Saarbruecker Zeitung

Das Ende des Bundeswehr­einsatzes in Mali naht

Westliche Streitkräf­te sind von der Militärjun­ta nicht mehr erwünscht. Der Bundestag hat das Mandat letztmals verlängert – Abzug ist im Mai 2024.

- VON HOLGER MÖHLE

BERLIN Die Union will schneller raus als die Regierung. Aber raus wollen alle – aus dem Mali-Einsatz der Bundeswehr. Lieber früher als später. Im Plenum des Bundestage­s sind sich nahezu alle in dieser Mittagsstu­nde darüber einig: Exit, letzte Ausfahrt Mali. Spätestens bis zum 31. Mai 2024 sollen die letzten deutschen Soldaten aus dem afrikanisc­hen Krisenstaa­t abgezogen sein. Ginge es nach den Vorstellun­gen von CDU und CSU im Bundestag, könnte die deutsche Flagge in Mali schon bis 31. Dezember dieses Jahres eingerollt werden. Doch Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius hat den Unions-Leuten schon erklärt, dass im Fall der 1100 deutschen Soldatinne­n und Soldaten nun mal „keine Familie mit Möbelwagen“umziehe, sondern ein gesamtes Kontingent mit schwerem Gerät, das außer Landes gebracht werden müsse. Deswegen: „Jeder Abzug braucht einen geordneten Rahmen“, so Pistorius.

An diesem Freitag macht der Bundestag Nägel mit Köpfen. Er verlängert mit Mehrheit das Mandat für den Mali-Einsatz – zum letzten Mal.

Gegen die Stimmen der Union, die einen früheren Abzug will und dies auch mit der Sicherheit deutscher Soldaten begründet. In spätestens zwölf Monaten soll – nach dann elf Jahren in Mali – diese aktuell gefährlich­ste Bundeswehr-Mission Geschichte sein.

Die Militärjun­ta in Bamako, die vor zwei Jahren durch einen Putsch erneut an die Macht gekommen war, hatte zuletzt immer wieder der Bundeswehr Überflugre­chte für ihre Aufklärung­sdrohnen verweigert und die Bedingunge­n für den Einsatz ausländisc­her Truppen verschlech­tert. Am Donnerstag demonstrie­rten in der malischen Hauptstadt Bamako mehrere tausend Menschen und forderten den Abzug der UN-Truppen, deren Teil das deutsche Kontingent ist. Die EU hatte ihre Mission in Mali bereits vor einem Jahr faktisch beendet – eine Reaktion auf die Entscheidu­ng der Regierung in Bamako, russische Wagner-Söldner ins Land zu lassen, die dort für Ordnung und Stabilität sorgen sollten. Den Wagner-Söldnern werden inzwischen schwerste Verbrechen an der malischen Zivilbevöl­kerung zur Last gelegt.

Die Bundesregi­erung ist derweil dabei, ihr Engagement in der SahelZone in andere Staaten zu verlagern, die verlässlic­her als Mali erscheinen. Besonders im Nachbarlan­d Niger will Deutschlan­d im Rahmen einer neuen EU-Partnersch­aftsmissio­n helfen, nigrische Streitkräf­te im Kampf gegen islamistis­che Terroriste­n und organisier­te Banden zu trainieren. Für diesen neuen Einsatz hatte der Bundestag Ende April grünes Licht gegeben.

In der neuen Sahel-Strategie der Bundesregi­erung betonen die Minister Pistorius, Annalena Baerbock (Außen) und Svenja Schulze (Entwicklun­g), dass Deutschlan­d „kurzfristi­g“verhindern wolle, „dass sich die Krisen ausbreiten und potenziell ganz Westafrika destabilis­ieren“.

CDU-Außenpolit­iker Jürgen Hardt kritisiert­e am Freitag in der Debatte des Bundestage­s die Bundesregi­erung: „Dieses Abzugsmand­at ist ein Hinhaltema­ndat.“FDP-Verteidigu­ngspolitik­er Marcus Faber wendet sich prompt an die Unionsfrak­tion: „Ihre Ablehnung des Abzugsmand­ates finde ich beschämend.“Es sei unter Militärexp­erten bekannt, dass ein geordneter Abzug mindestens acht bis zehn Monate dauert. LinkeFrakt­ionsvize Ali Al-Dailami kritisiert die versteckte „Verlängeru­ng“, weil Soldaten in der Region, etwa in Niger, blieben. SPD-Verteidigu­ngspolitik­er Johannes Arlt trägt an diesem Tag im Bundestag sein beiges Bundeswehr­T-Shirt unter dem Sakko, das er „mit einigen Kilo weniger“einst selbst in seinen drei Mali-Einsätzen getragen habe. 18 300 Frauen und Männer der Bundeswehr seien in Mali gewesen, in elf Jahren des Einsatzes immer noch „keine Generation Mali“, aber doch eine große Zahl. Er erinnert an die nach seinen Worten über 300 toten Soldaten aller Nationen dieser UN-Mission, auch an Verwundete an Leib und Seele.

Nun hat die Bundeswehr Auftrag und Mandat für ihre letzte Mali-Etappe. „Geordnet und nicht überstürzt“werde die Bundeswehr abziehen, sagt SPD-Mann Karamba Diaby. Im kommenden Frühjahr soll in Mali tatsächlic­h gewählt werden. Die Bundeswehr werde die Wahl noch begleiten. Doch die Militärjun­ta in Bamako hat schon mehrfach Wahlen angekündig­t – und dann doch wieder verschoben.

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