Baustatik und Baudynamik machen kritische Gebäude sicher
Die Auswirkungen der Eigenfrequenz kennen und ausschließen
(FB) – Was passiert, wenn ein äußerer Einfluss Gebäude in ihrer Eigenfrequenz zum Schwingen anregt, war auf dramatische Weise beim schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien im Februar zu sehen. Umso wichtiger ist es, vor allem bei Gebäuden mit Aufenthalt von vielen Personen sowie Bauwerken der kritischen Infrastruktur die Eigenfrequenz zu kennen, um Beschädigungen oder gar Einstürze durch äußere Einflüsse auszuschließen. Dafür ist das Fachgebiet Baudynamik und Baustatik zuständig, das Prof. Christian Lang innerhalb der Bachelor- und Masterstudiengänge Bauingenieurwesen mit Vertiefungsrichtung Konstruktiver Ingenieurbau betreut. „Hier spielen Mathematik, Physik und Chemie zusammen eine große Rolle. Das macht das Fach auch so spannend. Erst recht, wenn wir uns das vor Ort anschauen.“
In Exkursionen und Praktika geht er mit seinen Studierenden an relevante Baustellen, um sich die Problematiken vor Ort anzuschauen. Im Rahmen von vorlesungsbegleitenden Praktika zur Baudynamik ist z. B. die Schwingungsmessung an einem Glockenturm oder einer Fußgängerbrücke von Interesse, aber auch der allgemeine Besuch von Großbaustellen wie Stuttgart 21.
Die Eigenfrequenz, in der ein Bauwerk schwingt, hängt von Höhe bzw. Länge, dem Querschnitt und den verwendeten Materialien ab. Das schmale Holzbrett, das Prof. Christian Lang am Versuchstisch zum Schwingen bringt, hat eine Eigenfrequenz von 11 Schwingungen pro Sekunde. Wird das Brett vom befestigten Unwuchtmotor in dieser Frequenz angeregt, schlägt es am weitesten aus – und kann sogar brechen. Die Freundschaftsbrücke bei Kleinblittersdorf hat eine Eigenfrequenz von 2 Schwingungen pro Sekunde und liegt damit genau im Bereich der Anregungsfrequenz beim Gehen. Fußgänger können dies deutlich spüren, wenn sie über die Brücke gehen.
Die baudynamischen Werte zu kennen, ist übrigens auch beim Gegenteil wichtig:
Wenn man nämlich ein großes Tragwerk wie Ende letzten Jahres die Kühltürme des Kernkraftwerks Philippsburg durch Sprengung kontrolliert zum Einsturz (Rückbau) bringen will, muss man wissen, wie man die entstehenden Kräfte so lenken kann, dass das Bauwerk in die gewünschte Richtung zusammenfällt und keine umliegenden Bauwerke durch Fortpflanzung von Erschütterungen im Baugrund dadurch beschädigt werden (künstliches Erdbeben).
„Das Tolle ist, dass wir bei jedem neuen Bauwerk dazulernen. Das macht es auch für die Studierenden besonders interessant. Bauingenieure müssen sich spezialisieren, sich eine Nische suchen, um ihre Berufung zu finden.“Eine Studentin von Professor Lang hat diese in der Bau-Akustik bei der bauakustischen Planung von Konzertsälen gefunden. Es sieht fast so aus, als begegneten wir den Bauingenieuren in nahezu allen Lebensbereichen. Wenn das kein Anreiz für Abiturienten ist, die ein Studienfach suchen.