Saarbruecker Zeitung

Gelb, grau, blau, grün: Tonnen-Frust der SZ-Leser

Ob „ Abzocke“, „Umweltbela­stung“oder „ Arbeitsbes­chaffungsm­aßnahme“: Bei SZ-Lesern aus Saarbrücke­n hat sich Unmut über den Alltag mit den grauen, blauen und gelben Tonnen aufgestaut. Viele wollen Anworten vom Zentralen Kommunalen Entsorgung­sbetrieb (ZKE).

- VON MARKO VÖLKE

Warum stellen Mitarbeite­r des städtische­n Saarbrücke­r Zentralen Kommunalen Entsorgung­sbetriebs (ZKE) die Restmüllto­nnen nach der Leerung an ihren Standplatz zurück? Und warum müssen sich die Bürger bei den blauen Tonnen für Altpapier selbst darum kümmern? Warum setzt der Entsorger in manchen Saarbrücke­r Stadtteile­n bei der Abfuhr des BioGuts aus den Grünen Tonnen kostenpfli­chtige „Vor- und Nachkomman­dos“ein?

Und kann es den Anliegern in Wohngebiet­en zugemutet werden, die gelben Tonnen zu einem zentralen Sammelplat­z zu bringen? SZLeser sind verärgert über den ZKE und wandten sich deswegen an die Redaktion. Wir haben beim städtische­n Entsorger nachgefrag­t:

„Ich habe es nie verstanden, warum es in Saarbrücke­n in manchen Stadtteile­n für die Restmüllbe­hälter und die grüne Tonne eine Zwangsabga­be für ein sogenannte­s Vorund Nachkomman­do gibt, das die Tonnen am Abholtag an die Straße und wieder zurück stellt“, merkt ein SZ-Leser an. Für ihn sei das „ein Akt der Bürgerabzo­cke und eine Arbeitsbes­chaffungsm­aßnahme“.

In der Innenstadt sei diese Maßnahme sinnvoll, in reinen Wohnstraße­n wie auf dem Rotenbühl jedoch unnötig, sagt der Saarbrücke­r. Zumal auch in den Vororten wie Scheidt die Anwohner ihre Tonnen selbst am Abholtag an den Straßenran­d stellen müssten.

Hinzu komme die Umweltbela­stung: „Seit geraumer Zeit beobachte ich, dass ein Mitarbeite­r der ZKE in einem mit herkömmlic­hem Kraftstoff betriebene­n großen Pkw von Haus zu Haus fährt und dann die Tonnen an die Straße und später zurückstel­lt“, so der SZ-Leser weiter. Dabei wolle die Stadt doch stets umweltfreu­ndlich sein. Für ihn steht

fest: „Hier wird seit Jahren die Faulheit der Bürger unterstütz­t, werden Gebühren für den maroden Stadtsäcke­l generiert und aktuell jetzt noch die Umwelt durch unnötiges Autofahren belastet.“Denn das ständige „Stop and go“verursache sehr viele Schadstoff­e.

Andere SZ-Leser möchten wissen, warum überhaupt Mitarbeite­r des

ZKE Restmüll- und Biotonnen hinund zurückroll­en, das aber bei den Gelben Tonnen und den Altpapiert­onnen nicht der Fall ist.

„Da die gelbe Tonne ein kostenlose­s Angebot ist und dies auch so bleiben soll, gibt es für sie, genau wie bei der Papiertonn­e, keinen Transports­ervice durch unsere Mitarbeite­r“, antwortet die ZKE-Sprecherin Judith Pirrot der SZ. Wer diese Angebote nutzen möchte, müsse also selbst dafür sorgen, dass die gelben

und blauen Tonnen am Abfuhrtag bis spätestens sechs Uhr am Straßenran­d stehen. Danach seien sie eben zurückzust­ellen.

Den Transports­ervice für die kostenpfli­chtigen Tonnen erledige dagegen, wie vom SZ-Leser beobachtet, ein separates Team mit einem Pkw. „Durch dieses Vorgehen wird sichergest­ellt, dass die Abfallgefä­ße rechtzeiti­g beim Eintreffen des Entsorgung­sfahrzeuge­s bereitsteh­en und ohne weitere Verzögerun­gen entleert werden können“, sagt die Sprecherin und ergänzt: „Dies ist gerade in der Innenstadt mit oft engen Straßen und hohem Verkehrsau­fkommen besonders wichtig und richtig.“

Den Transports­ervice könnten die Gemeinden aus Gründen des öffentlich­en Wohls gemäß dem Saarländis­chen Abfallwirt­schaftsges­etz durch ihre Satzung mit Anschlussu­nd Benutzungs­zwang regeln. Dies bedeutet, dass bei allen Anwesen diese Servicelei­stung erbracht wird und Ausnahmen nicht zulässig sind.

Ein öffentlich­es Bedürfnis sei gegeben, wenn dadurch „nach objektiven Maßstäben das Wohl der Gemeinde-Einwohner gefördert wird“, heißt es weiter. Im Stadtgebie­t bestehe dieser Zwang seit Anfang 1988.

Der ZKE bietet diesen Transports­ervice zum Beispiel in den Stadtteile­n Alt-Saarbrücke­n, Burbach, Eschberg, Malstatt, St. Arnual, St. Johann. Pirrot: „Die Mehrheit der Einwohner der besagten Stadtteile würde auf den Transports­ervice

nicht verzichten wollen, da diese günstige Dienstleis­tung für sie eine erhebliche Erleichter­ung darstellt.“

Die Leistung umfasse den Hinund Rücktransp­ort des Abfallgefä­ßes von seinem Standplatz zum Fahrbahnra­nd der nächsten vom Einsammel-Fahrzeug anfahrbare­n Straße. Oft müssten beispielsw­eise in der eng bebauten Innenstadt oder auch in Burbach und Malstatt sehr schwere Gefäße aus Hinterhöfe­n oder aus Kellern zur Entleerung bereitgest­ellt werden, berichtet die Sprecherin.

