Ermittlung von Starkregen- und Erosionsgefahren im Saarland
Forschungsgruppe Wasser der htw saar erstellt digitale Karten für das Saarland
Die jüngsten Hochwasserereignisse im Juli 2021 an der Ahr oder Erft und ihre Folgen sind noch frisch in Erinnerung, und der Wiederaufbau wird noch viele Jahre beanspruchen. Ebenso unvergessen sind die Starkregenereignisse u. a. in Kleinblittersdorf 2018 sowie in Eppelborn 2016 und 2018. Kann man sich denn gegen solche Ereignisse wappnen – und wenn ja, wie? Das Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz des Saarlandes (MUKMAV) hat nun eine entsprechende Forschungsarbeit in Auftrag gegeben, um die wesentlichen Grundlagen hierfür zu ermitteln. Daneben fördert das Ministerium ein weiteres Forschungsvorhaben der Gemeinde Eppelborn zur Thematik Bodenerosion durch Starkregen.
Die Forschungsgruppe Wasser an der Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen der htw saar hat unter der Leitung von Professor Dr.-Ing. Alpaslan Yörük zunächst die Ermittlung einer saarlandweiten
Starkregengefahrenkarte in Angriff genommen. Diese Ergebnisse dienen als Grundlage, um die Erosion auf landwirtschaftlichen Flächen zu berechnen.
Was Starkregen so gefährlich macht, ist, dass eine große Menge an Wasser in sehr kurzer Zeit zu Boden fällt. Beim Regen erfasst man die Menge an Wasser in einer gewissen Dauer (Zeit) pro Fläche in einer gewissen Häufigkeit. Ein Starkregen, der statistisch betrachtet alle 100 Jahre einmal auftritt, bedeutet eine Niederschlagssumme von ca. 50 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde bzw. einen Wasserfilm auf der Landschaft mit einer Höhe von 5 cm. Ob dieser dünne Wasserfilm von ca. 5 cm nun zu einer Katastrophe führt, hängt von vielen weiteren Faktoren ab: Ist das Gebiet stark bebaut, ist der Boden flächig versiegelt, gibt es Gefälle und wie stark ist dies, um welchen Boden handelt es sich, etc. All diese Faktoren hat die Forschungsgruppe Wasser in einem komplexen Computermodell zusammengefasst und für das gesamte Saarland einen digitalen Zwilling erstellt. Darin definiert das Team beliebige Starkniederschlä
ge und berechnet den Abfluss des Wassers auf der Erdoberfläche, die Wassertiefen, Fließgeschwindigkeiten und somit auch die sich ergebenden Gefahren.
Planvoll der Erosion Einhalt gebieten
Parallel dazu befasst sich die Forschungsgruppe auch mit der Bodenerosion insbesondere auf landwirtschaftlichen Flächen, die oft eine Folge von Starkregen ist. Da es für die Berechnung der Bodenerosion durch Starkregen noch keine physikalischen Grundlagen gibt, werden diese in der Doktorarbeit von Rebecca Hinsberger in Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes erforscht. Dazu werden relevante Erosionsereignisse im gesamten Saarland dokumentiert. Dies geschieht unter anderem durch Einsatz einer Vermessungsdrohne, mit der die abgetragenen Bodenmengen erfasst werden. Außerdem werden Bodenproben untersucht. Die Erkenntnisse fließen dann in eine Software ein, die für die Berechnung der Bodenerosion und die Erstellung von Bodenerosionskarten für das
Saarland neu entwickelt wird. Aufgrund des hohen Forschungsbedarfs werden diese Karten im Jahr 2027 erwartet.
Diese Grundlagenforschung ist nicht nur für die Landschaftsplanung wichtig, sie gibt auch wertvolle Hinweise für die Landwirtschaft. Ein Beispiel: Ein Acker, auf dem Mais angebaut wird, ist aufgrund der Abstände der Pflanzen, solange der Mais noch nicht hochsteht, bei Starkregen der Erosion stark ausgesetzt. Durch Bepflanzen der Zwischenräume mit einer Untersaat lässt sich die Gefahr minimieren. Das Auswaschen von Ackerböden muss auch deshalb verhindert werden, weil nährstoffreicher Grund verloren geht und gleichzeitig die Gewässer mit eben diesen Nährstoffen belastet. Diese beschleunigen das Algenwachstum, reduzieren so Sauerstoff und stellen daher eine Gefahr für den Fischbestand dar.
Gefahren von Starkregen vorhersagen
Ein weiterer Aspekt, mit dem sich die Doktorarbeit von Volker Mißler beschäftigt, ist die Erarbeitung eines Starkregenvorhersagesystems. Dieses soll eine Kombination aus aktuellen Messdaten wie Niederschlags- und Pegeldaten und einem in Echtzeit arbeitenden Simulationsmodell sein, das im Falle von Starkregen die Entwicklung von Sturzfluten und Hochwasser vorhersagen kann. Damit könnten kurzfristig Warnungen an Bürger und die Hilfsdienste wie Feuerwehren herausgegeben werden. Eine Vorwarnung z. B. durch Sirenen vor extremen Ereignissen wie im Juli 2021 hätten vermutlich Leben retten können.
Die Forschungsgruppe Wasser der htw saar leistet im Bereich der Starkregenvorsorge einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung und der öffentlichen Infrastruktur. Mit diesem Thema werden sich die Menschen im Saarland auch in Zukunft aufgrund des fortschreitenden Klimawandels und immer häufiger auftretender Starkregenereignisse auseinandersetzen müssen.