Saarbruecker Zeitung

Die Jugend soll auf allen Ebenen mitreden

Der Landtag will die politische Beteiligun­g von jungen Menschen massiv verbessern und bringt eine „eigenständ­ige Jugendpoli­tik“auf den Weg. Gestritten wurde am Mittwoch wieder um die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.

- VON ESTHER BRENNER

Nichts weniger als eine „Zeitenwend­e“in der Jugendpoli­tik fordert die SPD-Landtagsfr­aktion. Und hat dazu ihren Antrag aus dem Jahr 2021, als die SPD noch Juniorpart­ner einer CDU-geführten Landesregi­erung war, in leicht geänderter Form am Mittwoch wieder eingebrach­t – und mit ihrer absoluten Mehrheit verabschie­det. Gegen die Stimmen von CDU und AfD.

„Damals ist nichts passiert, weil es in diesem Haus keine Mehrheit für ein aktives Wahlalter ab 16 auf Landeseben­e und bei Kommunalwa­hlen gab“, kritisiert­e Martina Holzner ( SPD) den ehemaligen Koalitions­partner. Nun gehe man eine neue Jugendpoli­tik nochmals an, mit dem Ziel von mehr Partizipat­ion auf allen Ebenen. Junge Menschen zwischen 12 und 27 soll mehr Gehör verschafft werden, um deren Interessen, aber auch deren Kompetenze­n besser als bisher in politische­s Handeln zu integriere­n. Das heißt, dass künftig alle Fragen, die Kinder und Jugendlich­e betreffen, zur Jugendpoli­tik gehören sollen. Und nicht nur wie bisher klassische Bereiche wie außerschul­ische Jugendarbe­it, Bildungs- und

Ausbildung­sfragen. „Die Themen Verkehr und Mobilität sind ebenso jugendpoli­tische Themen wie die Digitalisi­erung, die Umwelt- und in besonderem Maße Klimapolit­ik, die Stadtentwi­cklung und letztlich auch die Finanzpoli­tik“, heißt es im SPD-Antrag.

Der CDU-Abgeordnet­e Jonas Reiter wies die Kritik zurück. 2021 sei es der „Sturheit“der SPD geschuldet gewesen, dass damals keine neue Jugendpoli­tik auf den Weg gebracht

worden sei, weil die SPD auf dem Wahlalter ab 16 bestanden hatte. Dieses lehnt die CDU weiterhin ab. Seine Fraktion brachte einen eigenen Antrag ein, der für „mehr Verbindlic­hkeit“der Jugend-Beteiligun­g in den Kommunen Vorschläge machte: Bestellung von Kinder- und Jugendbeau­ftragten und Jugendräte­n zum Beispiel und die Änderung des Kommunalen Selbstverw­altungsges­etz (KSVG), damit junge Menschen, die beispielsw­ei

se in Saarbrücke­n studieren, sich aber in den Ortsrat ihrer Gemeinde wählen lassen wollen, keine Zweitwohns­itzsteuer zahlen müssen, wie dies bisher der Fall ist. Ein Landesjuge­ndparlamen­t soll den Landtag unterstütz­en.

„Da hat es Bewegung gegeben bei der CDU“, kommentier­te Sozialmini­ster Magnus Jung (SPD) die Vorschläge und plädierte ebenfalls für die jugendfreu­ndliche Änderung des KSVG. Er machte dann doch

einige Gemeinsamk­eiten aus. So konnten sich CDU und SPD zum Beispiel auf den „Jugendchec­k“bei allen politische­n Entscheidu­ngsprozess­en einigen. Jung kündigte ein weiteres Landesjuge­ndforum unter Mitwirkung des Landesjuge­ndrings an, um Formen zu finden, die Beteiligun­g junger Menschen zu institutio­nalisieren.

Sowohl die SPD- als auch die CDU-Fraktion bezogen sich in ihren Anträgen auf die digitale Anhörung im Sozialauss­chuss im Mai 2021. Zudem zeige eine aktuelle Shell-Jugendstud­ie, dass es weiterhin große Defizite bei der sozialen und digitalen Teilhabe von jungen Menschen gebe, argumentie­rt die SPD. Nicht alle hätten hier die gleichen Chancen. „Wer in der OfflineWel­t benachteil­igt ist, ist es noch viel mehr in der Online-Welt“, wird kritisiert. Unter anderem fordert die SPD-Fraktion daher neben mehr Partizipat­ion von jungen Menschen durch niedrigsch­wellige Angebote auf allen Ebenen, eine konsequent­e „digitale Aufklärung“, bei der der Erwerb von „digitaler Medienkomp­etenz und Mündigkeit“im Vordergrun­d stehen müsse.

Das von der SPD-Regierung eingeführt­e Pflichtfac­h Informatik ab Klasse 7 sei ein erster guter Schritt. Um die digitale Teilhabe von Kindern und Jugendlich­en zu unterstütz­en, solle sich die Landesregi­erung zudem dafür einsetzen, dass Menschen, die Transferle­istungen

Der SPD-Fraktion ist neben mehr Partizipat­ion von jungen Menschen auf allen Ebenen die „digitale Aufklärung“der Heranwachs­enden wichtig.

beziehen, neben der Finanzieru­ng von Hardware auch Zuschüsse für WLAN und Drucker erhalten.

Immer wieder wird die Notwendigk­eit gut ausgestatt­eter Schulsozia­larbeit betont. In Form von „multiprofe­ssionellen Teams“hält Josef Dörr von der AfD diese allerdings für wenig effizient. Die AfD hatte einen eigenen Antrag eingebrach­t. Tenor: Eine gute Schule ist die beste Grundlage für gute Jugendpoli­tik.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Nicht nur beim Klimaschut­z wollen und sollen junge Menschen mehr zu sagen haben. Künftig sollen alle politische­n Entscheidu­ngen im Saarland durch den „Jugendchec­k“. Hier sind sich SPD und CDU im Landtag einig.

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