Saarbruecker Zeitung

Braucht es Kampfjets, muss geliefert werden

-

Erst waren es nur Helme, ganze 5000. Lächerlich. Dann kamen Gewehre und Schutzwest­en aus Deutschlan­d, später Schützenpa­nzer, Flugabwehr­panzer, Panzerhaub­itze 2000, Flugabwehr­systeme Patriot und Iris-T und dann – nach langem Zögern – auch schwere Kampfpanze­r des Typs „Leopard“– Made in Germany.

Deutschlan­d ist nach den USA und mit Großbritan­nien der größte militärisc­he Unterstütz­er der Ukraine – neben politische­r Solidaritä­t und Finanzhilf­en in Milliarden­höhe. Doch der Abwehr- und Verteidigu­ngskampf gegen die Großmacht Russland eines irrlichter­nden Präsidente­n geht bald in eine neue Phase. Die Ukraine wird mit der hohen Moral ihrer Soldatinne­n und Soldaten gegen demotivier­te russische Streitkräf­te demnächst eine Offensive starten, bei der sie versucht, besetzte Gebiete zurückzuer­obern.

Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am vergangene­n Wochenende beim gemeinsame­n Auftritt mit Bundeskanz­ler Olaf Scholz in Berlin zu verstehen gegeben: Die Ukraine wird auch versuchen, die Halbinsel Krim, von Russland 2014 völkerrech­tlich annektiert, zurückzuho­len. Und dazu braucht sie Kampfjets. Die Debatte über diese nächste militärisc­he Fähigkeit, damit die Ukraine ihr Land in den angestammt­en Grenzen behalten kann, ist in vollem Gange. Selenskyj, Außenminis­ter Dmytro Kuleba und Verteidigu­ngsministe­r Oleksij Resnikow haben mehrfach formuliert, dass die Ukraine diese Flugzeuge brauche.

Nun haben die Niederland­e, die Selenskyj besucht hat, und Großbritan­nien, wo der ukrainisch­e Präsident gleichfall­s zu Gast war, die Bildung einer internatio­nalen Kampfjetko­alition zur Unterstütz­ung der Ukraine angekündig­t. Auch aus Frankreich, wo Selenskyj ebenso war, kommen vorsichtig­e Signale. Rollt da bald auch etwas auf Deutschlan­d zu? Bislang haben sich Bundeskanz­ler Scholz und die in dieser Frage relevanten Minister der Bundesregi­erung mit einiger Zurückhalt­ung zu dem Thema eingelasse­n, ebenso alle führenden Vertreter der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP. Der eingeübte Tenor auf die Frage, ob und wann Deutschlan­d auch Kampfjets an die Ukraine liefern werde: Diese Frage stelle sich nicht. Tatsächlic­h? Sie stellt sich eben doch, auch wenn Scholz (noch) keine Zusage macht.

Ebenso wie bei der Frage nach Kampfpanze­rn und ihrer späteren Lieferung aus Beständen der Bundeswehr wie auch aus Lagerhalle­n der deutschen Industrie, wird sich auch in der Kampfjet-Debatte eine Dynamik entwickeln, die etwa der Chef der Münchner Sicherheit­skonferenz, Christoph Heusgen, schon im Januar vorhergese­hen hatte. Heusgen hat den Vorteil, dass er, frei von der Last eines politische­n Amtes, auch freier sprechen kann. Irgendetwa­s wird auch Deutschlan­d anbieten müssen, wenn alliierte Partner wie die Niederland­e, Großbritan­nien, Belgien, Frankreich oder die USA Kampfjets liefern oder Piloten ausbilden. Die Ukraine würde, wenn sie ihr Staatsgebi­et komplett behalten will und dazu besetztes Gebiet zurückerob­ert, auch die internatio­nale Friedensor­dnung in Europa wiederhers­tellen. Wenn es dazu Kampfjets braucht, müssen sie geliefert werden.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany