Kunsthaus Kopp nach 111 Jahren vor dem Aus
Wann genau Schluss sein wird, ist noch offen. Aber in der Saarbrücker City endet bald eine Ära, die kurz vor dem Ersten Weltkrieg begann. Die Besitzer sehen keine Perspektive mehr.
ST. JOHANN Rosenkränze gibt es noch im Kunsthaus Kopp. 19,50 Euro kostet einer mit kirschroten Holzperlen. 28,50 Euro der mit schwarzen Perlen. Auch ein handgeschnitzter heiliger Petrus ist noch zu haben, 60 Zentimeter groß, er sollte mal 1460 Euro kosten, nun ist er für 690 Euro im Angebot. Obendrauf gibt es weitere 20 Prozent Rabatt.
„SALE“und „20 % auf alles“steht in fetter weißer Schrift auf dem Schaufenster der Obertorstraße 8 in Saarbrücken, dazu deutlich kleiner die Einschränkung „außer Kerzen, Karten, Bücher“. Das erinnert an die Baumarktkette Praktiker, die dereinst „20 Prozent auf alles außer Tiernahrung“gewährte. Praktiker ist längst Geschichte, das Kunsthaus Kopp wird es ebenfalls bald sein – eines der traditionsreichsten Geschäfte der Landeshauptstadt steht kurz vor dem Ende. Wann sich die Tür in der Obertorstraße zwischen St. Johanner Markt und Mainzer Straße für immer schließt, steht noch nicht fest. „Es gibt noch keinen genauen Plan und keinen Termin. Aber ich will in Rente gehen“, sagt Ulrich Kopp. 1987 hat er den Laden von seinem Vater Klaus übernommen, 36 Jahre also ist er schon der Chef, jetzt mit 66 Jahren fühlt er, dass es Zeit zum Aufhören wird.
Vielleicht hält er nochmal bis Weihnachten durch, es ist die
Hauptsaison des Hauses mit seinen berühmten Krippen, Kreuzen und Kerzen, vielleicht macht er schon früher Schluss. „Wir wissen es noch nicht“, sagt Kopp, dessen Ehefrau Gabi und Schwester Monika ebenfalls im Laden arbeiten.
Fest steht nur: Das Ende ist nah. Ein Ende nach 111 Jahren! Seit 1912 steht das Kunsthaus Kopp in Saarbrücken und der Region bis weit nach Frankreich hinein für christliche Kunst, religiöse Geschenke, Devotionalien und Kirchenbedarf. Angefangen hat dereinst Kopps Großmutter Auguste, geboren 1888, mit einem Schreibwarengeschäft mit Leihbücherei und Devotionalienhandel in der Mainzer Straße. Im Ersten Weltkrieg Witwe geworden, baute sie das Geschäft weiter aus, nun gab es auch Kirchengeräte und Schnitzereien, später zudem Paramente, aufwän
„Corona hat uns durchgeschüttelt. Wir sind nur mit Sparsamkeit durch diese Zeit gekommen. Sonst wären wir schon länger nicht mehr da.“Inhaber Ulrich Kopp über harte Jahre, die hinter der Familie liegen
dig gestaltete Kirchenkleidung. Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Kunsthaus Kopp von einer Fliegerbombe zerstört.
Doch es ging immer weiter – bis jetzt. Bald ist Schluss. Seit Weihnachten läuft der Rabattverkauf. Der Laden ist schon ziemlich leer. In einer Ecke hängen noch bunte Priestergewänder, auch einige Weihnachtskrippen sind noch da, ebenso Grabkerzen, Weihrauch, Handschmeichler. Es gibt weiterhin Kreuze in allen Variationen. Aber gibt es keine Chance mehr, dass es doch noch weitergeht?
„Diese Frage bekommen wir mehrfach in der Woche gestellt“, sagt
Ulrich Kopp. Für ihn geht es nicht weiter. Die „Wirtschaftlichkeit“sei nicht mehr gegeben, „es gibt kein Wachstum mehr in unserer Branche“. Vom Zeitgeist spricht Kopp, der sich verändert habe. Wie viele Menschen hängen zuhause noch Kreuze auf oder stellen sich eine Heiligenfigur in die Wohnung?
Der Zeitgeist sieht so aus: Religion spielt in immer weniger Leben eine wichtige Rolle, die Kirchen werden leerer und leerer, auch wegen der nicht enden wollenden Nachrichten über Missbrauchsskandale. Es sind keine guten Zeiten für christliche Kunst. Ganz anders war das zum
Beispiel nach dem Krieg, als viele Kirchen wieder aufgebaut wurden und das Kunsthaus Kopp sie mit allem Möglichen ausstattete und verschönerte. Auch in den Jahrzehnten danach lief das Geschäft.
Heute hat es sich zum Teil ins Internet verlagert. „Das Internet bringt den Handel runter“, sagt Kopp. Und mit christlicher Kunst sei vorrangig in Klosterhöfen, Wallfahrtsorten und Domstädten noch gutes Geld zu verdienen. Dazu kam Corona. „Ziemlich verheerend“sei das gewesen, erklärt Kopp: „Corona hat uns durchgeschüttelt. Wir sind nur mit Sparsamkeit durch diese Zeit gekommen. Sonst wären wir schon länger nicht mehr da.“
Die „vielen treuen Stammkunden“, die wie Touristen bei Kopp einkaufen, bedauern das nahende Aus sehr, berichtet der Chef. Das Saarland sei eben doch ein christliches Land mit vielen gläubigen Menschen. Die seien froh, dass es das Kunsthaus noch gibt. „Eine Ära geht zu Ende – diesen Satz hören wir oft“, sagt Ulrich Kopp. Und den Satz, es sei schade, dass in Saarbrücken so viele Geschäfte „wegbrechen“.
Was kommt nach der Ära Kopp? Genau wie das Wann ist auch das Was noch unklar. Kopp fände es gut, „wenn sich jemand findet, der hier vielleicht weitermacht, was Schönes reinmacht“. Oder jemand auftaucht, der das Gebäude samt Grundstück kauft und etwas gänzlich Neues baut. Die Lage am Ende der neuen erweiterten Fußgängerzone bietet viele Möglichkeiten. Ein Stück Vielfalt in Saarbrücken aber geht jetzt verloren. Nach 111 Jahren! Ulrich Kopp sagt: „Es fällt mir schwer, das Geschäft aufzugeben.“
Kunsthaus Kopp, Obertorstraße 8, Öffnungszeiten: Montag, Donnerstag, Freitag 10 bis 18 Uhr, Dienstag, Mittwoch, Samstag 10 bis 14 Uhr.