Transformationsforschung im grenzüberschreitenden Kontext: Grenzraumvisionen
Alexandra Schartner, geb. Tishchenko, ist eine von aktuell 40 Promovierenden an der htw saar. sichtbar sprach mit der Nachwuchswissenschaftlerin über Grenzraumforschung, Herausforderungen im Alltag und persönliche Zukunftspläne.
Leitthema Ihrer Promotion, Frau Schartner, ist die Transformation in der Großregion, Ihr Fokus liegt auf dem deutschfranzösischen Grenzraum. Hier untersuchen Sie besondere Orte und Projekte. Welchen Fragen gehen Sie nach?
Meine Forschungsstelle wurde im Rahmen der Kooperationsplattform „Europa“zwischen der Universität des Saarlandes und der htw saar thematisch im Bereich „Transformation in der Großregion“verortet. Das ist ein sehr breitgefasstes Forschungsfeld, ebenso wie die Großregion selbst eine große Spielwiese zur Transformation bietet. Daher wurden direkt zu Beginn meiner Promotion sowohl ein thematischer als auch ein räumlicher Schwerpunkt ausdefiniert. Ich betrachte den Grenzraum zwischen Lothringen und Saarland, schaue mir die gemeinsame Identität und Transformationsansätze an und untersuche, wie sich dies an bestimmten Grenzlokalitäten manifestiert und verorten lässt.
Es ist spannend zu sehen, inwieweit Entwicklungsansätze manche Grenzorte verändern und welche Visionen es vor Ort gibt. In mehreren Fallstudien, die exemplarisch die unterschiedlichen Grenzorte der Region abbilden, spreche ich sowohl mit Bürgerinnen und Bürgern beidseits der National
grenze wie auch mit Expertinnen und Experten verschiedenster Fachrichtungen, auch auf europäischer Ebene. Die Menschen sind sehr interessiert und erzählen vieles aus ihrem Alltag und ihrem Beruf. Ich sammle diese Grenzgeschichten und kreiere ein gemeinsames Narrativ der Grenzregion.
Sie haben einen Master in Architektur, haben in Stadtplanungs- und Architekturbüros gearbeitet und sind dann zurück in das wissenschaftliche Umfeld. Was war der Grund?
Mein Wechsel zur Forschung fand schon vor meiner Promotion statt. Als Projektkoordinatorin im Prä IBA GR Werkstattlabor an der htw saar kann ich interdisziplinär arbeiten und die Themen der Architektur, Geografie, Ökonomie und Soziologie miteinander verknüpfen, ebendas gefällt mir so gut.
Die Promotionsstelle bietet mir nun die Chance, intensiv in die Grenzraumforschung einzusteigen und meine eigenen Fragen noch genauer zu untersuchen. Die Erfahrung bei der Prä IBA war ausschlaggebend für die Definition meines Forschungsansatzes. Dass ich parallel zur Forschung noch weiterhin im „IBA Lab“tätig bin, gewährt mir praxisnahe Einblicke und bringt viele neue Ideen.
Sie haben drei Betreuende von zwei unterschiedlichen Hochschulen. Ein echter Vorteil oder zuweilen anstrengend?
Seitens der Universität des Saarlandes werde ich von Prof. Dr. Hans-Peter Dörrenbächer unterstützt, was vor allem die theoretischen Ansätze und die Empirie stärkt. Gleichzeitig stehen mir von der htw saar Prof. Dr. Ulrike Fischer und Prof. Stefan Ochs zur Seite und bringen vor allem die praxisorientierte Perspektive mit rein.
Die breitaufgestellte Forschungsbetreuung ist also ein echter Gewinn.
Wenn man jedoch als Architekturabsolventin einer Fachhochschule in Geografie bzw. Europawissenschaften promovieren möchte, gilt es, allen Disziplinen gerecht zu werden. So musste ich in meinem ersten Promotionsjahr einige Kurse an der UdS besuchen, die für meine Forschung notwendig sind. Promotionsstudium ist in meinem Fall also wörtlich zu nehmen. Ich durfte einige Seminare und Kurse aus unterschiedlichen Studiengängen besuchen und mir sozusagen ein eigenes Weiterstudium aufbauen.
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag von Ihnen aus?
Aktuell teile ich meine Zeit auf. Zum einen bin ich Projektkoordinatorin im Prä IBA GR Werkstattlabor an der htw saar. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt bei der Entwicklung und Etablierung einer grenzüberschreitenden Internationalen Bauausstellung (IBA) in unserer Region. Und gleichzeitig bin ich wissenschaftliche Mitarbeiterin an der UdS, arbeite an meinem Promotionsvorhaben und beteilige mich auch an der Lehre. In diesem Sommersemester erforsche ich gemeinsam mit Studierenden des Studiengangs „Geografien Europas“solche Themen wie grenzüberschreitende Orte, Raumwahrnehmung und Identität. Das Jonglieren der beiden Aufgaben ist herausfordernd. Auch wenn sich die Themen und die fachliche Ausrichtung zwischen Projektkoordination und Forschung oft überschneiden und sich gut ergänzen, ist Zeitmanagement der wichtigste und komplizierteste Faktor.
Gibt es einen vorgegebenen Zeitrahmen für Ihre Promotion? Was kommt danach?
Aktuell befinde ich mich im ersten Drittel meiner Promotion und habe noch circa zwei Jahre Zeit. Ich hoffe, dann meine Ergebnisse einem interessierten Publikum präsentieren zu können. Anschließend wird mein weiterer Weg sicherlich von dem Ergebnis der Forschung beeinflusst werden. Gerade kann ich mir vorstellen, weiterhin in der Forschung und Lehre tätig zu sein, ebenso würde mich ein praxisnaher Aufgabenbereich sehr reizen.