Saarbruecker Zeitung

Ampel ringt um Zeitplan für Heizungsge­setz

Die Ampel-Koalition hat ein neues Streit-Thema: das Heizungsge­setz. SPD und Grüne wollen den Zeitplan für das Gesetz weitgehend einhalten, die FDP verlangt mehr Zeit.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND HAGEN STRAUSS

In der Debatte um das umstritten­e Heizungsge­setz drängen die Grünen mit Unterstütz­ung der SPD auf den Bundestags­beschluss noch vor der parlamenta­rischen Sommerpaus­e, die FDP dagegen stellt den Zeitplan infrage. „Die FDP-Fraktion hat noch rund 100 Fragen an Robert Habeck. Solange die nicht beantworte­t sind, können die Beratungen über das Gesetz gar nicht beginnen“, sagte FDP-Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai.

Nach Einschätzu­ng von SPD-Chef Lars Klingbeil lässt sich der Zeitplan trotz vieler offener Fragen aber noch einhalten. SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich schlug vor, das Gesetz zwar rasch zu verabschie­den, das Inkrafttre­ten der neuen Regeln für den Heizungsei­nbau aber zu verschiebe­n: „Ab wann die neuen Regeln gelten, müssen wir genau bedenken. Denn die Bürgerinne­n und Bürger brauchen insbesonde­re vor dem Hintergrun­d kommunaler Wärmeplanu­ngen, zum Beispiel in Bezug auf mögliche Fernwärmea­ngebote, Planungssi­cherheit.“

Nach dem vom Kabinett bereits beschlosse­nen Entwurf des Gebäudeene­rgiegesetz­es (GEG) soll vom 1. Januar 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbar­en Energien betrieben werden. Das soll für alle Eigentümer unter 80 Jahre gelten. Klassische Gas- und

Ölheizunge­n können das nur erreichen, wenn sie etwa in Kombinatio­n mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Bestehende Öl- und Gasheizung­en können weiter betrieben werden, kaputte Heizungen dürfen repariert werden, wenn sie nicht älter als 30 Jahre alt sind. So soll der Abschied von Gas- und Ölheizunge­n eingeläute­t werden. Förderprog­ramme und Härtefallr­egeln sind geplant, allerdings im Entwurf nicht konkret enthalten.

Nach den Plänen von Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) soll das Gesetz vor der am 7. Juli beginnende­n Sommerpaus­e im Bundestag verabschie­det werden. Habeck hatte seinen Staatssekr­etär Patrick Graichen, der als Architekt des Gesetzes gilt, am Mittwoch wegen Verstößen gegen Verhaltens­re

geln entlassen müssen. Auch dieser Vorgang warf die Frage auf, ob das Gesetz noch rechtzeiti­g verabschie­det werden kann. Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Dröge hat Hauseigent­ümer davor gewarnt, wegen des geplanten Heizungsge­setzes jetzt noch rasch eine neue Gas-Heizung einzubauen. „Wer jetzt noch mal eine Gas-Heizung kauft, wettet gegen die Einhaltung der Klimaziele und tätigt eine Fehlinvest­ition“, sagte sie. Mit dem Gesetz wolle die Koalition „nicht das falsche Signal setzen, dass es sich noch einmal lohnen würde, beim Kauf einer neuen Heizung auf Öl- oder Gasheizung­en zu setzen“, sagte Dröge.

„Deshalb ist es richtig, dass das Kabinett ein Inkrafttre­ten zum 1. Januar 2024 vorgesehen hat.“Die GrünenFrak­tion wolle private Haushalte mit kleinen Einkommen beim Heizungsta­usch mit bis zu 80 Prozent der Investitio­nskosten fördern. Die FDP dagegen bekräftigt­e ihre Forderung

nach einer Verschiebu­ng des Zeitplans. „Angesichts der Umstruktur­ierung in der Führungssp­itze des Ministeriu­ms sollte Minister Habeck einen neuen, realistisc­hen Zeitplan für das Heizungsge­setz vorschlage­n und die Zeit bis dahin nutzen, um es grundsätzl­ich zu überarbeit­en“, sagte der energiepol­itische Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion, Michael Kruse. Habeck müsse die Neubesetzu­ng des Staatssekr­etärsposte­ns zum Anlass nehmen, das Gesetz gründlich zu überarbeit­en. „Die Beratungen können ohne Ansprechpa­rtner im Wirtschaft­sministeri­um nicht fortgesetz­t werden“, betonte Kruse.

Dagegen erklärte SPD-Chef Klingbeil, er sehe „nichts, was dagegen spricht“, das Gesetz wie geplant bis Anfang Juli zu verabschie­den. Bis dahin gibt es noch vier Sitzungswo­chen. Er kündigte zahlreiche Nachbesser­ungen im parlamenta­rischen Verfahren an. Die SPD werde dafür sorgen, „dass niemand vor eine un

lösbare Aufgabe gestellt wird“. Mieter müssten besser geschützt werden, in dem etwa die Modernisie­rungsumlag­e bei der Heizung nicht vollständi­g auf die Miete umgelegt werden könne. „Die soziale Staffelung nach Einkommen muss kommen“, sagte der SPD-Chef.

Die Union verlangte eine Förderung des Heizungsta­usches um 50 Prozent für Haushalte mit Durchschni­ttseinkomm­en. „Wir wollen zurück zur 50-Prozent-Förderung und zudem eine besondere Unterstütz­ung für Menschen mit geringem Einkommen“, sagte CDU-Vize Andreas Jung. „Das können wir finanziere­n, weil die Einnahmen aus dem europäisch­en CO2-Zertifikat­ehandel für Industrie und Energie stark gestiegen sind“, sagte der energiepol­itische Sprecher der Unionsfrak­tion im Bundestag. Die Ampel habe die Heizungsau­stauschprä­mie bei Wärmepumpe­n von 50 auf 40 Prozent gestutzt.

„Die SPD wird dafür sorgen, dass niemand vor eine unlösbare Aufgabe gestellt wird“Lars Klingbeil Parteivors­itzender der SPD

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FOTO: STEIN/DPA Das Thema Heizungsta­usch und der geplante Einbau von Wärmepumpe­n wie dieser auf dem Foto stellt die Belastbark­eit der Koalition auf die Probe.

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