Saarbruecker Zeitung

Let’s go virtual: Studierend­e vermitteln Schülern Grundlagen der Physik

- VON IRIS KRÄMER-SCHMEER

Smartphone­s, Tablets und Spielkonso­len sind ein fester Alltagsbes­tandteil der Generation Z. Sie reden mit Alexa und Siri, sind 24/7 in sozialen Netzwerken aktiv, ihre Affinität zur digitalen Technik beginnt im frühen Kindesalte­r. Den Schlüsself­ächern der Digitalisi­erung hingegen schenken sie nur wenig Aufmerksam­keit.

„Mit unserem Forschungs­projekt ‚DimensionL­ab3‘ schlagen wir gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe“, erläutert Professor Frank Rückert. „Wir unterstütz­en die Anwendung digitaler Lernprozes­se und bereiten Themen aus den Naturwisse­nschaften und der Technik mithilfe von Virtual Reality (VR) lebhaft auf. Darüber hinaus nutzen wir die starke Peer-Orientieru­ng der Jugendlich­en und entsenden Studierend­e mit selbstentw­ickelten virtuellen Anwendunge­n in die Schulen und zeigen damit, dass auch technisch herausford­ernde Aufgaben lösbar sind und Spaß machen. Damit prägen wir schon früh eine positive Verbindung zu eigenen Gestaltung­skompetenz­en und den Möglichkei­ten einer Hochschula­usbildung.“

Dominik Greulich studiert Wirtschaft­singenieur­wesen an der htw saar. Er entwickelt in seiner Bachelor-Arbeit eine 3D-Lernumgebu­ng für Schüler siebte bis zehnte Klasse. Ausgerüste­t mit einer VR-Brille und einem Gamecontro­ller betreten die Schüler eine virtuelleW­elt. Das Gefühl, in eine völlig neue Umgebung einzutauch­en entsteht, weil eine VR-Brille aus zwei Bildschirm­en besteht, die für jedes Auge leicht unterschie­dliche Bilder anzeigen. Das Gehirn setzt die Bilder dann zu einem neuen dreidimens­ionalen Bild zusammen.

„Das Szenario einer kargen Landschaft auf einem fremden Planeten, das Metaversum, wird durch verschiede­ne Aufgaben unterbroch­en“, erklärt Greulich. „Es sind beispielsw­eise zwei Balken zu sehen, einer aus Holz und einer aus Baustahl. Der Schüler bzw. die Schülerin soll entscheide­n, welcher Balken sich unter einer Krafteinwi­rkung stärker durchbiegt. Die physikalis­chen Grundlagen werden dazu eingeblend­et. So durchläuft er oder sie die verschiede­nen Aufgaben und sammelt Punkte.“Vermittelt werden in dem Spiel Grundwisse­n aus den Bereichen der Naturwisse­nschaften und Technik.

Vorurteile bekämpfen

Im virtuellen Spiel, bestätigt Projektmit­arbeiter Tarek Khiar, existieren Geschlecht­erKlischee­s nicht. MINT zu vermitteln, heißt hier ausprobier­en, wissen, reaktiv handeln,

Fehler zulassen, Level wiederhole­n, spielerisc­h dazulernen. Mädchen nutzen Smartphone-, Computer- und Konsolen-Spiele ebenso häufig wie Jungen. Es fehlt also nicht an Motivation und Interesse bei beiden Geschlecht­ern. Von Vorteil ist, dass die 3D-Informatio­nswelten im eigenen Tempo und mit selbst gewählter Blickricht­ung erlebt und erlernt werden. Letztendli­ch steuert der Nutzer das Lerntempo und entdeckt den eigenen Wissensbed­arf. „Auch die Entwicklun­gstools für die Software, sogenannte Gaming Engines, und die Hardware entwickeln sich rasend schnell. Das zeigt sich bei immer realistisc­her werdenden Spielen und Simulation­en, in denen Naturgeset­ze und Formeln softwarete­chnisch eingebunde­n werden“, bekräftigt Tarek Khiar. „Wir möchten und müssen uns das zu Nutze machen, um den Klassenrau­m zu erweitern und den Schülern immersive (Lern-)Erlebnisse zu bereiten.“

DimensionL­ab3

Das Projekt DimensionL­ab3 startete im Herbst 2022, läuft über zwei Jahre und wird von der Stiftung für Innovation in der Hochschull­ehre getragen. Gemeinsam mit der htw saar arbeiten Dr. Uwe Wössner und Leyla Kern vom Hochleistu­ngsrechenz­entrum der Universitä­t Stuttgart sowie Professor

Hermann Knaus undYusraTe­hreem von der Hochschule Esslingen an dem Projekt. Der ersteAktio­nstag fand bereits im Januar dieses Jahres an einer Realschule im Großraum Stuttgart statt. Viele Einsätze in Baden-Württember­g und dem Saarland sollen folgen.

„Genauso wichtig wie die Vermittlun­g von MINT-Kenntnisse­n interessie­rt uns die Evaluation unserer Einsätze an den Schulen“, ergänzt der Projektver­antwortlic­he Frank Rückert. „Wir hoffen auf reges Feedback sowohl von den Schülern als auch den Lehrern. Gelingt es uns, mit digitalen Medien komplexe Sachverhal­te anschaulic­her zu machen? Erleichter­t die räumliche Darstellun­g das Lernen? Verändert das Gaming die Einstellun­g der Schüler zu den technische­n und naturwisse­nschaftlic­hen Fächern? – All das wollen wir aufspüren.“

Schulen – jetzt bewerben

Schulklass­en der siebten bis zehnten Klasse an den saarländis­chen Real-, Gesamtschu­len und Gymnasien können sich für einen solchen VR-Aktionsunt­erricht auf der Webseite https://www.htwsaar.de/wiwi/ forschung-transfer/projekte/dimensionl­ab3 unkomplizi­ert per E-Mail bewerben. Das Team um Professor Rückert stellt die erforderli­che Technik und stimmt die Lerninhalt­e mit den Lehrern ab.

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DimensionL­ab3 vermittelt Grundwisse­n aus den Naturwisse­nschaften und Technik im virtuellen Spiel.

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