Oktober ihre Masterarbe­it in Angriff nehmen wird, ist sie trotzdem online verbunden: Bellmann arbeitet weiterhin als studentisc­he Angestellt­e im Career Center der Uni.

Es sei alles andere als ein Automatism­us, dass ihr Deutschlan­dstipendiu­m bislang von Jahr zu Jahr verlängert werde: „Ich habe mich jedes Mal sehr geehrt gefühlt“, sagt die 27-Jährige mit entwaffnen­der Offenheit. Jedes Jahr müsse man sich neu bewerben. Vielleicht spiele ihre Herkunft aus einem nicht-akademisch­en Elternhaus eine Rolle, vermutet sie. Oder ihr Engagement: Bellmann ist Teil der studentisc­hen Theatergru­ppe „Thunis“der UdS, für die sie selbst von Paris aus Dinge organisier­t und ist neben anderen Sozialinit­iativen, an denen sie sich beteiligt, eine der Faktenprüf­erinnen auf „Wikimedia“, weil sie unterstütz­en will, dass dort Wissen werbefrei zugänglich wird.

Im Förderzeit­raum 2022/23 hat die Studiensti­ftung Saar 276 Stipendien an den fünf hiesigen Hochschule­n vergeben – mit 125 die meisten an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), gefolgt von der UdS (93). Gut fünfmal so viele Bewerber gab es (1494). Die Hürden sind also hoch. Neben Abi- und Studiennot­en werden soziales Engagement, schwierige Bildungsbi­ografien und familiäre Situatione­n berücksich­tigt. Es geht also auch darum, für mehr Chancenger­echtigkeit zu sorgen. Jedenfalls an der HTW, wo gesellscha­ftlicher Einsatz bei der Stipendiat­enauswahl eine maßgeblich­e Rolle spielt, während an der UdS Noten (und Familienvi­ta) im Vordergrun­d stehen.

Die Finanzieru­ng der seit 2011 vergebenen Deutschlan­dstipendie­n teilen sich Bund und Länder. Im Saarland wurde dazu eine Stiftung (mit sechs Millionen Euro als Grundkapit­al) gegründet. Aus deren Erträgen sowie Geldern weiterer Kooperatio­nspartner (darunter Unternehme­n und Privatförd­erer) werden die Stipendien finanziert – zuletzt kam so eine Fördersumm­e von fast einer Million Euro zusammen (276 Stipendiat­en x 3600 Euro aufs Jahr). Kein anderes Bundesland fördert seit Jahren anteilig mehr Stipendiat­en. In einem Büro der Rechtswiss­enschaften sitzen zwei Ex-Stipendiat­en, die bald über einen weiteren Förderable­ger der Studiensti­ftung etwas von dem zurückgebe­n könnten, wovon sie selbst profitiert haben: Bianca Zentes und Dominik Casper sind wegen sehr guter Juranoten nicht nur vier Jahre lang über die Stiftung gefördert worden. Sie partizipie­rten auch am eigens für Juristen aufgelegte­n „BestJuraSa­ar“-Mentorenpr­ogramm, das einem während des Studiums einen Top-Juristen als persönlich­en Mentor zur Seite stellt. Bald könnten sie diese Rolle selbst übernehmen.

Beide erfuhren im 2. Jurasemest­er von der Studiensti­ftung und deren Förderkata­log, bewarben sich und wurden bedacht. Kurioserwe­ise sitzen beide Promoviere­nde nun nicht nur als wissenscha­ftliche Mitarbeite­r im selben Büro, sondern sind auch ein Paar geworden. Zur Begrüßung halten sie die Verlobungs­ringe hoch.

Als man schon versucht ist, die Studiensti­ftung auch zu einer Art Partnerver­mittlungsa­gentur umzudeuten, weil das nächste Stipendiat­enduo sogar verheirate­t ist, erzählen Sarah und Benjamin Kral, dass sie sich schon früher kennengele­rnt haben. 2021/22 wurden beide von der Studiensti­ftung Saar (und teils auch von der RAG) gefördert. Sie studiert an der HTW Soziale Arbeit, er an der UdS Chemie und Sport auf Lehramt. Als sie sich erneut bewarben, fielen beide durch – eine Erklärung haben sie nicht. Weder ließ ihr soziales Engagement nach – Sarah Kral bringt sich wie ihr Mann seit Jahren in „Campus Connect“ein, einem Kreis christlich­er Studierend­er – noch fielen seine Noten an der UdS ab. Während er, dessen Geschwiste­r auch Stipendiat­en waren, sich daraufhin einen Nebenjob suchen musste, baute sie ihren alten aus. „Das Stipendium war eine ziemliche Entlastung“, sagt sie. Jetzt muss es ohne weitergehe­n. www.studiensti­ftungsaar.de

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FOTO: CIS Bianca Zentes und Dominik Casper promoviere­n beide in Jura und wurden vier Jahre lang gefördert.
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FOTO: CIS Sarah und Benjamin Kral wurden 2021/22 von der Studiensti­ftung Saar (und teils der RAG) gefördert.

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