„Das Kloster ist keine Privatangelegenheit“
Das Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“birgt Sprengstoff. Meinrad Maria Grewenig hat es verfasst. Um, wie er sagt, den Niedergang des Ortes zu stoppen.
Der frühere Generaldirektor der Völklinger Hütte, Meinrad Maria Grewenig, hat ein Enthüllungsbuch über die Zustände im Kloster Tholey geschrieben. Wir sprachen mit ihm über seine Recherchen.
Klostermauern sind hoch und undurchdringlich, aber Sie schildern interne Vorgänge und erheben schwere Vorwürfe gegen zwei Mönche, Abt Choriol und Pater Wendelinus. Sie müssen über Insiderwissen verfügen.
GREWENIG Meine Quellen sind sicher. Juristisch kann nichts passieren. Ich kann alles belegen.
Auch die angeblich gefälschte Wahl zur Aufnahme von Pater Wendelinus ins Kloster?
GREWENIG Ja. Er selbst hat sich bei mehreren Menschen darüber beklagt, dass seine Mitbrüder ihn abgelehnt haben. Er hat Briefe geschrieben. Ich bin katholisch, ich weiß, was da im Schwange ist.
Was meinen Sie damit?
GREWENIG Hinter den Klostermauern herrscht Krieg, das hört man aus dem Umfeld des Klosters. Die finanzielle Situation ist schlecht. Die Butter wird dort beim Frühstück rationiert. Hätte man das Besucherzentrum professionell weiterbetrieben, hätte man 100 000 Besucher und dementsprechende Einnahmen. Das Kloster ist ein kul
turgeschichtlich großartiger Ort, er gehört in den Zusammenhang mit der Trierer Liebfrauenkirche, beim Dom, und der Metzer Kathedrale. Wer weiß das? Man muss es den Menschen vermitteln. Es bringt mich auf die Palme, wenn wir im
Saarland unsere hervorragenden Orte nicht so nach vorne bringen, wie sie es verdienen. So was tut mir weh. Ich habe meine Überzeugung, und ich wünsche mir, dass man über Positionen auch kontrovers spricht.
War der Ärger des Kulturmanagement-Experten Grewenig der Auslöser für Ihr Buch oder steckt da auch Empörung dahinter, die sich durch persönliche Kontakte zur Spenderfamilie Meiser oder zum ehemaligen Geschäftsführer der Betriebs-GmbH Thorsten Klein erklären? Führen Sie stellvertretend einen Rachefeldzug? Wie sind Ihre Verbindungen zur Familie Meiser? GREWENIG Es gibt fast keine. Ich nahm Kontakt auf, um ein Kapitel über die Renovierungsmaßnahmen und die Kosten zu schreiben. Die Familie gibt so gut wie keine Auskunft, ich musste das alles sehr mühsam recherchieren. Aber ich komme auf eine Summe von 15 Millionen Euro, die als Geschenk an das Kloster gingen. Das ist etwa so viel, wie das Saarland in derselben Zeit für die Sanierung der Völklinger Hütte ausgegeben hat. Ich halte das für ein großartiges Geschenk, wie auch die Entwürfe der Fenster, die Gerhard Richter der Abtei Tholey überlassen hat. Nach meinem Verständnis erwächst daraus eine Verpflichtung und Verantwortung. Ein Ort wie Tholey ist keine Privatangelegenheit.
Sie halten die Mönche für undankbar?
GREWENIG Ja. Man kann nicht über 15 Jahre Geld annehmen und alles laufen lassen, um dann, wenn die Renovierungsarbeiten abgeschlossen sind, zu sagen: Wir wollen wieder autonom handeln. Juristisch mag das nicht anfechtbar sein, es wurden meines Wissens keine Sponsor-Verträge geschlossen, aber moralisch ist das nicht in Ordnung. Wissen Sie, meine Motivation ist nicht, dem Kloster zu schaden. Mein Ziel ist, dass sich dort etwas ändert. Das Zeitfenster geht langsam zu. Als die Wiedereröffnung der Mauritiuskirche gefeiert wurde, war das ein Ereignis von Weltrang, die New York Times und brasilianische Medien berichteten. Doch irgendwann verraucht diese Aufmerksamkeit.
Sie sagen ganz unverhohlen: Die Veränderung zum Besseren geht
„Hinter den Klostermauern herrscht Krieg, das hört man aus dem Umfeld des Klosters. Die finanzielle Situation ist schlecht.“Meinrad Maria Grewenig
nur ohne den Abt und Pater Wendelinus.
GREWENIG Ja, sie müssen an diesen Stellen im Kloster weg. Die Kirche muss handeln. Dass das geht, sieht man am Beispiel des Stifts Neuburg bei Heidelberg. Es gab schwere wirtschaftliche Fehler, der Abt wurde abgelöst. Das Stift gehört zur Beuroner Kongregation wie Tholey.