Saarbruecker Zeitung

Glasfaser-Ausbau der Telekom erntet Kritik

Das Kürzel FTTH gilt als Zukunftsve­rsprechen: Mit Glasfaser bis in die Wohnung hinein wird das Festnetz-Internet sehr schnell und weitgehend frei von Schwankung­en. Der „Fiber to the Home“Ausbau kommt voran, doch den Stadtwerke­n drückt der Schuh.

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(dpa) Der Glasfaser-Ausbau der Deutschen Telekom sorgt bei den Stadtwerke­n für Unmut und Besorgnis. In einer Umfrage des Branchenve­rbands VKU gaben 41 von 66 kommunalen Unternehme­n an, dass es einen „Überbau“bei ihnen gebe oder dass sich dieser abzeichne. Mit Überbau ist gemeint, dass beim Internet-Ausbau auch dort Glasfaser verlegt wird, wo es bereits andere Glasfaserl­eitungen gibt oder deren Verlegung längst geplant ist. Hieran gibt es Kritik, schließlic­h fehlten dadurch anderswo Bagger, und viele Haushalte hätten noch keinen Zugang zum schnellen stabilen Internet.

Der Ärger der Stadtwerke gilt vor allem der Telekom. Allerdings setzen auch andere Firmen auf Überbau, um im Markt Fuß zu fassen. Der Chef des Verbandes kommunaler Unternehme­n ( VKU), Ingbert Liebing, wertet das Umfrageerg­ebnis als „Weckruf an die Bundesregi­erung“. Sie müsse handeln. „Sollte ein Verbot schädliche­n Überbaus nicht in

Betracht kommen, sollte der Bund als Anteilseig­ner der Telekom sein Mitsprache­recht nutzen, um strategisc­hen Überbau zu verhindern“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Verbandes. Überbau schwebe „wie ein Damoklessc­hwert über jedem neuen Ausbauvorh­aben“und hemme die Investitio­nsbereitsc­haft. Das Problem sei so gravierend, dass das Ziel der Bundesregi­erung, bis 2030 in Deutschlan­d flächendec­kend Glasfaser auszubauen, gefährdet werde.

Als Reaktion auf die Kritik sagte ein Telekom-Sprecher, dass es falsch wäre, „die Dynamik im Ausbau durch politische Eingriffe zu bremsen“. Stattdesse­n müsse die Ausbaudyna­mik erhöht werden, etwa durch schnellere Genehmigun­gen, alternativ­e Verlegemet­hoden und durch Kooperatio­nen. Man sitze mit der Industrie in einem Boot. So erreiche Deutschlan­d auch seine Ausbauziel­e für „FTTH“(Fiber to the Home – Glasfaser bis in die Wohnung). „Lokale Monopole, wie sie einige Unternehme­n offenbar anstreben, sind schlecht für Qualität, Preis und Ausbaugesc­hwindigkei­t bei FTTH.“

Die Kritik an der Telekom ist nicht neu, bereits im April hatten mehrere Verbände ihrem Ärger in einem gemeinsame­n Schreiben Luft gemacht, darunter der VKU sowie die Breitband-Verbände Anga, Breko und VATM – also die Telekom-Konkurrent­en. Mit dem Vorgehen zerstöre die Telekom Geschäftsp­läne der ausbauende­n Unternehme­n und vereitele deren Ausbauakti­vitäten, heißt es in dem Brief. „Zurück bleiben Kommunen, die am Ende oft nur teilweise von der Telekom ausgebaut werden, und Bürgerinne­n und Bürger ohne Glasfasera­nschluss.“

Telekom-Chef Tim Höttges schüttelte hierzu in einer Quartalsza­hlenPresse­konferenz seines Konzerns in der vergangene­n Woche nur den Kopf. „Das Narrativ von kleinen Anbietern, die von der großen Telekom überbaut werden, zieht meines Er

„Das Narrativ von kleinen Anbietern, die von der großen Telekom überbaut werden, zieht meines Erachtens nicht.“Tim Höttges Telekom-Chef

achtens nicht.“Mancherort­s ist es nach Darstellun­g von Höttges anders herum: So habe die EonTochter Westconnec­t vor einigen Wochen angekündig­t, in Bonn, wo die Telekom längst präsent sei mit FTTH, Glasfaser zu überbauen. „So ist es nun mal mit dem Wettbewerb“, sagte Höttges. „Wir lassen uns davon

nicht beirren und wir werden deswegen nicht aufhören, unsere Infrastruk­tur hier in Bonn auszubauen.“

Unterdesse­n belegen Zahlen der Bundesnetz­agentur, dass der FTTH-Ausbau in Deutschlan­d zügig vorankommt. Ende 2022 lagen Glasfaser-Kabel in Reichweite von 13,1 Millionen Haushalten. Das waren

4,2 Millionen Haushalte mehr als ein Jahr zuvor. Im Vergleich zu 2020 entspricht das einer Verdopplun­g. Grob gesagt zwei Drittel der Haushalte in Deutschlan­d haben aber noch keinen FTTH-Zugang.

Die Netzagentu­r-Zahlen zeigen allerdings auch, dass es bei der Nachfrage noch reichlich Luft nach

oben gibt. Denn viele Bürger verzichten auf die relativ teuren Glasfaser-Verträge und sind stattdesse­n über andere Technologi­en online, ob über Telefonlei­tungen ( VDSL) oder Fernsehkab­el. Von den bis Ende 2022 verfügbare­n GlasfaserA­nschlüssen war nur ein Viertel (26 Prozent) aktiviert.

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FOTO: MATTHIAS RIETSCHEL/DPA Glasfaser-Anschlüsse direkt ins Haus (FFTH-Zugang) gelten als zukunftstr­ächtig, dennoch ist die Nachfrage noch recht gering.

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