Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte
Algen-Bio-Reaktoren, smarte Bienenstöcke oder die weltweit einzigen maßgefertigten Fahrradsättel aus dem 3-D-Drucker: Eindrücke von der Transfermesse „knowhow@htwsaar“der Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft.
SAARBRÜCKEN 30 Monate hat die Entwicklung gedauert, Rückschläge inklusive. „Der Teufel steckt immer im Detail.“Aufgeben kam nicht infrage. Die halbe Familie war eingespannt, die Investorsuche kein Zuckerschlecken. Jetzt aber ist Clemens Schwöbel am Ziel. Sein Kleinblittersdorfer Kleinunternehmen „3DCyclelab“stellt nach eigenen Angaben die weltweit einzig maßgefertigten Fahrradsättel her.
Schwöbel, der in Aachen und London Maschinenbau studierte und danach zurückkam, um seine Geschäftsidee umzusetzen, entstammt einer fahrradaffinen Familie. Sein Vater hat einen Radladen und ist wie der Sohn passionierter Radsportler. Die auf Anatomie und Fahrstil individuell angepassten Sättel haben sie also selbst ausgiebig getestet. Inzwischen hat Clemens
Schwöbel gut 100 Kunden – bislang alle über Mundpropaganda.
Auf der Transfermesse „knowhow@htwsaar“hat der 27-Jährige am Donnerstag seine Pionierarbeit vorgestellt. 299 Euro kostet eine Maßanfertigung. Man fordert Schwöbels „Memory Sitzschaum“an, macht zuhause einen Abdruck und schickt ihn zurück. Auf Basis des Abdrucks und eines ausgefüllten Fragebogens entsteht „ein 100 Prozent abgestimmtes digitales Sattelmodell“, hergestellt im 3-D-Drucker. „Hört sich einfach an, war aber ein langer Weg“, erzählt Schwöbel. Die Software so zu programmieren, dass sie jedes Unikat erstellt, war die größte Hürde. Wenn die Firma nächste Woche aus namensrechtlichen Patentgründen noch umbenannt ist in „Fingerprint Cycling“, kann die Vermarktung richtig losgehen.
Ohne die Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) wäre manches schwerer gewesen. Nachdem er dort ein Pitching gewann, nutzte Schwöbel die über das HTW„places to xx“-Förderprogramm angebotene Gründungsberatung. Die war umso wichtiger, weil er seine Firma bereits gegründet und deshalb durch die sonstigen Förderkatalogmaschen gefallen war.
Anders als Schwöbels – neudeutsch – bereits „zur Marktreife geführte“Erfindung sind die allermeisten sonstigen Projekte dieser zehnten, von ministeriellen Grußworten und Unternehmer-Impulsvorträgen begleiteten Ausgabe von „knowhow@htwsaar“nicht so weit gediehen. Vieles, was da an den 24 Messeständen Schaufenster auf die HTW-Forschungslandschaft öffnete, dürfte eine interessante Spielerei bleiben oder als „Grundlagenforschung mit Potenzial“verbucht werden. Einige der Projekte aber, bei denen Unternehmen und Institutionen mit im Boot sind, wollen den vielbeschworenen Technologietransfer schaffen.
Etwa „Bee4htw“, ein von HTWProfessor Michael Sauer und seinen Studierenden in Kooperation mit der Hochschule Niederrhein und einer Aachener Firma entwickelter „smarter Bienenstock“, vom Bundeswirtschaftsministerium über das „Zentrale Investitionsprogramm Mittelstand ZIM“mit einer knappen halben Million Euro gefördert. Zielgruppe sind die jungen Technikaffinen unter den rund hunderttausend deutschen Hobby-Imkern, für die man ein „Assistenzsystem zur Bienenstocküberwachung“kreieren will. Sauer und seine Truppe liefern dafür das Sensorsystem. Ihr „Demonstrator“am Messestand ist alleine mit acht Temperatursensoren gespickt. Sauer macht kein Hehl daraus, welche Widrigkeiten es bis September 2024, wenn die Förderung ausläuft, zu lösen gilt. Etwa, dass Bienen Löcher und Ritzen notorisch mit Kittharz (Propolis) zukleistern – und da wohl auch nicht Sauers Sensoren verschonen dürften.
Im Grunde sei der Bienenstock für ihn und seine Projektgruppe eine Black Box, sagt der Ingenieurwissenschaftler. Sprich: Der gewonnene Forschungsertrag lasse sich auch auf die Kenngrößenerfassung von Maschinen anwenden. Langfristiges Ziel wären kostengünstige Sensoren, die den Wirkungsgrad von Maschinen über Jahre per Temperatur, Durchfluss oder elektrischer
Leistung ermitteln. Sauer sieht da viel Potenzial: „Das sind Dinge, auf die in Unternehmen bislang kaum geachtet wird.“
Ausbaufähig ist auch ein anderes Projekt, das bei „knowhow@ htwsaar“zu sehen war: Professor Timo Gehring (seit Januar neu an der HTW) stellte einen „Photobioreaktor“auf Algenbasis vor, aus dem sich unter Mithilfe einer von seinem Professorenkollegen Matthias Faust eingebrachten Mikrofiltrationsanlage schnell und kontrolliert Biomasse oder Nahrungsergänzungsmittel herstellen ließen. Das „deutsche Mindset zu Algen“sehe bislang so aus, dass man in Gartenmärkten Algenbekämpfungsmittel verkaufe, so Gehring. „Ihren Nutzen sieht man kaum“, hofft er auf einen Sinneswandel.
„Hört sich einfach an, war aber ein langer Weg.“Clemens Schwöbel über die Entwicklung seiner maßgefertigten Fahrradsättel