Saarbruecker Zeitung

„Das Lehrerzimm­er“gewinnt Deutschen Filmpreis

Die Preisverle­ihung schien wegen „Im Westen nichts Neues“wenig spannend zu werden. Am Ende kam es zu einer Überraschu­ng.

- VON CAROLINE BOCK UND JULIA KILIAN Produktion dieser Seite: Vincent Bauer Annkathrin Allgöwer

BERLIN (dpa) Beim Deutschen Filmpreis hat die Literaturv­erfilmung „Im Westen nichts Neues“von Regisseur Edward Berger gleich neun Auszeichnu­ngen gewonnen. Die Goldene Lola für den besten Spielfilm ging allerdings an das Drama „Das Lehrerzimm­er“, wie die Filmakadem­ie in Berlin bekannt gab. Regisseur Ilker Çatak erzählt darin von einem Konflikt an einer Schule, der aus dem Ruder läuft. Der Film mit Schauspiel­erin Leonie Benesch gewann fünf Preise.

Benesch spielt eine Lehrerin, die eine Diebstahls­erie an ihrer Schule aufklären will und sich entscheide­t, dafür heimlich eine Kamera im Lehrerzimm­er mitlaufen zu lassen. Benesch wurde dafür als beste Hauptdarst­ellerin geehrt.

Çatak erhielt die Lola für die beste Regie. Als er die Auszeichnu­ng entgegenna­hm, erzählte er, dass er mit den Filmen von Fatih Akin großgeword­en sei. „Er war ein Leuchtturm und ich konnte zu ihm aufschauen. Und dafür danke ich dir, Fatih.“Çatak hat in der Vergangenh­eit etwa auch „Es gilt das gesprochen­e Wort“gedreht.

Das Antikriegs­drama „Im Westen nichts Neues“, das nach seinem Erfolg in Hollywood als Favorit gehandelt worden war, gewann mit neun Lolas die meisten Preise, verpasste aber den Hauptpreis. Stattdesse­n erhielt er die Lola in Silber. Der Film über den Ersten Weltkrieg basiert auf einem Roman von Erich Maria Remarque (1898-1970). Er hatte in den USA vier Oscars gewonnen. In Berlin wurde der Film etwa für Musik, Kameraführ­ung und Tongestalt­ung geehrt. Die Schauspiel­er Felix Kammerer und Albrecht Schuch erhielten jeweils eine Lola als bester Haupt- und Nebendarst­eller. Kammerer saß mit weißem Hemd und Perlenkett­e im Publikum und schlug bei der Nachricht die Hände vor dem Gesicht zusammen. Die Lola in Bronze ging an den Thriller „Holy Spider“über einen Frauenmörd­er im Iran.

Regisseur Volker Schlöndorf­f („Die Blechtromm­el“) wurde für herausrage­nde Verdienste um den deutschen Film geehrt. Hollywoods­tar John Malkovich und andere Filmschaff­ende würdigten seine Arbeit per Video. Viele hätten beim Blick auf die Preisliste sicher gedacht: „Ach der schon wieder?“, scherzte Schlöndorf­f in seiner Dankesrede für den Ehrenpreis. „Und ich habe sogar gedacht: „Habe ich den nicht schon?“Er bedankte sich unter Tränen etwa bei seiner früheren Partnerin, der Regisseuri­n Margarethe von Trotta.

Die Auszeichnu­ng für den besten Dokumentar­film ging an „Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine lassen“. Bester Kinderfilm wurde „Mission Ulja Funk“. „Die Schule der magischen Tiere 2“erhielt eine Auszeichnu­ng als besucherst­ärkster Film. Schauspiel­erin Jördis Triebel wurde als beste Nebendarst­ellerin für ihre Rolle in „In einem Land, das es nicht mehr gibt“geehrt.

Der Deutsche Filmpreis gehört zu den wichtigste­n Auszeichnu­ngen der Branche. Die Nominierun­gen und Auszeichnu­ngen sind mit insgesamt rund drei Millionen Euro für neue Projekte dotiert. Das Geld stammt aus dem Haus von Kulturstaa­tsminister­in Claudia Roth (Grüne). Zur Verleihung waren rund 1600 Gäste ins Theater am Potsdamer Platz eingeladen.

Moderatori­n Jasmin Shakeri warb anfangs rappend für die Kunstfreih­eit und griff mit „Jin, Jiyan, Azadi“(„Frau, Leben, Freiheit“) die Schlagwort­e der Protestbew­egung im Iran auf. Mehrfach eingegange­n wurde auch auf eine aktuelle Debatte zu

Arbeitsbed­ingungen. Kulturstaa­tsminister­in Roth mahnte eine offene Auseinande­rsetzung mit Missstände­n in der Branche an. Sie forderte dazu auf, Probleme zu benennen – etwa Abhängigke­itsverhält­nisse, Machtmissb­rauch und Übergriffe. Es brauche eine ehrliche und offene Auseinande­rsetzung. Es müsse möglich sein, darüber zu sprechen, was falsch laufe und was man verbessern könne. „Ein Klima der Angst können und wollen wir nicht dulden.“

Nach einem Spiegel-Bericht über angebliche Schikane und ein „Klima der Angst“bei den Dreharbeit­en zum Film „Manta Manta – Zwoter Teil“von Regisseur Til Schweiger hatte die Produktion­sfirma Constantin angekündig­t, mögliche Vorfälle am Set aufklären zu lassen. Schweigers Anwältin hatte dem Spiegel zu den Vorwürfen mitgeteilt, ein Teil der „Sachverhal­te“sei ihrem Mandanten „nicht bekannt“; ein anderer unterstell­e „angebliche Sachverhal­te, die es nicht gegeben hat“. Weiter hieß es dort, seit Jahren „kursierend­e Gerüchte“würden „zu Unrecht als tatsächlic­h“dargestell­t.

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FOTO: ALBERT/DPA Die Goldene Lola für den besten Spielfilm ging an das Drama „Das Lehrerzimm­er“. Regisseur Ilker Çatak durfte sich auch über den Regiepreis freuen.

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