„Lüge“und „Sabotage“um Abtei Tholey?
Meinrad Maria Grewenig ist unter die Enthüllungsjournalisten gegangen – zum Wohle der Abtei Tholey, die er in Gefahr sieht. Sein Buch „ Abtei Tholey Quo vadis?“schaut hinter die Klostermauern. Grewenig sieht „Heuchelei“und „ Intrigen“.
Meinrad Maria Grewenig, bis 2018 Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte ( WKE), von Projekten und Zielen überzeugt ist, wird er gerne nachdrücklich – und missionarisch. Immer schon fiel er wegen Furchtlosigkeit gegenüber der „Obrigkeit“auf, immer schon trug er Anliegen und Kritik gerne auf den Marktplatz der Öffentlichkeit. In Erinnerung ist vor allem der Fight um seine Vertragsverlängerung mit dem damaligen saarländischen Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD). Diesmal hat sich Grewenig, ein überzeugter Katholik, die Kirche, genauer die Tholeyer Benediktinerbruderschaft, als Sparringspartner ausgesucht. Deren Führung führt aus seiner Sicht den neuerlichen Niedergang des Klosters, das bereits 2008 vor dem Aus stand, herbei, statt eine „Vision“zu verwirklichen. Die Abtei mit ihren Gerhard-Richter-Fenstern hat nach Ansicht des KulturmanagementProfis Grewenig nicht nur das Zeug zum touristischen Hotspot, sondern könnte auch wieder Strahlkraft wie im Mittelalter entwickeln, als „Himmel auf Erden“und „neues geistiges Zentrum des 21. Jahrhunderts“.
Der promovierte Kunsthistoriker arbeitet seit mehr als drei Jahren an einem kulturgeschichtlichen Bildband über die Abtei, das war bekannt. Nicht vorhersehbar war das Buch, das er dieser Tage als erste Zwischenbilanz seiner Recherchen in den Handel bringt, im Selbstverlag bei Krüger Druck (Merzig): „Abtei Tholey Quo vadis? Vision Hoffnung Wirklichkeit“. Es kommt ganz harmlos wie ein Kultur-Führer daher, doch es handelt sich zweifelsohne um eine Streitschrift mit Appell-Charakter. Die beiden Mönche, gegen die Grewenig schwere Anschuldigungen erhebt – Abt Mauritius und Bruder Wendelinus – dürften vermutlich von einem Pamphlet
sprechen. Denn Grewenigs Begrifflichkeit ist drastisch: „Heuchelei“, „Eigennutz“, „Lüge“, „Kleinkrämertum“, „Dummheit“, „Sabotage“. Der Ton ist zwar nicht polemisch, denn Grewenig untermauert nahezu alles mit Quellen-Verweisen, er nimmt also quasi die Rolle eines Detektivs und Enthüllungsjournalisten ein. Doch ein Orden kann sich in inneren Angelegenheiten auf seine
Geheimhaltungspflicht berufen. In diesem Fall zieht sich Grewenig dann auf „Ondits“im St. Wendeler Land zurück, und die Grenze zur Spekulation verwischt. Das ist beispielsweise in Zusammenhang mit einer vermeintlich manipulierten Wahl der Fall, durch die Abt Mauritius Choriol die Aufnahme von Bruder Wendelinus in den Konvent ermöglichte.
Der Leser muss selbst entscheiden, ob er den Mutmaßungen des Autors folgen will, der Teufel habe in Tholey die Finger im Spiel. In manchen Passagen gehen eben doch religiöse Fantasie und Pathos mit dem Autor durch. Dabei hat Grewenig wunderbare Informationen über Tholey als Wallfahrtsort zusammengetragen, legt unter anderem die Verbindung zu Hildegard von Bingen offen. Und er vermag es, den Leser davon zu überzeugen, dass Klöster – und also auch Tholey – in der digital-virtuellen Welt wieder an Faszination und Funktion gewinnen, als geistige Tankstellen und Kraftpole.
Doch zweifelsohne entwickeln die
Kapitel den stärksten Sog, in denen der Autor seine Vorwürfe untermauert. Die da lauten: Bruder Wendelinus habe mit Deckung des Abtes „in Unkenntnis denkmalrechtlicher Möglichkeiten“und wegen „Überheblichkeit“den imageschädigenden Streit um das Nordportal der Abteikirche mit dem Denkmalamt vom Zaun gebrochen, habe den PR-Profi der touristischen Betreiber-GmbH aus dem Amt gedrängt und den Bruch mit der Industriellen-Familie Meiser herbeigeführt. Die steckte laut Grewenig etwa 15 Millionen Euro privates Geld in die Grundsanierung des Klosterareals – erstmals liegt durch dieses Buch eine dreiseitige Dokumentation der Einzelmaßnahmen vor.
Den Trennungsschritt hatte der Konvent gegenüber den Medien als Wiedererlangung der Handlungsautonomie vor allem bezüglich der Beilegung des Denkmal-Streits geschildert. Grewenig verfügt offensichtlich über Insider-Kenntnisse über böse Briefe und einen „abstoßenden Streit“mit der Stifterfamilie, der nie öffentlich wurde. Grobe Un
dankbarkeit sei im Spiel, lässt sich aus allem herauslesen, kurz ein unchristliches Verhalten. Die Schilderung der Zustände, die auch Machtkämpfe und Intrigen innerhalb der Bruderschaft umfassen, gipfelt in der Forderung, die beiden Mönche müssten „aus der Handlungslinie“gebracht werden, sonst sei die Abtei dem Untergang geweiht.
Fragt man Grewenig nach seiner Motivation, warum er sich mit diesem Buch ins Feuer stellt, sagt er, Ziel sei nicht, das Kloster in Verruf zu bringen, sondern dafür zu sorgen, dass in Tholey das bis jetzt Erreichte nicht wieder verloren gehe. „Die Abtei ist keine Privatangelegenheit und kein Selbstbedienungsladen“, sagt er. Das „Fiasko“müsse ein Ende haben. Eine einstweilige Verfügung wegen Rufschädigung erwartet er nicht, er habe valide Quellen. Preisgeben muss er sie nicht.
Das Buch „Abtei Tholey Quo Vadis“soll dieser Tage in den Buchhandel kommen. Bestellbar ist es jetzt schon beim Verlag Krüger Druck: Telefon (0 61)
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