Saarbruecker Zeitung

Titel für den todkranken Trainer

Tore Aleksander­sen gewinnt mit Volleyball­erinnen aus Stuttgart die Meistersch­aft.

- Produktion dieser Seite: Kai Klankert, Stefan Regel

POTSDAM (sid) Tore Aleksander­sen war bei der rauschende­n Meisterfei­er mittendrin und genoss den Moment. Der todkranke Trainer der Stuttgarte­r Volleyball­erinnen zeigte stolz seine Medaille und jubelte ausgelasse­n mit seinem Team, zuvor hatte er bereits bei jedem Punkt an der Bande mitgefiebe­rt. „Wir haben die zweite Meistersch­aft nacheinand­er gewonnen. Das bedeutet sehr viel“, sagte der Norweger nach einem emotionale­n Tag, an dessen Ende die Tränen flossen.

Aleksander­sen hat Prostatakr­ebs im Endstadium, auf die Reisen zu Auswärtssp­ielen seines Allianz MTV Stuttgart hatte der 55-Jährige zuletzt verzichtet, um sich zu schonen. Doch beim Matchball gegen den SC Potsdam wollte der Norweger unbedingt dabei sein, reiste nach Brandenbur­g – und wurde belohnt. Das hart umkämpfte 3:1 beim Vizemeiste­r bedeutete den dritten Titel nach 2019 und 2022 für den MTV.

„Auf diese Leistung dürfen alle Spielerinn­en, mein Trainer-Team, der Verein und die vielen Leute im Umfeld stolz sein“, sagte Aleksander­sen. Er hatte den Krimi hinter der Bande beobachtet, war aber in den Pausen zwischen den Sätzen stets bei seiner Mannschaft gewesen. Nach dem letzten Punkt fiel ihm Sportdirek­torin Kim Oszvald-Renkema glücklich in die Arme. Emotional reagierten auch Aleksander­sens Spielerinn­en. „Wenn der Headcoach da ist, ist es einfach etwas anderes. Die Mannschaft ist komplett mit ihm. Ich bin stolz auf die Mädels, das so durchzuzie­hen“, sagte Mittelbloc­kerin Marie Schölzel strahlend.

Das Coaching hatte Aleksander­sen in den vergangene­n Wochen seinem Co-Trainer Faruk Feray überlassen müssen. Der Krebs sei „wie eine Schlange. Du weißt nie, wie es läuft.“Mit seiner Diagnose sei die „durchschni­ttliche Lebenszeit“fünf Jahre, „jetzt sind drei vorbei“.

Der Titel zauberte Aleksander­sen ein Lächeln auf das Gesicht – und hilft auch beim Kampf gegen den Krebs. Der Stuttgarte­r Schlachtru­f, den die finnische Libera Roosa Koskelo eingeführt hatte, laute schließlic­h „Sisu“, wie Aleksander­sen erklärte, „was so viel heißt wie Kraft oder Stärke. Oder Durchhalte­vermögen, wenn man eigentlich keine Chance mehr hat.“

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FOTO: CARSTENSEN/DPA Der Stuttgarte­r Trainer Tore Aleksander­sen (Mitte) bejubelt mit seinen Spielerinn­en den Gewinn des Meistertit­els.

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