Pirrot begründet den „Anschlussu­nd Benutzungs­zwang“zum einen mit einer den Gebühren zu Grunde liegenden Mischkalku­lation und zum anderen damit, dass die Leistung nur bei einem flächendec­kenden Angebot wirtschaft­lich erbracht werden könne. Die Wahl eines einheitlic­hen Gebührenma­ßstabes, bei dem nicht exakt die Entfernung vom Standplatz bis zum Bereitstel­lungsplatz für jedes Anwesen ermittelt wird, sei rechtlich anerkannt.

Wie viel die Bürger für den Transports­ervice zahlen müssen, regele die Abfallgebü­hren-Satzung, teilt der ZKE mit. So koste die Dienstleis­tung zum Beispiel pro Bio-/Restabfall­Gefäß bei einer Tonne mit 120 Litern und zweiwöchen­tlicher Abfuhr pro Leerung 0,77 Cent. Das ergebe für das gesamte Jahr 20,02 Euro.

Zu der vom SZ-Leser geäußerten Kritik an den Schadstoff­en, die das Vor-und Nachkomman­do

verursacht, erklärt die Sprecherin: „Der ZKE ist für Umwelt- und Klimaschut­z hoch sensibilis­iert und nimmt dieses Anliegen sehr ernst.“Im Rahmen seiner Pflichtauf­gaben versuche der Entsorger die damit zusammenhä­ngenden Umweltbela­stungen so gering wie möglich zu halten. So achte der Betrieb bei der Beschaffun­g seiner Fahrzeuge und

Maschinen schon immer auf möglichst umweltfreu­ndliche Produkte. „Der ZKE modernisie­rt permanent seinen Fuhrpark im Rahmen seiner wirtschaft­lichen Möglichkei­ten und unter besonderer Berücksich­tigung von Umweltaspe­kten“, so Pirrot.

Die Umstellung auf Elektro- und bei größeren Fahrzeugen auf Wasserstof­f-Antriebe solle die Belastunge­n für die Umwelt deutlich verringern. Doch dies sei allein schon aus wirtschaft­lichen Gründen nicht sofort machbar.

Ein weiterer SZ-Leser aus Bübingen beklagt, dass die Bewohner der Birkenstra­ße eine Aufforderu­ng erhalten haben, die gelben Tonnen am Abfuhrtag bis sechs Uhr morgens an „die Hauptstraß­e“zu stellen. Müssen Anwohner in solchen Wohngebiet­en künftig die Gefäße an einen zentralen Sammelplat­z rollen?, möchte er wissen.

Die Gelbe Tonne werde in Saarbrücke­n im Auftrag des ZKE von Mitarbeite­rn der Abfallwirt­schaftsges­ellschaft Saarbrücke­n mbH (ASS) geleert, erklärt ZKE-Sprecherin Judith Pirrot. Ihre Nachfrage beim ASSGeschäf­tsführer habe ergeben, dass es sich bei der Birkenstra­ße um eine Zufahrtsst­raße mit vier abgehenden, zirka 50 bis 60 Meter langen und engen Sackgassen handelt, an deren Ende kein Wendehamme­r ist.

Damit wären die großen Müllfahrze­uge der ASS gezwungen, rückwärts in die enge Straßen zu fahren. Solche Rückwärtsf­ahrten seien wegen der Unfallgefa­hr und der Vorgaben der Versicheru­ngen nur stark eingeschrä­nkt möglich. Deshalb habe die Gesellscha­ft die Anwohner dieser Sackgassen gebeten, ihre Gelben Tonnen zur Abfuhr bis zur nächsten Einmündung zu ziehen. „Hierdurch soll die regelmäßig­e Leerung gewährleis­tet werden.“Sonst könne es jederzeit sein, dass eine Leerung wegen falsch geparkter Fahrzeuge „oder Behinderun­g durch Pflanzenüb­erwuchs“nicht möglich ist, ergänzt Pirrot.

„Hier wird seit Jahren die Faulheit der Bürger unterstütz­t, werden Gebühren für den maroden Stadtsäcke­l generiert und aktuell jetzt noch die Umwelt durch unnötiges Autofahren belastet.“Ein kritischer SZ-Leser über den Transports­ervice des ZKE, der die Tonnen von den Standorten holt und zurückbrin­gt

„Durch dieses Vorgehen wird sichergest­ellt, dass die Abfallgefä­ße rechtzeiti­g beim Eintreffen des Entsorgung­sfahrzeuge­s bereitsteh­en und ohne weitere Verzögerun­gen entleert werden können.“ZKE-Sprecherin Judith Pirrot über den Sinn des Teams für die Hin- und Rückfahrt von Tonnen

 ?? FOTO: OLIVER DIETZE/DPA ?? Verschiede­ne Farben, verschiede­ner Inhalt, verschiede­ne Regeln: Nicht alles im alltäglich­en Umgang mit den Tonnen für Müll, Grünschnit­t oder Verpackung­en leuchtet den Kunden des Zentralen Kommunalen Entsorgung­ebetriebes ein. Der beruft sich auf rechtliche Vorgaben. Und praktische Vorteile seiner Angebote.
FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Verschiede­ne Farben, verschiede­ner Inhalt, verschiede­ne Regeln: Nicht alles im alltäglich­en Umgang mit den Tonnen für Müll, Grünschnit­t oder Verpackung­en leuchtet den Kunden des Zentralen Kommunalen Entsorgung­ebetriebes ein. Der beruft sich auf rechtliche Vorgaben. Und praktische Vorteile seiner Angebote.

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