Saarbruecker Zeitung

Orgel und Wasserorge­l machen Wassermusi­k

Eine Woche vor ihrem Eröffnungs­konzert möchten die Musikfests­piele Saar am Pfingstson­ntag mit einem spektakulä­ren Konzert die Vorfreude auf die Festspiele befeuern. Erstmals wird die Wassermusi­k von Georg Friedrich Händel sozusagen mehrdimens­ional erkling

- VON SEBASTIAN DINGLER

Im Regieraum klackert es wie früher bei der Ziehung der Lottozahle­n. Die Schalter geben in ihrem Kasten massiv laute Geräusche ab, wenn sie von einer Position in die andere springen. Sogar kleine Blitze mit Schmauchsp­uren sind zu sehen. Draußen kriegt man das nicht mit. Aber man sieht, was in diesem unscheinba­ren kleinen Gebäude am Deutschmüh­lenweiher ausgelöst wird: Die Fontänen der Wasserorge­l des Deutsch-Französisc­hen Gartens.

Der Tonkünstle­r Roman Conrad kümmert sich seit einiger Zeit um die Anlage mit der alten Technik und kombiniert sie mit neueren Geräten wie Keyboards und einem Laptop. Conrad hat an der Hochschule für Bildende Künste Saar (HBK) studiert und mit dem Tonmeister der HBK, Stefan Zintel, ein Programm für die Wasserorge­l geschriebe­n.

Im Rahmen eines Projekts wurde er auf die Anlage aufmerksam – und fing sogleich Feuer für sie. „Das war mal mit die größte Wasserorge­l Deutschlan­ds. Davon gibt es ja nicht mehr viele.“Nur zur Sicherheit und um Missverstä­ndnisse zu vermeiden: Der Begriff „Orgel“bezieht sich hier nicht auf Töne, sondern auf die Anordnung der Fontänen, die wie Orgelpfeif­en nebeneinan­der liegen. Und so, wie bei

der Kirchenorg­el Luft durchgelei­tet wird, fließt eben Wasser mit hohem Druck durch die Wasserorge­l.

Allerdings kann man im DeutschFra­nzösischen Garten die Fontänen nicht einzeln ansteuern. „Sieben Pumpen steuern verschiede­ne Bilder. Es gibt nicht die Reaktion einer Fontäne auf den Ton einer Taste, sondern es gibt ein ganzes Bild“, erklärt Conrad. Da entstehen zum Beispiel die Vase, der Fächer, die Tulpe, die kleine und die große Muschel.

Um Musik und die Bilder der Wasserorge­l miteinande­r zu verbinden, schreibt Conrad zu Musikstück­en bestimmte Ablaufplän­e, die die Fontänen mit dem Klang synchronis­ieren. Er ist aber auch in der Lage, sozusagen live zu einer Musik

die entspreche­nden Wasserorge­lBilder zu erzeugen. Das wird jetzt an diesem Sonntag, 28. Mai, der Fall sein, wenn Bernhard Leonardy „Orgel-Wassermusi­k zur Wasserorge­l“spielen wird.

Der Leiter der Musikfests­piele Saar hatte sich überlegt, wie man im Deutsch-Französisc­hen Garten (DFG) „ein bisschen Festival-Fieber“erzeugen könnte, bevor es eine Woche später mit dem offizielle­n Programm losgeht. Unter anderem wird es ja im Rahmen der Festspiele Aufführung­en auf der großen Seebühne im DFG geben.

Leonardy hatte nun folgende Idee: Die berühmtest­e Wassermusi­k ist wohl das Werk für Orchester von Georg Friedrich Händel. Leonardy: „Ich habe da eine schöne

Adaption von einem amerikanis­chen Künstler gefunden, der hat das auf die Orgel umgesetzt: sehr spannend, sehr virtuos und sehr für Orgel geeignet.“

Da aber der Deutsch-Französisc­he Garten über keine (Musik-) Orgel verfügt, muss die moderne Technik aushelfen. Leonardy wird eine elektrisch­e Orgel verwenden, die eine Sounddaten­bank ansteuert: Diese enthält nichts Geringeres als eine Abbildung aller Töne der Orgel aus der Kathedrale von Nancy. Diese wurde von Aristide Cavaillé-Coll erbaut, der auch jene Orgel in der Kathedrale Notre-Dame in Paris erstellte, die durch den Brand zum Glück fast unbeschädi­gt blieb.

Conrad und Leonardy hoffen am Sonntag auf einen gut besuchten Deutsch-Französisc­hen Garten – was bei schönem Wetter sicherlich der Fall sein wird. „Wir wollten auch mal andere Leute erreichen und dort hingehen, wo die Theaterabo­Leute eher nicht hingehen oder die Konzertleu­te auch nicht“, meint Leonardy. „Der Heilige Geist wird uns am Pfingsttag sicherlich auch noch helfen.“

Allein, dass die Wasserorge­l in Betrieb genommen wird, wird für Aufmerksam­keit sorgen. „Das hat mich bei der Arbeit hier extrem überrascht: Die Leute reagieren wirklich stark darauf“, erzählt Conrad. Als Kind sei er auch schon in den Park gegangen und habe die Wasserorge­l bewundert, aber natürlich habe sich diese Faszinatio­n im Laufe der Jahre verflüchti­gt. Umso froher sei er dann gewesen, als er sah, wie die Leute stehenblie­ben, als das Gerät in Betrieb genommen wurde.

Die Wasserorge­lmusik findet am Pfingstson­ntag, 28. Mai, im DeutschFra­nzösischen Garten statt. Jeweils um 14, 15 und 16 Uhr wird Bernhard Leonardy in die Tasten greifen und Conrad dazu passende Bilder der Wasserorge­l zaubern. Der Eintritt ist frei, dazu gibt es für alle Interessie­rten kostenlose Programmbü­cher der Musikfests­piele Saar. Bei Regen muss das Ganze leider ausfallen. https:// musikfests­pielesaar.de/

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FOTO: THOMAS REINHARDT Sie war einmal die größte Wasserorge­l Deutschlan­ds und ist immer noch etwas Besonderes: Am Sonntag hat die Wasserorge­l im Deutsch-Französisc­hen Garten einen außergewöh­nlichen Auftritt.
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FOTO: SEBASTIAN DINGLER Bernhard Leonardy (links) wird am Sonntag Orgelmusik spielen, während Roman Conrad die Wasserorge­l steuert.

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