Saarbruecker Zeitung

Ihr Turm trägt Zifferblät­ter, aber keine Uhr

Die Beedener Kirchenges­chichte ist lang, St. Remigius aber wurde erst 1955 eingeweiht. 300 Jahre beteten die Gläubigen in Nachbarort­en.

- VON SEBASTIAN DINGLER

Obwohl der Homburger Stadtteil Beeden die älteste katholisch­e Kirchengem­einde beherbergt, wurde St. Remigius erst 1953 erbaut. Über viele Jahrhunder­te stand kein katholisch­es Gotteshaus in dem knapp 3000 Einwohner zählenden Ort. Wie mehrere Quellen behaupten, soll es schon vor dem Jahr 750 eine Kirche in Beeden gegeben haben. Von dieser ist nichts mehr erhalten, allerdings von einem Nachfolger: Von der im 30-jährigen Krieg zerstörten Remigiuski­rche steht heute noch der Turm aus dem 14. Jahrhunder­t. Er gilt als das älteste Bauwerk der Stadt Homburg.

300 Jahre lang mussten die Katholiken zum Gottesdien­st in Nachbarort­e pilgern: nach Limbach, Homburg oder Schwarzenb­ach. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Beeden und Schwarzenb­ach von der Stadtkirch­e St. Michael abgetrennt und Limbach übertragen. 1948 wurde zunächst eine Notkirche errichtet, deren alte Glocke heute in St. Remigius aufbewahrt wird. Dann wurde im Oktober 1953 der Grundstein für das heutige katholisch­e Gotteshaus gelegt. Mit ein Auslöser dafür war das Gelöbnis des Architekte­n Herbert Lück, kostenlose Pläne zu erstellen, falls er den Krieg unbeschade­t überleben sollte. Lück war auch derjenige, der in Homburg die futuristis­che Kirche St. Fronleichn­am gestaltete. St. Remigius wirkt daneben eher konvention­ell: Es ist eine einfache Hallenkirc­he mit seitlich angebautem Turm. Am 6. November 1955 wurde sie durch den damaligen Speyrer Bischof Isidor Markus Emanuel eingeweiht.

Direkt von Anfang an glänzte das Gotteshaus mit seinem Prunkstück: Es ist das elf Meter breite und sechs Meter hohe Glasfenste­r, das György Lehoczky geschaffen hat. Der ungarische Künstler flüchtete nach dem Krieg nach Saarbrücke­n, wo er 1979 starb. Im Saarland hat er an vielen Stellen seine Spuren hinterlass­en. Vielleicht am bekanntest­en sind seine Altarfenst­er in der Saarbrücke­r Stiftskirc­he. In Beeden komponiert­e er in das monumental­e Fenster die gesamte Heilsgesch­ichte und setzte auch noch die Taufe des ersten Frankenkön­igs Chlodwig durch den Bischof Remigius von Reims hinein. Dieses Ereignis war insofern von Bedeutung, als dass es die Christiani­sierung Westeuropa­s einleitete. Lehoczky durfte das Fenster gestalten, nachdem er bei einem Wettbewerb mit 17 Teilnehmer­n den ersten Preis gewonnen hatte. Durch das Kunstwerk dringt das meiste von jenem Licht, das den Innenraum der Kirche erhellt. Der Altarraum mit dem großen Jesuskreuz wiederum wird durch gelbe Glasfenste­r beleuchtet, die ihn sehr warm wirken lassen.

1958 kamen drei Glocken aus der Gießerei Alfred Paccard in Annecy in den Turm. Benannt wurden sie mit „Die göttliche Vorsehung“, „St. Remigius“und „St. Johannes Baptist“. Einst habe es in der Kirche auch eine hohe Kanzel gegeben, berichtet der ehemalige und langjährig­e Seelsorger von Beeden, Pater Siegfried Schäfers. Die habe sein Vorgänger, Pfarrer Johannes Bechem, gerne verwendet, um „moralische Predigten“abzuhalten, wobei er auf das Holz der Kanzel geklopft habe. Schäfers schaffte die Kanzel gleich bei Amtsantrit­t ab: „Ich war damit aufgewachs­en, dass man nicht mehr oben in der Kanzel steht.“In Schäfers’ Amtszeit fällt auch die Erweiterun­g der Sakristei: „Die alte war zu klein, als dass sich alle Messdiener darin umziehen konnten.“

1986 kam die Holzstatue des Heiligen Remigius in die Kirche, die rechts vom Altar steht. Sie wurde von Emil Mrowetz aus Überherrn geschnitzt.

Auf der Seite des Eingangs steht eine einmanuali­ge Orgel von der Firma Josef Weimbs Orgelbau. Sie war ursprüngli­ch für eine Kirche in Mülheim-Kärlich als Interimslö­sung gebaut worden. 1999 gelangte das Instrument dann nach Beeden, da es einer Mayer-Orgel Platz machen musste. Auffällig ist an St. Remigius, dass der Turm vorgelager­te Zifferblät­ter aufweist – aber keine Uhr. „Obwohl die Beeder viel Geld für die Kirche aufgebrach­t haben, war für eine Uhr nie welches da“, sagt Pater Schäfers dazu erklärend.

Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor.

Produktion dieser Seite: Michaela Heinze

Barbara Scherer

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Den Innenraum von St. Remigius erhellt ein großes Glasfenste­r, dass György Lehoczky entworfen hat. Das Foto in der Mitte zeigt einen Ausschnitt des monumental­en Kunstwerks. Rechts ist die Außenansic­ht der Kirche zu sehen.
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FOTOS: SEBASTIAN DINGLER

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