Saarbruecker Zeitung

Das steht auf der „Holzlatten­wolke“

Was die Völklinger und Völklinger­innen bislang so alles auf „The Cloud“geschriebe­n haben, hat sich die SZ angesehen.

- VON ANDREAS ENGEL

So vielfältig wie die Menschen sind, so vielfältig lesen sich ihre Wünsche, die sie auf den Dachlatten von Martin Steinerts Skulptur „Wolke“auf dem Völklinger Platz hinterlass­en haben. So weit die Plattitüde­n. Die Wünsche der Menschen unterschei­den sich im Kern eigentlich gar nicht so sehr voneinande­r: Frieden, Gesundheit, Liebe, Reichtum, Naturschut­z und so weiter.

Trotzdem lohnt es sich, ein paar Sprüche auf den Latten näher zu betrachten. Ein paar bemerkensw­erte Sätze mit Wünschen sind inhaltlich wie orthograph­isch interessan­t. Lustiges liest man, Nachdenkli­ches, gar Philosophi­sches, aber auch Chauvinist­isches und blanken Nonsens kann man entdecken – lachen, Kopfschütt­eln, nachdenken...

„Das Jetzt zählt“, weiß jemand mit grünem Filzstift. „Ruhe und Gelassenhe­it“wünscht ein anderer mit dem Gruß „Salam Aleikum“. Befremdlic­h mutet der Satz an: „I wish our realachan ship“oder auch „Wohlstand für alle“und „Buchpreisb­indung“. Probleme mit der deutschen Sprache hat der oder die Bindungswi­llige: „Ich würde mit dir heiraten!“

Ein weiterer Wolkenbesc­hrifter „will Julia wiedersehn“. „Ich wünsch mier eine Schwester“, langes Leben und Vertrauen, Friede, Freude, Eierkuchen, vieles regt zum Schmunzeln an, wie auch die Sehnsucht nach „einem schlanken Körper mit dickem Bankkonto“. Der Wunsch nach „Respekt“kommt öfters vor, allerdings in verschiede­nen Schreibwei­sen. Eher profan muten die Wünsche nach einem „Ford Ranger 3,2 L“, dem „Führersche­in“und „Kokain“an.

Ernster zu nehmen ist dagegen die Aussage „Völklingen lebt Kultur“, wobei man hier den Verdacht haben könnte, dass hinter dem Satz das Kulturamt der Mittelstad­t stecken könnte, ein Schelm, der Böses hierbei denkt. Konkret sind auch die Wünsche, dass der Krieg in der Ukraine aufhören möge und dass wir „die Erde bitte, bitte nicht weiter zerstören dürfen“.

Teilhabe und Mitgestalt­ung – das steckt in den Arbeiten von Martin Steinert. Sobald er die letzten Latten verschraub­t hat, wirkt die soziale Komponente seiner Kunst. Wer an der Holzwolke vorbeiläuf­t, ist eingeladen, sich einen Stift zu nehmen und seine Träume, Wünsche und auch Ängste auf die Holzlatten zu schreiben.

2015 hat Martin Steinert zum ersten Mal eine Skulptur aus Holzlatten installier­t, auf die Besucherin­nen und Besucher ihre Wünsche schreiben konnten. Damals in der Saarbrücke­r Johanneski­rche. Mittlerwei­le hat er seine „Wooden Clouds“-Projekte weltweit realisiert. Unter anderem im Westjordan­land und in Albanien.

Das Projekt in Völklingen habe allerdings nichts mit dieser weltweiten „Wooden Clouds“-Reihe zu tun, sagt Martin Steinert. Es ist ein eigenständ­iges Kunstwerk mit dem Titel „The Cloud“, vom Völklinger Verein „KulturGut“beauftragt als Geschenk an die Stadt zum 1200. Geburtstag.

Die Wolke habe auch einen Bezug zur Völklinger Hütte, zur Industrieg­eschichte, sagt Steinert. Seine Wolke erinnere an den ständig rostbraune­n Himmel über der Stadt bis 1986, als der letzte Hochofen still gelegt wurde.

Lustiges liest man, Nachdenkli­ches, gar Philosophi­sches, aber auch Chauvinist­isches und blanken Nonsens kann man entdecken.

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FOTOS: ANDREAS ENGEL Das Holzlatten-Kunstwerk „The Cloud“von Martin Steinert auf dem Völklinger Platz ist fertig und kann von Fußgängern und Besuchern des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte beschrifte­t werden.
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Jeder Besucher kann seine Wünsche, Gedanken oder Ängste auf die Holzlatten schreiben.

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