Ihr Turm trägt Zifferblätter, aber keine Uhr
Die Beedener Kirchengeschichte ist lang, St. Remigius aber wurde erst 1955 eingeweiht. 300 Jahre beteten die Gläubigen in Nachbarorten.
Obwohl der Homburger Stadtteil Beeden die älteste katholische Kirchengemeinde beherbergt, wurde St. Remigius erst 1953 erbaut. Über viele Jahrhunderte stand kein katholisches Gotteshaus in dem knapp 3000 Einwohner zählenden Ort. Wie mehrere Quellen behaupten, soll es schon vor dem Jahr 750 eine Kirche in Beeden gegeben haben. Von dieser ist nichts mehr erhalten, allerdings von einem Nachfolger: Von der im 30-jährigen Krieg zerstörten Remigiuskirche steht heute noch der Turm aus dem 14. Jahrhundert. Er gilt als das älteste Bauwerk der Stadt Homburg.
300 Jahre lang mussten die Katholiken zum Gottesdienst in Nachbarorte pilgern: nach Limbach, Homburg oder Schwarzenbach. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Beeden und Schwarzenbach von der Stadtkirche St. Michael abgetrennt und Limbach übertragen. 1948 wurde zunächst eine Notkirche errichtet, deren alte Glocke heute in St. Remigius aufbewahrt wird. Dann wurde im Oktober 1953 der Grundstein für das heutige katholische Gotteshaus gelegt. Mit ein Auslöser dafür war das Gelöbnis des Architekten Herbert Lück, kostenlose Pläne zu erstellen, falls er den Krieg unbeschadet überleben sollte. Lück war auch derjenige, der in Homburg die futuristische Kirche St. Fronleichnam gestaltete. St. Remigius wirkt daneben eher konventionell: Es ist eine einfache Hallenkirche mit seitlich angebautem Turm. Am 6. November 1955 wurde sie durch den damaligen Speyrer Bischof Isidor Markus Emanuel eingeweiht.
Direkt von Anfang an glänzte das Gotteshaus mit seinem Prunkstück: Es ist das elf Meter breite und sechs Meter hohe Glasfenster, das György Lehoczky geschaffen hat. Der ungarische Künstler flüchtete nach dem Krieg nach Saarbrücken, wo er 1979 starb. Im Saarland hat er an vielen Stellen seine Spuren hinterlassen. Vielleicht am bekanntesten sind seine Altarfenster in der Saarbrücker Stiftskirche. In Beeden komponierte er in das monumentale Fenster die gesamte Heilsgeschichte und setzte auch noch die Taufe des ersten Frankenkönigs Chlodwig durch den Bischof Remigius von Reims hinein. Dieses Ereignis war insofern von Bedeutung, als dass es die Christianisierung Westeuropas einleitete. Lehoczky durfte das Fenster gestalten, nachdem er bei einem Wettbewerb mit 17 Teilnehmern den ersten Preis gewonnen hatte. Durch das Kunstwerk dringt das meiste von jenem Licht, das den Innenraum der Kirche erhellt. Der Altarraum mit dem großen Jesuskreuz wiederum wird durch gelbe Glasfenster beleuchtet, die ihn sehr warm wirken lassen.
1958 kamen drei Glocken aus der Gießerei Alfred Paccard in Annecy in den Turm. Benannt wurden sie mit „Die göttliche Vorsehung“, „St. Remigius“und „St. Johannes Baptist“. Einst habe es in der Kirche auch eine hohe Kanzel gegeben, berichtet der ehemalige und langjährige Seelsorger von Beeden, Pater Siegfried Schäfers. Die habe sein Vorgänger, Pfarrer Johannes Bechem, gerne verwendet, um „moralische Predigten“abzuhalten, wobei er auf das Holz der Kanzel geklopft habe. Schäfers schaffte die Kanzel gleich bei Amtsantritt ab: „Ich war damit aufgewachsen, dass man nicht mehr oben in der Kanzel steht.“In Schäfers’ Amtszeit fällt auch die Erweiterung der Sakristei: „Die alte war zu klein, als dass sich alle Messdiener darin umziehen konnten.“
1986 kam die Holzstatue des Heiligen Remigius in die Kirche, die rechts vom Altar steht. Sie wurde von Emil Mrowetz aus Überherrn geschnitzt.
Auf der Seite des Eingangs steht eine einmanualige Orgel von der Firma Josef Weimbs Orgelbau. Sie war ursprünglich für eine Kirche in Mülheim-Kärlich als Interimslösung gebaut worden. 1999 gelangte das Instrument dann nach Beeden, da es einer Mayer-Orgel Platz machen musste. Auffällig ist an St. Remigius, dass der Turm vorgelagerte Zifferblätter aufweist – aber keine Uhr. „Obwohl die Beeder viel Geld für die Kirche aufgebracht haben, war für eine Uhr nie welches da“, sagt Pater Schäfers dazu erklärend.
Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücker Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor.
Produktion dieser Seite: Michaela Heinze
Barbara Scherer