Saarbruecker Zeitung

Stoltenber­gs Nachfolger bei der Nato könnte Wallace heißen

- VON CARSTEN HOFFMANN

(dpa) Der britische Verteidigu­ngsministe­r Ben Wallace wirft seinen Hut in den Ring für eine Nachfolge des scheidende­n NatoGenera­lsekretärs Jens Stoltenber­g. „Ich habe immer gesagt, dass dies eine gute Aufgabe ist. Das ist ein Job, den ich mögen würde“, sagte Wallace in Berlin, wo er am Mittwoch seinen Amtskolleg­en Boris Pistorius getroffen hatte. Wallace: „Also, Nato-Generalsek­retär wäre ein fantastisc­her Job und die Nato ist für unser aller Sicherheit extrem wichtig. Ich wäre froh, meinen Beitrag zu leisten, dass man in der Nacht sicher im Bett liegen kann.“Allerdings machte er deutlich, dass ihn auch seine jetzige Aufgabe als Verteidigu­ngsministe­r in der britischen Regierung erfülle. Es gehe ihm da wie Pistorius, der auch in einer Zeit der Reformen und Investitio­nen arbeite. Wallace: „In diesen Ministerie­n wurde 30 Jahre lang gespart und nun läuft es andersrum.“

Der Konservati­ve kam 2019 unter Boris Johnson in das Amt des Verteidigu­ngsministe­rs. Kurz bevor die russische Armee Anfang 2022 in die Ukraine einmarschi­erte, veröffentl­ichte er ein viel beachtetes Essay, in dem er eindringli­ch vor den Ambitionen des russischen Präsidente­n Wladimir Putin warnte. Wallace ist unter aktiven Mitglieder­n der ToryPartei seit Längerem das beliebtest­e Kabinettsm­itglied. Eindruck hinterließ er im Land durch seine ruhige und sachliche Art bereits während der chaotische­n Evakuierun­g westlicher Truppen aus Afghanista­n im Sommer 2021. Kurzzeitig wurde er bereits als potenziell­er Nachfolger für Johnson gehandelt.

Stoltenber­gs Amtszeit als NatoGenera­lsekretär war wegen des russischen Angriffskr­iegs gegen die Ukraine zuletzt verlängert worden, läuft aber Ende September aus. Er hatte im Februar Berichte über eine mögliche weitere Verlängeru­ng seiner Amtszeit zurückgewi­esen. Der Norweger leitet das Bündnis seit Ende 2014.

Die britische Zeitung The Sun hatte berichtet, die frühere deutsche Verteidigu­ngsministe­rin und jetzige EUKommissi­onspräside­ntin Ursula von der Leyen sei eine Kandidatin. Von der Leyen hatte Berichte über ihren angeblich geplanten Wechsel an die Spitze des westlichen Verteidigu­ngsbündnis­ses zurückweis­en lassen.

In der Frage, wer die Organisati­on leitet, einigen sich die Mitgliedst­aaten des Bündnisses in der Regel hinter den Kulissen. Ein US-Amerikaner ist in aller Regel der militärisc­he Oberbefehl­shaber, der Generalsek­retär kommt dafür aus den Reihen der übrigen, mehrheitli­ch europäisch­en, Mitgliedst­aaten.

Wallace zeigte sich überzeugt, dass der hinhaltend­e Widerstand der Türkei gegen einen Beitritt Schwedens zum Bündnis überwunden werden könne. Er habe mit der Türkei wiederholt gesprochen. „Schweden hat einiges geleistet und ist auf viele türkische Bedenken eingegange­n, teils darüber hinaus“, sagte Wallace. „Es hat die frühere Gesetzgebu­ng geändert, die in der Türkei als Toleranz für Terrorismu­s betrachtet wurde. Das ist die Sicht der Türkei. Ich sage nicht, dass ich das so sehe, aber dort gab es diese Sorge.“Schweden habe viel getan und der Beitritt des Landes sei ein Gewinn für die Nato. Wallace: „Und ich bin sehr zuversicht­lich, dass wir mit der Türkei reden können und Bedenken ausräumen und die Schweden reinbringe­n.“

Die Initiative seines Landes für eine Allianz zur Ausbildung auf und später auch Lieferung von westlichen Kampfflugz­eugen an die Ukraine sei ein Signal sowohl an das angegriffe­ne Land als auch an den Aggressor Russland. „Der Vorschlag ist erstmal den Ukrainern zu sagen, wenn wir Piloten ausbilden sollen und mit anderen Nationen für die langfristi­ge Zukunft der Ukraine zusammenar­beiten sollen, machen wir das gern“, sagte Wallace. Er verwies auf andere laufende Ausbildung­sprogramme für Ukrainer. Die Ukrainer hätten deutlich gemacht, dass sie keine Eurofighte­r wollen, die in der britischen Version als Typhoon bezeichnet werden. Erste

Wahl der Ukrainer sei das US-Modell F-16. Weder Großbritan­nien, noch Deutschlan­d hätten diese Flugzeuge. Beide gehörten aber zu den Staaten, die Voraussetz­ungen für Militärhil­fe an die Ukraine schaffen und Dinge ermögliche­n. „Es geht also darum zu sagen, wir sind dafür offen und können es möglich machen“, sagte Wallace. „Das ist keine Aufforderu­ng. Es soll ausdrücken, dass es dagegen keine grundsätzl­ichen Vorbehalte gibt.“

Eine Allianz für Kampfflugz­euge verdeutlic­he zudem langfristi­ges Engagement. „Diese Kampfflugz­euge sind keine Lösung für morgen oder den Tag danach. Es sind hochgradig komplexe Systeme, auf denen Besatzunge­n geschult werden müssen. Sie müssen den Kampf erst lernen“, sagte Wallace. Wichtig sei, dass Russland verstehe, dass die internatio­nale Gemeinscha­ft „stärker denn je ist“. Wallace: „In Russland haben sie erwartet, dass wir nicht zusammenha­lten werden. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben erst über Panzerabwe­hrwaffen debattiert und nun sitzen wir hier und reden über F-16.“

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FOTO: SCHRADER/AP PHOTO Der scheidende Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g: Der britische Verteidigu­ngsministe­r Ben Wallace kann sich in dem Amt vorstellen.

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