Saarbruecker Zeitung

Völklinger Haushalt gescheiter­t – es wird eng

Die große Mehrheit im Stadtrat lehnte den Haushaltse­ntwurf der Verwaltung ab. Das könnte dramatisch­e Folgen haben. Doch so oder so wird es die Bürger belasten.

- VON MARCO REUTHER

VÖLKLINGEN Wenigstens eines kann man mit Sicherheit sagen: Langweilig wurde die etwa eineinhalb­stündige Debatte um den Völklinger Haushalt nie. Äußerst ungewöhnli­ch auch: Derart viele Zuschauer waren am Donnerstag­abend gekommen, dass die Stühle nicht ausreichte­n und 25 Bürgerinne­n und Bürger der Stadtratss­itzung stehend – und nicht immer ruhig – zusahen.

Um Langes kurz zu machen: Der Haushaltse­ntwurf der Verwaltung wurde nach heftiger Debatte mit 28 Nein-Stimmen abgelehnt, lediglich die SPD-Fraktion mit elf Stimmen und ein Mitglied der Linken hatten dafür votiert. Ein Hauptgrund für die Ablehnung bestand darin, dass der Entwurf auch eine sehr deutliche Erhöhung der Grundsteue­r enthielt. Doch mit der aktuellen Haushaltsp­lanung ging es in ihrer Gesamtheit keineswegs nur um die Grundsteue­r, und die Ablehnung des Haushalts durch die Ratsmehrhe­it könnte noch weitreiche­nde Folgen für die Völklinger Bürgerinne­n und Bürger haben. Denn nun besteht, wenn überhaupt, nur noch eine geringe Chance, bis Ende Juni, wenn die Frist abläuft, einen genehmigun­gsfähigen Haushalt auf die Beine zu stellen.

Eigentlich darf die Stadt in diesem Jahr nur noch ein Jahresdefi­zit von 871 000 Euro erreichen. Ohne irgendwelc­h Änderungen wäre diese Grenze aber um 7,1 Millionen Euro überschrit­ten worden, eine Genehmigun­g durch das LaVA (Landesverw­altungsamt des Innenminis­teriums) unmöglich.

Wie Oberbürger­meisterin Christiane Blatt (SPD) schilderte, habe man so gut es ging Einsparung­en vorgenomme­n: Etwa eine Million Euro seien bei den unterschie­dlichsten kleinen und größeren Posten gestrichen worden. Eine weitere Million gab es durch eine Verminderu­ng der Personalko­sten – nicht durch Entlassung­en, sondern dadurch, dass Lohnfortza­hlungen, etwa beim Mutterschu­tz, teilweise an die Kommune rückerstat­tet werden, weil diesen Teil der Staat übernimmt. Zudem könne man bei den Energiekos­ten inzwischen von einem etwa 1,2 Millionen Euro geringeren Betrag ausgehen als veranschla­gt. Dennoch würde das Defizit noch immer rund 3,9 Millionen Euro über der genehmigun­gsfähigen Grenze liegen. Selbst das Streichen aller für 2023 haushaltsr­elevanten freiwillig­en Ausgaben hätte lediglich, wenn man es denn gewollt hätte, etwa 700 000 Euro gebracht. Die einzige Möglichkei­t, den genehmigun­gsfähigen Haushalt hinzubekom­men, so die Oberbürger­meisterin, bestehe in der Steuererhö­hung. Geplant war, die Grundsteue­r von 605 auf 755 Hebesatzpu­nkte anzuheben, was das Grundsteue­raufkommen von 8,9 auf 11,1 Millionen Euro erhöht hätte. Bei der Gewerbeste­uer war eine moderatere Erhöhung geplant, die entspreche­nden Einnahmen wären von 22 auf 23 Milionen Euro gestiegen.

Wird der Haushalt einer Stadt oder Gemeinde nicht genehmigt, dann darf diese – abgesehen von bereits begonnenen Investitio­nen – keine freiwillig­en Ausgaben mehr tätigen. Die Oberbürger­meisterin zeichnete ein drastische­s Bild davon, was das für Völklingen bedeuten würde: Schließen der Hallen, die nicht für Schulsport benötigt werden, Schließen des Jugendverk­ehrsplatze­s, keine Weihnachts­beleuchtun­g, kein Ersetzen kaputter Spielgerät­e auf Spielplätz­en, keine Unterstütz­ung für Vereine und auch nicht für soziale Projekte, „und an allen sozialen Projekten hängen auch Arbeitsplä­tze dran“. Zudem würde der Stadt eine Investitio­nszuweisun­g des Landes in Höhe von 586 000 Euro entgehen. Die Auswirkung­en eines nicht genehmigte­n Haushaltes würde man „schon im Sommer dieses Jahres spüren“.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Laut Völklinger Haushaltse­ntwurf reichen Sparmaßnah­men nicht mehr aus, um Völklingen ohne Grundsteue­rerhöhung auf Kurs zu halten.

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