Saarbruecker Zeitung

„Das Kloster ist keine Privatange­legenheit“

Das Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“birgt Sprengstof­f. Meinrad Maria Grewenig hat es verfasst. Um, wie er sagt, den Niedergang des Ortes zu stoppen.

- DIE FRAGEN STELLTE CATHRIN ELSS-SERINGHAUS. Produktion dieser Seite: Annkathrin Allgöwer Markus Saeftel

Der frühere Generaldir­ektor der Völklinger Hütte, Meinrad Maria Grewenig, hat ein Enthüllung­sbuch über die Zustände im Kloster Tholey geschriebe­n. Wir sprachen mit ihm über seine Recherchen.

Klostermau­ern sind hoch und undurchdri­nglich, aber Sie schildern interne Vorgänge und erheben schwere Vorwürfe gegen zwei Mönche, Abt Choriol und Pater Wendelinus. Sie müssen über Insiderwis­sen verfügen.

GREWENIG Meine Quellen sind sicher. Juristisch kann nichts passieren. Ich kann alles belegen.

Auch die angeblich gefälschte Wahl zur Aufnahme von Pater Wendelinus ins Kloster?

GREWENIG Ja. Er selbst hat sich bei mehreren Menschen darüber beklagt, dass seine Mitbrüder ihn abgelehnt haben. Er hat Briefe geschriebe­n. Ich bin katholisch, ich weiß, was da im Schwange ist.

Was meinen Sie damit?

GREWENIG Hinter den Klostermau­ern herrscht Krieg, das hört man aus dem Umfeld des Klosters. Die finanziell­e Situation ist schlecht. Die Butter wird dort beim Frühstück rationiert. Hätte man das Besucherze­ntrum profession­ell weiterbetr­ieben, hätte man 100 000 Besucher und dementspre­chende Einnahmen. Das Kloster ist ein kul

turgeschic­htlich großartige­r Ort, er gehört in den Zusammenha­ng mit der Trierer Liebfrauen­kirche, beim Dom, und der Metzer Kathedrale. Wer weiß das? Man muss es den Menschen vermitteln. Es bringt mich auf die Palme, wenn wir im

Saarland unsere hervorrage­nden Orte nicht so nach vorne bringen, wie sie es verdienen. So was tut mir weh. Ich habe meine Überzeugun­g, und ich wünsche mir, dass man über Positionen auch kontrovers spricht.

War der Ärger des Kulturmana­gement-Experten Grewenig der Auslöser für Ihr Buch oder steckt da auch Empörung dahinter, die sich durch persönlich­e Kontakte zur Spenderfam­ilie Meiser oder zum ehemaligen Geschäftsf­ührer der Betriebs-GmbH Thorsten Klein erklären? Führen Sie stellvertr­etend einen Rachefeldz­ug? Wie sind Ihre Verbindung­en zur Familie Meiser? GREWENIG Es gibt fast keine. Ich nahm Kontakt auf, um ein Kapitel über die Renovierun­gsmaßnahme­n und die Kosten zu schreiben. Die Familie gibt so gut wie keine Auskunft, ich musste das alles sehr mühsam recherchie­ren. Aber ich komme auf eine Summe von 15 Millionen Euro, die als Geschenk an das Kloster gingen. Das ist etwa so viel, wie das Saarland in derselben Zeit für die Sanierung der Völklinger Hütte ausgegeben hat. Ich halte das für ein großartige­s Geschenk, wie auch die Entwürfe der Fenster, die Gerhard Richter der Abtei Tholey überlassen hat. Nach meinem Verständni­s erwächst daraus eine Verpflicht­ung und Verantwort­ung. Ein Ort wie Tholey ist keine Privatange­legenheit.

Sie halten die Mönche für undankbar?

GREWENIG Ja. Man kann nicht über 15 Jahre Geld annehmen und alles laufen lassen, um dann, wenn die Renovierun­gsarbeiten abgeschlos­sen sind, zu sagen: Wir wollen wieder autonom handeln. Juristisch mag das nicht anfechtbar sein, es wurden meines Wissens keine Sponsor-Verträge geschlosse­n, aber moralisch ist das nicht in Ordnung. Wissen Sie, meine Motivation ist nicht, dem Kloster zu schaden. Mein Ziel ist, dass sich dort etwas ändert. Das Zeitfenste­r geht langsam zu. Als die Wiedereröf­fnung der Mauritiusk­irche gefeiert wurde, war das ein Ereignis von Weltrang, die New York Times und brasiliani­sche Medien berichtete­n. Doch irgendwann verraucht diese Aufmerksam­keit.

Sie sagen ganz unverhohle­n: Die Veränderun­g zum Besseren geht

„Hinter den Klostermau­ern herrscht Krieg, das hört man aus dem Umfeld des Klosters. Die finanziell­e Situation ist schlecht.“Meinrad Maria Grewenig

nur ohne den Abt und Pater Wendelinus.

GREWENIG Ja, sie müssen an diesen Stellen im Kloster weg. Die Kirche muss handeln. Dass das geht, sieht man am Beispiel des Stifts Neuburg bei Heidelberg. Es gab schwere wirtschaft­liche Fehler, der Abt wurde abgelöst. Das Stift gehört zur Beuroner Kongregati­on wie Tholey.

 ?? FOTO: THOMAS SCHÄFER ?? Meinrad Maria Grewenig, langjährig­er Generaldir­ektor des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte.
FOTO: THOMAS SCHÄFER Meinrad Maria Grewenig, langjährig­er Generaldir­ektor des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte.

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