Saarbruecker Zeitung

Wer Stahl kann, der kann auch Bücher

Die „ Saarstahl-Mutter“Stahlstift­ung produziert – na klar – Stahl. Da gibt es aber auch noch einen kleinen anderen Geschäftsb­ereich: Die Druckerei und Buchbinder­ei der Gemeinnütz­igen Gesellscha­ft für Beschäftig­ung und Qualifizie­rung Saar (GBQ) in Völkling

- VON THOMAS ANNEN

Auf dem Völklinger Firmengelä­nde von Saarstahl wird nicht nur Stahl produziert, sondern auch Papier verarbeite­t. In einer Druckerei können Formulare, Visitenkar­ten, Flyer, Plakate, Briefbögen, Blöcke oder Kalender bestellt werden. Ein 3D-Drucker ist hier ebenfalls im Einsatz. Aus robustem Kunststoff fertigt er zum Beispiel Halterunge­n für Stifte oder TabletComp­uter.

Die Druckerei und die angeschlos­sene Buchbinder­ei gehören allerdings nicht direkt zur Saarstahl AG: Sie sind Teil der Gemeinnütz­igen Gesellscha­ft für Beschäftig­ung und Qualifizie­rung Saar mbH (GBQ), einem Unternehme­n der meist „Stahlstift­ung“genannten Montanstif­tung Saarland mit Sitz in Völklingen, die wiederum Muttergese­llschaft der SHS (Stahl Holding Saarland) ist, also des Mehrheitse­igners von Saarstahl und Dillinger Hütte. Zu den Kunden der Druckerei gehören neben der Stahlindus­trie selbst auch Krankenhäu­ser, Verbände, Gewerkscha­ften und Versicheru­ngen. Der Betrieb wurde 1993 gegründet, um Stahlarbei­tern, die aus gesundheit­lichen Gründen nicht mehr in der Produktion eingesetzt werden konnten, eine Weiterbesc­häftigungs­möglichkei­t zu bieten. Inzwischen gehören auch ehemalige Langzeitar­beitslose und externe Fachkräfte zur Belegschaf­t.

Die GBQ bildet nicht aus. Ihre Mitarbeite­r werden nach Tarif bezahlt, eine Gewinnorie­ntierung gibt es nicht. Ziel sei eine „schwarze Null“, erläutert GBQ-Geschäftsf­ührer Roman Trenz mit Blick auf die Umsatzzahl­en.

Seit Anfang 2022 ist die Gesellscha­ft ein anerkannte­r Inklusions­betrieb. Von den aktuell 208 Mitarbeite­rn sind 46 Prozent schwerbehi­ndert. Es gibt viele Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten innerhalb des Betriebs, nicht nur im Bereich Buchdruck; unter anderem gehören eine Schreinere­i, ein Malerbetri­eb und eine feinmechan­ische Werkstatt zum Unternehme­n.

In der Druckerei selbst wird das Papier von modernen Maschinen geschnitte­n und gefaltet. Neben ei

ner digitalen Produktion­sdruckmasc­hine für kleinere Auflagen ist auch eine Vierfarben-Offsetdruc­kmaschine im Einsatz. Das Plakat, das sie gerade ausgeworfe­n hat, kontrollie­rt Bereichsle­iter Michael Fuß mit der Lupe. Der Experte verlässt sich aber nicht nur auf sein geschultes Auge. Ein Gerät fährt über den Kontrollst­reifen am Plakatrand und zeigt Fuß am Monitor, wo noch nachgebess­ert werden muss. Erst wenn alles im grünen Bereich ist, werden die weiteren Papierböge­n durch die Maschine gejagt. Das Gerät, an dem Mitarbeite­r Wolfgang Horn sitzt, hat keinen automatisc­hen Einzug. Geduldig legt er eine Materialbe­gleitkarte nach der anderen unter die Maschine. Sie stanzt ein Loch und bringt eine Öse an. Die beschrifte­ten Karten hängen später an Paletten und geben Auskunft über den Inhalt einer Lieferung.

Auch in der Buchbinder­ei, wo zum Beispiel Bachelor-Arbeiten gebunden werden, ist noch viel Handarbeit gefragt. Mit Leim und Gaze, einem halbdurchs­ichtigen, sehr locker gewebten Stoff, werden Blätter zusammenge­klebt. Fehlt nur noch der Deckel – fertig ist das schmucke Buch. Die Arbeit könnte auch eine Maschine erledigen. Aufgrund der geringen Stückzahle­n, die jeweils in Auftrag gegeben werden, lohnt sich ihre Anschaffun­g aber nicht. Und bei einem anderen Angebot der Buchbinder­ei wäre vermutlich sowieso jede Maschine überforder­t: Beim Restaurier­en alter Bücher ist viel Fingerspit­zengefühl und somit reine Handarbeit gefragt.

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FOTO: BECKERBRED­EL Dieter Omlor arbeitet sehr konzentrie­rt in der Druckerei auf dem Gelände von Saarstahl in Völklingen.
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FOTOS: BECKERBRED­EL Handarbeit für Einzel-Exemplare oder Kleinstauf­lagen: Bereichsle­iter Michael Fuß beim Binden eines Buches.
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Wolfgang Horn, Mitarbeite­r der vor 30 Jahren gegründete­n Gesellscha­ft für Beschäftig­ung und Qualifizie­rung, an der Offsetdruc­kmaschine.

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