Bundestag beschließt die Pflegereform
Millionen Familien macht es zu schaffen, dass die Pflege teurer wird. Entlastungen und höhere Beiträge sollen Abhilfe schaffen.
BERLIN (dpa) Angesichts einer immer größeren Kostenwelle für die Pflege sollen Entlastungen für Pflegebedürftige kommen – aber auch höhere Beiträge außer für Familien mit mehreren jüngeren Kindern. Der Bundestag beschloss am Freitag ein Gesetz von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), das die Pflegeversicherung vorerst bis 2025 finanziell absichern soll. Der Pflegebeitrag soll dafür zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte erhöht werden und für Menschen ohne Kinder noch etwas stärker. Von Anfang 2024 an sollen Pflegebedürftige zu Hause und im Heim mehr Geld bekommen. Die Opposition lehnte die Reform ab.
In namentlicher Abstimmung votierten 377 Abgeordnete für das Gesetz, 275 dagegen und zwei enthielten sich. Lauterbach verteidigte das Vorhaben, auch wenn es „kein perfektes Gesetz“sei. „Für Angehörige, die den größten Teil der Pflege leisten, haben wir noch einmal eine deutliche Verbesserung hinbekommen“, hob er hervor. „Die Erhöhung der Beitragssätze muss uns die verbesserte Pflege wert sein.“Der Minister wandte sich gegen Vorwürfe, die Pflege werde kaputtgespart. Die Ausgaben seien von 35 Milliarden Euro 2017 auf 60 Milliarden Euro gewachsen. Die Reform soll nun zusätzlich 6,6 Milliarden Euro pro Jahr mobilisieren. Von der Opposition kam Kritik. Was die Koalition vorlege, sei „ein dürftiges Auf-Sicht-Fahren“, sagte die CDU-Abgeordnete Diana Stöcker. Es sei gut, dass nun doch ein Budget komme, um pflegenden Angehörigen Auszeiten zu ermöglichen. Doch sie müssten darauf zwei Jahre warten. Thomas Dietz (AfD) sprach von einer „Notoperation“. Leistungsanhebungen stünden in keinem Verhältnis zur Inflation. Ates Gürpinar (Linke) warf der Regierung vor: „Sie belasten, Sie entlasten nicht.“Die Koalitionsfraktionen hoben Entlastungen für Pflegende zu Hause hervor. Die Reform sieht vor, dass das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent steigen stoll, genauso wie die Beträge für Sachleistungen. Pflegegeld soll Pflegebedürftige unterstützen, die nicht in Einrichtungen leben. Sie können es frei nutzen, etwa für Betreuung. Je nach Pflegegrad sind es zwischen 316 und 901 Euro im Monat.
Die Anfang 2022 eingeführte Entlastungszuschläge für Bewohnerinnen und Bewohner sollen zum 1. Januar 2024 erhöht werden. Den Eigenanteil für die reine Pflege soll das im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher 5 Prozent drücken, im zweiten Jahr um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent. Der Pflegebeitrag liegt aktuell bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, für Menschen ohne Kinder bei 3,4 Prozent. Zum 1. Juli soll er erhöht werden, und zwar in Kombination mit Änderungen wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts.
Zudem soll der Pflegebeitrag für größere Familien für die Dauer der Erziehungsphase bis zum 25. Geburtstag des jeweiligen Kindes deutlicher gesenkt werden – und zwar schrittweise je Kind. Ab zwei Kindern müsste damit weniger gezahlt werden als heute. Kommen soll nun doch auch ein Budget mit Entlastungen für die Pflege zu Hause. Es soll Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege bündeln – also, dass die Pflege gesichert ist, wenn Angehörige es nicht machen können. Für Eltern pflegebedürftiger Kinder bis zum Alter von 25 Jahren mit Pflegegrad 4 oder 5 soll das Budget ab 1. Januar 2024 mit 3386 Euro zur Verfügung stehen und bis Juli 2025 dann auch auf bis zu 3539 Euro anwachsen.Vorgesehen sind auch zwei Stufen, um alle Geld- und Sachleistungen weiter zu erhöhen. Zum 1. Januar 2025 soll nun ein Plus von 4,5 Prozent statt zunächst gedachter 5 Prozent kommen – im Gegenzug zum noch aufgenommenen Budget.
„Die Erhöhung der Beitragssätze muss uns die verbesserte Pflege wert sein.“Karl Lauterbach (SPD) Bundesgesundheitsminister