Ein Hotel als Magnet mitten in der Stadt
Ein Ex-Bundespräsident hat schon hier übernachtet, und viele Prominente des deutschen Films. Seit 33 Jahren prägt das Hotel Leidinger mit dem familiären Charme den Anfang der Mainzer Straße in Saarbrücken – ein Portrait.
Ein Hotel in der Mainzer Straße? „Das wird nicht funktionieren.“Dieser Meinung waren viele, als Gerd Leidinger 1990 ankündigte, seinen Traum von einem Hotel mit ganz eigenem Flair in die Tat umzusetzen. Kaum jemand habe an seinen Erfolg geglaubt, erzählt der 70-jährige Hotelier. Damals war der gelernte Architekt angestellt bei der Saarbrücker Stadtverwaltung. Und die Mainzer Straße war ein grauer, heruntergekommener Straßenzug, der vor allem durch die vielen leer stehenden Geschäfte und Häuser auffiel.
Blickt man an der Barock-Fassade des Hotels nach oben, grüßt dort die Jungfrau Maria mit Kind als Statue. Bevor das Gebäude zum Hotel wurde, war es ein Heim für Alte und Kranke, geführt vom katholischen Langwiedstift. „1988 habe ich das Marienheim gekauft und zu einem Hotel mit 17 Zimmern umgebaut“, erzählt Leidinger. „Alles hier stammt aus meiner Feder, ich habe es entworfen“, so der Architekt. Am 1. Mai 1990 war es soweit: Das Domizil Leidinger öffnete seine Pforten, zunächst als Drei-Sterne-Haus.
Ein paar Jahre später kam das Nachbarhaus in der Mainzer Straße hinzu. 1998 schließlich kaufte Leidinger im Neugäßchen ein Grundstück und erweiterte das Hotel um 34 Zimmer in einem Neubau, der heute zusammen mit dem alten Ensemble das Hotel und seinen schönen Hof umschließt. Das Leidinger bekam vier Sterne. 36 Menschen arbeiten heute dort.
„Wellness haben wir aber nicht“, lacht Leidinger. „Wer bei uns übernachtet, braucht das auch nicht, man hat ja den St. Johanner Markt.“Und der ziehe viele Gäste an. „Unsere Lage gilt als eine der besten in der Stadt“, sagt der Hotelier selbstbewusst. Die neue Konkurrenz am anderen Ende der Stadt Richtung Bahnhof, wo in den vergangenen Jahren gleich mehrere große Hotels bekannter Ketten gebaut wurden, fürchtet er deshalb nicht. „Wir sind individuell und unabhängig.“Und gerade das gefalle seinen Gästen. Die dürfen übrigens auch Tiere mitbringen, das Haus wirbt mit „Hundefreundlichkeit“.
Über die Jahre stieg viel Prominenz im Leidinger ab. Ex-Bundespräsident Joachim Gauck zum Beispiel. Nach ihm hat Leidinger eigens eine kleine Suite benannt. „Wir mussten damals die Scheiben verspiegeln als Sicherheitsmaßnahme“, erzählt er beim Rundgang durch sein Hotel. Bekannte und weniger bekannte Schauspieler und Schauspielerinnen nächtigten im Rahmen des Ophüls-Filmfestivals in der Mainzer Straße, darunter Iris Berben, Heike Makatsch, Heiner Lauterbach oder auch Til Schweiger. Mario Adorf war auch schon da. „Auch alle saarländischen Tatort-Kommissare“, scherzt Leidinger. Oder der weltbekannte
Künstler Georg Baselitz. Für Kunst und Kultur begeistert sich der Hotelier. Ende der 90er-Jahre ließ er den Künstler Markus Hemmer eine Suite gestalten, die es heute aber nicht mehr gibt. Stattdessen setzt man auf fernöstliche Themenzimmer, individuell eingerichtet und originell dekoriert.
