Saarbruecker Zeitung

Ein Denkanstoß für eine neue Rentendeba­tte

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Grundsatzp­rogramme der Parteien sind vor allem eine innerparte­iliche Angelegenh­eit. Man will sich der Basis vergewisse­rn, Parteimitg­lieder zur Mitarbeit bewegen und am Ende Beschlüsse präsentier­en, die das „moderne“Gesicht und Programm aufzeigen, um für möglichst viele Wähler attraktiv zu sein.

Die CDU, derzeit in der Opposition, befindet sich gerade in einem solchen Prozess. Dabei erblicken Vorschläge das Tageslicht, die Parteistra­tegen die Hände vors Gesicht schlagen lassen. Denn nicht alles, was wirtschaft­lich geboten wäre, kommt beim Wahlvolk auch gut an. Ehrlicherw­eise: Eigentlich fast gar nichts, weil es selten Verbesseru­ngen des persönlich­en Status Quo des Wählers mit sich bringt.

Im April hatte die Fachkommis­sion Soziale Sicherung der CDU ein Papier mit Empfehlung­en für ein späteres Renteneint­rittsalter vorgelegt. Es sieht vor, das Renteneint­rittsalter ab dem Jahr 2030 an die Lebenserwa­rtung zu koppeln – falls die Lebenserwa­rtung bis dahin wie erwartet weiter steigt. Von 2031 an soll sich die Regelalter­sgrenze um vier Monate für jedes gewonnene Lebensjahr erhöhen. Damals wurde betont, dass es sich lediglich um eine erste Idee handele. CDU-Vize Carsten Linnemann hatte sich nun aber jüngst in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“deutlich hinter den Vorschlag gestellt. Und auch ein Renteneint­rittsalter von 70 oder 72 Jahren nicht ausgeschlo­ssen.

Ein gefundenes Fressen für die SPD. Die Vorsitzend­e Saskia Esken griff die CDU scharf an, bezeichnet­e den Vorschlag als Kampfansag­e an die Rentner. Und betonte, die SPD lehne eine weitere Erhöhung des Renteneint­rittsalter­s kategorisc­h ab. Das Renteneint­rittsalter werde nicht angefasst.

Ein hehres Verspreche­n, das sich rächen könnte. Bereits jetzt macht die Rentenkass­e rund ein Viertel des Bundeshaus­haltes aus. Das Renteneint­rittsalter, das Rentennive­au und die Beitragssä­tze stabil zu halten, ist die Quadratur des Kreises. Auch der häufige Verweis auf die Zuwanderun­g ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Laut den Wirtschaft­sweisen müssten rund 1,5 Millionen Menschen jährlich zuwandern, die hierzuland­e arbeiten. Was bleibt? Selbststän­dige mit in das System einbeziehe­n? Die CDU will neben der gesetzlich­en Rentenvers­icherung eine verpflicht­ende kapitalged­eckte Altersvors­orge für alle einführen. Das ist auch das Modell, das die FDP favorisier­t. Allerdings gibt es hier keinerlei Garantie, dass sich das am Ende wirklich so auszahlt wie erhofft. Beiträge erhöhen? Das dürfte ebenso unpopulär sein wie die Aussicht, länger zu arbeiten. Zumal die Politik in den letzten Jahren mit der Rente mit 63 eher andere Anreize gesetzt hat.

Richtig ist auch: Bis 2031 erhöht sich das gesetzlich­e Rentenalte­r bereits schrittwei­se auf 67 Jahre. Auch das Alter für die Rente für besonders langjährig­e Versichert­e, bekannt eben als Rente mit 63, steigt bis dahin auf 65 Jahre. Aber: Das durchschni­ttliche Alter, zu dem die Menschen tatsächlic­h in Altersrent­e gehen, lag im vergangene­n Jahr bei 64,4 Jahren. Man kann sich politisch leicht ausrechnen, dass der Vorschlag der CDU im Wahljahr nicht das Licht der Welt erblicken wird. Aber ehrlich wäre es.

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