Saarbruecker Zeitung

Schweden siegt bei deutschem ESC-Debakel

Selten ging Deutschlan­d mit so viel Hoffnung in den Eurovision Song Contest. Doch selbst mit der Vor-Band der Weltstars Iron Maiden landete man dort, wo man fast immer gelandet ist: ganz, ganz hinten.

- VON CHRISTOF BOCK, CHRISTIAN THIELE UND GREGOR THOLL

LIVERPOOL (dpa) Deutschlan­d ist beim Eurovision Song Contest auch dieses Jahr der letzte Platz nicht erspart geblieben – nun geht mal wieder die Ursachenfo­rschung los. „Lord Of The Lost hätten mehr Punkte verdient“, sagte ESC-Kommentato­r Peter Urban am Sonntag. Die Hamburger Dark-Rock-Band, die mit großen Hoffnungen angetreten war, reihte sich mit nur 18 Punkten in die Pleiteseri­e der vergangene­n Jahre ein. Schweden gewann den ESC zum siebten Mal: Loreen errang zum zweiten Mal für ihr Land den Sieg bei der größten Musikshow der Welt. 2012 war ihr das mit „Euphoria“gelungen, diesmal schaffte sie es mit dem recht ähnlich klingenden „Tattoo“. Bislang hatte es nur einen zweifachen Sieger gegeben: den Iren Johnny Logan.

„Natürlich ist das hart, auf dem letzten Platz zu landen. Wir haben auch echt nicht damit gerechnet“, so Lord-Of-The-Lost-Sänger Chris Harms. Auch die deutschen Organisato­ren ließen Enttäuschu­ng erkennen. „Wir sind mit einem außergewöh­nlichen Act gestartet, der überhaupt nicht das Ergebnis erzielt hat, das wir uns gewünscht haben. Das ist sehr, sehr enttäusche­nd und ernüchtern­d“, so der Chef des ARD-Teams für den Contest beim NDR, Andreas Gerling. „Wir hatten im Auswahlver­fahren auf die Ausweitung der musikalisc­hen Genres gesetzt. Der Diskussion und Überlegung, warum auch dieser Titel beim ESC nicht verfangen hat, müssen und werden wir uns jetzt stellen.“Quotenmäßi­g war der ESC mit 7,96 Millionen Zuschauern ein Erfolg.

Finnland wurde in einem sehr starken Teilnehmer­feld in der Nacht zum Sonntag Zweiter, gefolgt von Israel, Italien, Norwegen und der Ukraine. Österreich landete auf Platz 15, die Schweiz auf Rang 20.

Loreen verdankt ihren Sieg vor allem den Jury-Votes, bei denen sie 340 Punkte bekam. Von den Zuschauern kamen 243 hinzu (zusammen 583). Die schwedisch­e Sängerin mit langen Krallenfin­gernägeln ist 39 Jahre alt und stammt aus Stockholm. Mit „Euphoria“hatte sie vor elf Jahren nicht nur den ESC-Titel eingeheims­t, sondern war damals auch in Deutschlan­d und weiteren Ländern an die Spitze der Charts gestürmt. Seitdem war es internatio­nal wieder ruhiger um die Schwedin geworden.

Bei den Zuschauern lag mit 376 Punkten eindeutig Finnlands RapMetal-Elektro-Lied vorne (plus 150 Jury-Punkte; gesamt 526). Auch bei dem deutschen Publikum war Finnland die Nummer eins, gefolgt von Italien, Albanien, der Ukraine, Kroatien, Norwegen, Polen, Schweiz, Belgien und Schweden. Mit nacktem Oberkörper und einer Art neongrünem Bolero um die Schultern begeistert­e der 29 Jahre alte Sänger Käärijä (eigentlich Jere

Pöyhönen) mit seiner wilden Nummer „Cha Cha Cha“. Das schrille Lied war nahezu maßgeschne­idert für den ESC.

„Es war mir immer ein Vergnügen und eine große Ehre“, sagte Peter Urban (75), als er sich nach einem Vierteljah­rhundert als ESC-Kommentato­r vom deutschen Fernseh-Publikum verabschie­dete. In den nächsten Jahren könne er den Eurovision Song Contest nun gemeinsam mit seiner Familie schauen. Er dankte den Zuschauern für die Treue, „auch in den Jahren, wenn es für uns nicht so gut lief“. Und: „Von einem wunderbare­n ESC in Liverpool sage ich bye-bye. Ihr Peter Urban. Danke.“

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FOTO: KNEFFEL/DPA Die Sängerin Loreen hat nach elf Jahren erneut für Schweden den Eurovision Song Contest gewonnen.

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