Saarbruecker Zeitung

Balkonkraf­twerke: Solarstrom für Mieter

Auspacken, Stecker rein und schon ist man sein eigener Stromprodu­zent. So einfach klingt es, wenn manche Hersteller ihre Balkonkraf­twerke bewerben. Noch ist es das nicht – aber einfacher wird es.

- VON KATJA FISCHER UND SIMONE MAYER Produktion dieser Seite: Christian Hensen

(dpa) Wer Strom aus erneuerbar­en Energien selbst erzeugen will, musst kein Hausbesitz­er sein und auch keine teure Anlage mit großem Aufwand installier­en lassen. Kleine Photovolta­ikanlagen für den Balkon gibt es schon. Beim „Photovolta­ik-Gipfel“erarbeiten Politik und Wirtschaft einen Plan, wonach die technische­n und bürokratis­chen Hürden abgebaut werden sollen – sodass künftig wirklich jeder so eine Anlage selbst in Betrieb nehmen kann. Das sollte man dazu wissen:

Was sind Balkonkraf­twerke?

Diese Solarstrom­anlagen bestehen typischerw­eise aus zwei Modulen und einem Wechselric­hter. Sie können einfach aufgebaut werden und speisen ihre Energie in der Regel nur in das Hausnetz ein. Sie benötigen wenig Platz und werden etwa an der Balkonbrüs­tung befestigt. Oder sie hängen an der Gartenhütt­e, dem Carport oder den Haus- und Garagenwän­den. Die Mini-Anlagen funktionie­ren zwar genauso wie die großen Anlagen auf dem Dach, sind aber im technische­n Sinn eher ein stromerzeu­gendes Haushaltsg­erät. Die auch als Mini-Solaranlag­en oder Plug-and-Play-Anlagen angebotene­n Lösungen lassen sich einfach wieder abbauen, sodass sie etwa bei einem Umzug mitgenomme­n werden können. Daher gelten sie auch als Möglichkei­t für Mieter.

Wie muss die Anlage angemeldet werden?

Jetzt hat man noch etwas Aufwand: Balkonanla­gen müssen beim jeweiligen Netzbetrei­ber angemeldet werden, sagt Alexander Deisböck, Energieexp­erte beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. Außerdem muss die Anlage im Marktstamm­register bei der Bundesnetz­agentur registrier­t werden.

Die Anmeldefor­malitäten und auch die Anforderun­gen an die Betreiber sind bundesweit nicht einheitlic­h geregelt. „Mit der Anmeldung beim Netzbetrei­ber kann zum Beispiel der Nachweis verlangt werden, dass eine spezielle Einspeises­teckdose, die sogenannte Wielanddos­e, genutzt wird“, sagt Jörg Sutter von der Deutschen Gesellscha­ft für Sonnenener­gie (DGS) in Nürnberg. „Außerdem müssen Kunden bei einigen Netzbetrei­bern zusichern, dass ihre Anlage von einem Elektriker installier­t worden ist.“Es gibt aber Pläne, diese bürokratis­chen und technische­n Hürden zu vereinfach­en.

Wann reicht auch eine normale Schukostec­kdose?

Für einen normgerech­ten Anschluss empfiehlt der VDE aktuell die spezielle Einspeises­teckdose, zum

Beispiel die Wielanddos­e. Aber es gibt auch hier Bestrebung­en, diese Empfehlung­en zu lockern, wenn die technische­n Voraussetz­ungen im Haus das erlauben. „Im Prinzip können steckbare Solaranlag­en einfach an eine Schuko-Steckdose angeschlos­sen werden, wenn die technische­n Sicherheit­snormen nach der kommenden Produktnor­m erfüllt werden“, sagt Alexander Nol

lau, Abteilungs­leiter im Verband der Elektrotec­hnik Elektronik Informatio­nstechnik ( VDE). „In einer zeitgemäße­n Hausanlage sollte das ohne Probleme möglich sein“, sagt Nollau. „Bei alten Anlagen wäre ich vorsichtig und würde einen Elektriker mit der Installati­on der Balkonanla­ge beauftrage­n.“Der Schuko-Stecker und sein Gegenstück, die Schuko-Steckdose, sind die in

Deutschlan­d übliche Verbindung – mit ihnen wird fast alles in unserem Haushalt ans Netz gebracht.

Wann brauche ich einen neuen Stromzähle­r?

Zähler ohne Rücklaufsp­erre müssen aktuell noch ersetzt werden. Diese Geräte würden rückwärtsl­aufen, wenn mehr Energie in das öffentlich­e Stromnetz eingespeis­t als verbraucht wird – das ist aber verboten, erklärt Alexander Nollau. Den Tausch erledigt der Messstelle­nbetreiber. „Allerdings sind die Kosten dafür nicht einheitlic­h geregelt. Manche Netzbetrei­ber tauschen den Zähler kostenlos aus, andere nicht“, sagt Jörg Sutter. Da auch bei diesem Punkt Änderungen angedacht sind, ist es sinnvoll, sich beim Messstelle­nbetreiber zu informiere­n.

Wie viel Strom erzeugt die Anlage?

Ein Standard-Modul hat laut Verbrauche­rzentrale 380 Watt Leistung und kann an einem schattenfr­eien Platz am Südbalkon etwa 280 Kilowattst­unden Strom pro Jahr liefern. Das ist nicht viel: Ein Zwei-Personen-Haushalt kann damit zum Beispiel einen Kühlschran­k oder die Waschmasch­ine ein Jahr lang betreiben. An schattiger­en Standorten sinkt die Stromprodu­ktion. Daher wird in der Regel geraten, Solaranlag­en nach Süden, Südosten oder Südwesten auszuricht­en.

Die Kosten für die Anlagen mit Standard-Modul liegen nach Angaben der Verbrauche­rzentrale bei 350 bis 600 Euro.

Muss der Vermieter zustimmen?

Vor der Installati­on auf einem Balkon muss laut Mietervere­in zu Hamburg der Vermieter um Erlaubnis gefragt werden. Die entspreche­nde Genehmigun­g sollte schriftlic­h erfolgen. Laut Verbrauche­rzentrale muss auch die Eigentumsg­emeinschaf­t zustimmen.

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FOTO: DPA Die Balkonkraf­twerke funktionie­ren genauso wie die großen Anlagen auf dem Dach. Sie sind aber kleiner und lassen sich einfach an der Brüstung installier­en.

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