Anfang der 2000er-Jahre etablierte sich das Hotel auch als Spielstätte: Es gab Theater und Kabarett, Konzerte und Jazz. Von der Saarland Bauträger Immobilien GmbH (SBT), die das Filmhaus und die Häuser neben dem Leidinger gebaut beziehungsweise renoviert hatte – dort sind heute die Pizzeria Gotti und das spanische Restaurant Zapata – mietete der Hotelier einen Saal in
der ehemaligen Scheune im Hof. Bis 2019 fanden dort kulturelle und andere Veranstaltungen statt, auch Festivals.
Heute konzentrieren sich Gerd Leidinger und seine Frau Katja kulinarisch auf das, was sie ihrer Meinung nach „am besten können“: Frühstück machen im „Leidingers Lust“. „Damit haben wir schon ganz früh angefangen, denn auch wenn ein Gast wegen Lärm auf der Mainzer Straße vielleicht mal nicht so gut geschlafen hat, so hat er unser Haus nach einem exzellenten Frühstück doch mit einem guten Gefühl verlassen“, erklärt Leidinger seine Strategie, die offenbar aufgegangen ist.
„Leidingers Frühstückswelt“ist nach wie vor sehr beliebt. Das Res
taurant gibt es leider nicht mehr. Obwohl Leidinger sich immer wieder mit wechselnden gastronomischen Partnern am Restaurantbetrieb versuchte, kam er schließlich zu dem Schluss, dass man sich aufs Frühstück konzentrieren sollte. „Das können wir einfach am allerbesten!“Er selbst hat zudem keine Gastronomen-Ausbildung, gleichwohl er in den 70er-Jahren als Theker in der legendären Brasserie am St. Johanner Markt Erfahrung hinterm Tresen sammelte.
2014 bis 2016 war Sternekoch Jens Jakob mit seinem „Le noir“als Pächter ins Hotel-Restaurant gezogen. Das ging schief. Ein weiterer Spitzenkoch, Frank Seimetz, hatte zuvor zehn Jahre lang in Leidingers „S’Olivo“gekocht. Dann beherbergte man eine Zeit lang den saarländischen Feinkostladen Fruchteria. Heute gibt es kein Restaurant mehr, man arbeitet stattdessen mit Alexander Kunz, ebenfalls Sternekoch und Event-Gastronom, zusammen. „Er ist Caterer bei unseren Veranstaltungen und das funktioniert richtig gut“, sagt Katja Leidinger.
Leider ist die wunderschöne Bar nicht immer besetzt, die Gäste können sich aber aus einem Kühlschrank mit feinen Weinen von Winzern aus der Region, Bier und anderen Getränken versorgen. „Auch wir leiden unter Personalmangel“, klagt Leidinger. Und prophezeit, dass sich Gäste allerorts auf weniger Service und eingeschränkte Öffnungszeiten einstellen müssen. Denn viele Restaurants vor allem der gehobenen Kategorie haben mittlerweile sogar am Wochenende geschlossen. Andere überleben nur als SystemGastronomie.
Und das Domicil Leidinger? Es bleibt eine der ersten Adressen in Saarbrücken. Und ein Magnet in der Mainzer Straße, zu deren Aufwertung das Hotel maßgeblich beigetragen hat. Denn Gerd Leidinger brachte die Nachbarschaft zusammen, investierte und inspirierte dadurch andere Hausbesitzer, ebenfalls nachzuziehen. Heute ist die Mainzer Straße eine der schönsten und lebendigsten in Saarbrücken. Mit einem QuartiersVerein, den der Hotelier mit gegründet hat und der sich bis heute für das Viertel einsetzt. Gerade erst hat man wieder die Mainzer Hoffeste organisiert. Im Mai, im Juni und Juli organisiert das Hotel auch wieder „Mondscheintouren“durchs Viertel, mit anschließendem moderierten Mehrgänge-Menü mit ausgewählten, begleitenden PremiumWeinen von Mosel, Blies und Saar.
Ex-Bundespräsident Joachim Gauck und bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler wie Iris Berben und Heiner Lauterbach haben hier schon übernachtet.